Der Gast des Kalifen
überzeugt. Ich fragte Wazim, ob irgendjemand an den Hof des Kalifen gekommen sei, um ein Lösegeld für mich auszuhandeln. »Nein«, erklärte er erneut. »Niemand ist gekommen.«
»Könnte vielleicht jemand gekommen sein, ohne dass du es weißt?«, hakte Jordanus nach. Auch wenn sein Verhalten taktvoll und freundlich war, so wusste ich doch, worauf er hinauswollte, und das verschaffte mir ein unangenehmes Gefühl. Hatte ich mein Urteil über die Templer vielleicht zu schnell gefällt? Womöglich hatte die lange Gefangenschaft meine Meinung über Renaud verändert.
»Ich bin ein guter Wärter«, antwortete der kleine Mann. »Es ist meine Pflicht, solche Dinge zu wissen. Wenn irgendjemand Lösegeld für einen meiner Gefangenen anbietet, dann weiß ich das auch. Aber es kam niemand in den Palast, um ein Lösegeld anzubieten.«
»Wer hat dich wegen mir angesprochen, Wazim?«, fragte ich.
»Vater Shenoute hat mich zu sich gerufen.«
»Das ist der Patriarch der Kirche von Kairo«, erklärte Padraig. »Als Renaud Probleme zu haben schien, eine Audienz beim Kalifen zu bekommen, sind Jordanus und ich zum Patriarchen gegangen und haben ihn gefragt, ob er uns helfen könne. Vater Shenoute stellte ein paar Nachforschungen an und fand heraus, dass Wazim der richtige Mann am richtigen Ort sei, um uns zu helfen.«
Wazim nickte. »Vater Shenoute hat gesagt, ich würde Gottes Willen tun, wenn ich Da'ounk helfen würde, seine Freiheit wiederzuerlangen. Als die Unruhen begannen, erkannte ich die Gelegenheit und packte sie beim Schopf.«
»Da! Seht ihr?«, sagte Jordanus. »Es könnte alles ein Missverständnis gewesen sein. Vielleicht ist mir einfach nur gelungen, wobei die Templer versagt haben. Das bedeutet noch lange nicht, dass sie dich wirklich auf irgendeine Art verraten haben.«
Das gestand ich ein. »Es könnte durchaus so sein, wie du sagst«, erklärte ich; »aber eines beunruhigt mich immer noch: Wenn sie mir nur haben helfen wollen, warum sind sie dann als Erstes zum Schatzhaus gegangen? Als sie die Gelegenheit dazu hatten, warum
haben sie dann nicht versucht, mich zu befreien?«
»Ich vermute, sie haben gehofft, das Heilige Kreuz zu retten«, sagte Jordanus.
»Das vor allem anderen«, erwiderte ich und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben.
»Willst du ihnen das etwa übel nehmen?«, fragte Jordanus. »Es gehört der Kirche von Antiochia. Der törichte Bohemund hat es verloren, und es ist ihre heilige Pflicht, es zurückzuholen.«
»Sie haben die Wiederbeschaffung der Reliquie über mein Leben gestellt«, sagte ich; »doch euch gegenüber haben sie diese Absicht mit keinem Wort erwähnt. Warum sollten sie so etwas vor euch verheimlichen?«
Jordanus breitete die Hände aus. »Das müssen wir Komtur de Bra-cineaux fragen, wenn wir ihn das nächste Mal sehen.«
»Was schlägst du vor?«, fragte Padraig. Sein Tonfall und sein Blick verrieten mir, dass ihm alles andere als wohl bei dem Gedanken war, dass die Templer die heilige Reliquie wieder in die Finger bekommen sollten.
»Meine Freunde, ich glaube, das alles ist nur ein unglückliches Missverständnis. Ich schlage vor, dass wir heim nach Zypern segeln, und mit deinem freundlichen Einverständnis, Duncan, werde ich Renaud eine Nachricht zukommen lassen und ihn bitten, uns in Famagusta zu treffen, um die Angelegenheit zu besprechen. Immerhin«, sagte er, »hat der gute Komtur uns in Damaskus sehr geholfen. Bevor wir ihn verdammen, sollten wir ihn zumindest anhören. Das schulden wir ihm.«
In diesem Augenblick kam Sydoni und riefuns zum Abendessen, und an diesem Abend verlor niemand mehr ein Wort über die Angelegenheit. Ich machte mir noch immer Sorgen deswegen, doch ließ ich mir nichts davon anmerken, um die festliche Stimmung nicht zu verderben, die nach Jordanus' und Sydonis Willen dieses Mahl begleitete. Und nach ein paar Bechern Bier und nach Sydonis hervorragendem Essen gelang es mir tatsächlich, meine Zweifel Renaud und die Templer betreffend beiseite zu schieben, und trotz der dunklen Wolke der Vorahnung, die über meinem Haupt schwebte, amüsierte ich mich.
Es gab für jeden etwas. Die Speisen waren so ausgewählt, dass jede ihren eigenen Geruch und Geschmack besaß, die sich deutlich von den anderen unterschieden. Es gab Fisch, geröstete Pfefferschoten mit Knoblauch, Oliven, gewürztes Fladenbrot, das die Dorffrauen gebacken hatten und - mein Leibgericht - kleine, in Olivenöl eingelegte Lammstückchen, die mit getrockneten Kräutern
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