Der Gast des Kalifen
Festungen und Paläste zu sehen, die von knorrigen Olivenbäumen und Dornenbüschen überwuchert waren.
Das Haus, das Jordanus hier besaß, war nur ein Viertel so groß wie das in Famagusta, aber für unsere bescheidenen Ansprüche reichte es allemal. Es war von einer hohen, weiß getünchten Mauer umgeben, und eine einzige Holztür führte hinein. Einmal im Inneren erwartete den Besucher ein gepflegter, viereckiger Hof, der von einer ängstlichen, kleinen Hausverwalterin in Ordnung gehalten wurde, die auf den Namen Anna hörte. Ein einzelner großer Feigenbaum wuchs in der Mitte des Hofs umgeben von ein paar Holzbänken, und in einer Ecke befand sich ein Brunnen, um die Bewohner des Hauses mit Wasser zu versorgen.
Anna führte uns hinein und beschwerte sich darüber, dass man sie nicht rechtzeitig von unserem Kommen in Kenntnis gesetzt hatte; dann machte sie sich daran, das Essen vorzubereiten. In der Zwischenzeit sicherte ich die Tür zum Hof. Jordanus beobachtete mich belustigt, und als ich fertig war, fragte er mich, ob ich zufrieden sei.
»Das ist stabil genug«, erwiderte ich und rüttelte an dem Eisenriegel, den ich davor geschoben hatte. »Das wird reichen.«
»Gut. Dann lass uns zu den anderen gehen und noch einmal auf
deine glückliche Befreiung anstoßen.«
Da der Hauptraum des Hauses auch als Küche diente, wollte Anna uns nicht an den Tisch lassen, bis das Essen fertig war; sie scheuchte uns in den Hof, wo Padraig neben den Bänken auch noch ein paar Stühle fand, die er rasch zu einem Kreis zusammenstellte. Sy-doni erschien mit einem Krug Wein und ein paar Olivenholzbechern. Sie schenkte uns allen ein, und wir tranken aufdas Wohl des jeweils anderen und wünschten uns gegenseitig ein langes, glückliches Leben.
»Was wollt Ihr jetzt tun, Herr?«, fragte Wazim. Nun nannte er mich wieder Herr, was er - wenn ich mich recht entsann - bisher nur einmal, und zwar während unserer Flucht im Kanal, getan hatte.
»Wir werden uns ein oder zwei Tage ausruhen«, antwortete ich sorglos, »und dann werden Padraig und ich uns eine Passage nach Caithness in Schottland suchen.« Ich blickte zu dem kleinen Kopten, der mein einziger Freund im Palast des Kalifen gewesen war. »Was ist mit dir, Wazim? Was wirst du tun?«
Er dachte einen Augenblick lang nach. »Jordanus hat keine Verwendung mehr für mich«, antwortete er schließlich, und seine Stimme klang enttäuscht. »Ich werde nach Alexandria zurückkehren.«
»Nicht nach Kairo?«, fragte ich leichthin.
»Oh, nach Kairo kann ich nie wieder zurückkehren, Da'ounk«, erwiderte er. »Der Kalifwürde mich aufspießen und bei lebendigem Leibe rösten lassen.«
Der kleine Wärter hatte für mich sein Leben riskiert und seine Beschäftigung verloren, und ich warfihn fort wie ein altes Stück Tuch, mit dem ich mir gerade die Nase geputzt hatte. »Es tut mir Leid, Wazim. Verzeih mir. Ich habe nicht nachgedacht.«
»Da gibt es nichts zu verzeihen. Ihr müsst in Euer Land zurück. Das verstehe ich.«
»Du hast mir bewundernswert gut gedient. Als wahrer Christ hast du um meinetwillen ein großes Opfer dargebracht. Wärst du nicht gewesen, wäre ich jetzt nicht hier. Ich werde dafür sorgen, dass du für diese edle Tat belohnt wirst.«
Er lächelte, als er dieses Lob von meinen Lippen hörte. »Ich will nichts von Euch, Da'ounk. Gott hat meine Belohnung schon vorbereitet.«
»Daran zweifle ich nicht, Wazim, mein Freund; doch es könnte noch einige Zeit dauern, bevor du dir diese Belohnung abholen kannst; es wäre mir eine Freude, dafür zu sorgen, dass du gut abgesichert bist, bevor wir lossegeln.«
Ich blickte zu Padraig, der ein Stück weit entfernt saß, und sah, dass er unser Gespräch verfolgte. Mein treuer anam cara nickte mir zustimmend zu, um mich wissen zu lassen, dass ich erneut eine Schlacht gegen jenen schlüpfrigen Feind mit Namen Stolz gewonnen hatte.
Dann riefuns Anna zum Essen herein, und wir fanden ein Mahl aus Eiern, Pfefferschoten, Trockenfisch, Wein und Oliven vor. Nach dem Essen blieben wir noch bis lange in die Nacht hinein am Tisch sitzen und sprachen mit Jordanus und Sydoni darüber, wie und wo wir am besten ein Schiff finden könnten, das uns nach Hause bringen würde. Während des Gesprächs wurde immer deutlicher, dass Jordanus alles andere als froh darüber war, uns gehen zu sehen. Er wollte de Bracineaux und mich versöhnt wissen. Er wollte, dass wir unsere Streitigkeiten beilegten und dass das Heilige Kreuz wieder an seinen
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