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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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gewürzt und mit winzigen Zwiebeln auf kleinen Holzspießen über dem Feuer geröstet worden waren.
    Wir saßen an Deck und sprachen und aßen miteinander, während die Nacht sich herabsenkte. Am Ufer waren die Kochfeuer in den Hütten der Bauern zu sehen, und am Himmel funkelten die ersten Sterne. Der Mond ging erst spät auf, doch dann warfer sein Licht auf den Fluss und ließ das wirbelnde Wasser silbern schimmern. Nach einer Weile wünschte Jordanus uns eine gute Nacht und ging zu Bett. Padraig und Wazim taten es ihm nach, und ich war mit Sydoni allein.
    Wir unterhielten uns lange bis in die Nacht hinein, genossen die milde Luft und die sanfte Musik des Wassers, das an der Schiffshülle entlangplätscherte. Der Steuermann hielt das Schiff mitten auf dem Fluss; von Zeit zu Zeit löste einer der Matrosen ihn ab, und er legte sich eine Zeit lang auf eine Strohmatte am Heck, bis er wenig später wieder geweckt wurde, um erneut das Ruder zu übernehmen. Es war eine schöne Nacht zum Segeln, und ich war froh, auf dem Wasser zu sein. Ich blickte in den sternenübersäten Himmel, der keine Grenzen kannte, und erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, dass ich endlich frei war.
    Einige Zeit später wünschte auch Sydoni mir eine gute Nacht und ging zu Bett; doch ich blieb noch an Deck, blickte zu den Sternen empor und lauschte dem Geräusch des dunklen Flusses, der unser Schiff nach Norden Richtung Meer trug. Ich schlief nur wenig. Bei Sonnenaufgang wachte ich wieder aufund ging zum Heck. Im Laufe der Nacht war der Fluss deutlich breiter geworden, und das nächste Ufer war nun ein gutes Stück weit entfernt.
    Hinter uns waren keine Schiffe zu sehen, doch vor uns fuhren zwei Boote mit genau der gleichen Geschwindigkeit wie wir. Ich fragte den Steuermann, wie lange die beiden schon dort seien, und er antwortete, seit kurz vor Sonnenaufgang. »Das sind Fischerboote«, erklärte er mir in unbeholfenem Latein. »Macht Euch keine Sorgen, mein Freund. Niemand folgt uns.«
    Ich dankte ihm, ließ jedoch nicht in meiner Wachsamkeit nach, sondern hielt den ganzen Tag und auch den nächsten über ständig nach Verfolgern Ausschau. Erst als wir Alexandria hinter uns gelassen hatten und in die dunkelblauen Wasser des Mittelmeers vorgedrungen waren, wagte ich zu glauben, dass uns tatsächlich die Flucht gelungen war. Nachdem das Segel gesetzt war, erfreute ich mich an dem Gedanken, dass ich mich trotz der vereinten Bemühungen von Sarazenen und Seldschuken, mich hier zu behalten, auf dem Weg in die Heimat befand.
    Die Reise nach Zypern war schnell und schön. Das Wetter war zwar heiß, doch gut zum Segeln, und dank eines guten Windes und klarer, wolkenloser Nächte erreichten wir die Insel in nur drei Tagen. Während das Land noch ein blau-brauner Klumpen am Horizont war, gelang es mir, Jordanus zu überreden, nicht in Famagusta, sondern in einem anderen Hafen anzulegen.
    »Aber warum?«, fragte er. Mein stetes Misstrauen und meine Unruhe waren ihm ein wahres Rätsel.
    Da mir keine zwingenden Gründe einfielen, Zypern als Ganzes zu meiden, antwortete ich schlicht: »Ich würde mich besser fühlen, wenn unsere Rückkehr nicht direkt jedermann bekannt wäre.«
    »Aber wo ist die Gefahr?«, konterte der alte Händler unschuldig. »Ich bin sicher, dass der Kalif Wichtigeres zu tun hat, als sich um die Flucht eines einzelnen Gefangenen zu kümmern. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich mit dem Magistrat sprechen und ihn bitten, die Garnison für die nächsten Tage in Alarm zu versetzen.«
    »Vater«, schalt ihn Sydoni, »wir wissen beide, dass der Magistrat stets alle möglichen Gerüchte verbreitet und sich überall einzumischen pflegt, und die Garnison besteht nur aus einem Dutzend alter Hunde, die noch weit schlechter bellen, als dass sie beißen.« Und an mich gewandt: »Wir besitzen ein kleines Haus in Paphos auf der anderen Seite der Insel. Dort können wir bleiben, solange du willst.«
    Jordanus rollte mit den Augen und seufzte laut, doch fügte er sich schweigend den Anweisungen seiner Tochter. Ich sprach mit dem Steuermann und bat ihn, es so einzurichten, dass wir erst kurz nach Sonnenuntergang an Land gehen würden; ich wollte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich erregen. Als wir dann endlich an Land waren, eilten wir rasch durch die kleine, geschäftige Hafenstadt und einen Hügel hinauf zu einem ruhigeren Viertel, das man Nea Paphos nannte. Dort waren inmitten der Villen wohlhabender Gutsbesitzer noch immer die Ruinen antiker

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