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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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obwohl er wusste, dass andere Soldaten sie oft genossen. »Was hast du jetzt vor?«, fragte Costis, und Aris konnte nur mit den Schultern zucken. »Relius wird herausfinden, wer die Botschaft überbracht hat, wenn er es nicht schon weiß. Sag es dem Hauptmann, bevor Relius es tut.«
    »Was wird dann aus meiner Familie?«, fragte Aris.
    »Was wird aus dir, wenn du es dem Hauptmann nicht sagst?«
    Aris dachte darüber nach. »Vielleicht sollte ich es tun.«
    Nun war es an Costis, mit den Schultern zu zucken. Er wollte nicht wie ein Heuchler klingen. »Ich glaube, das wäre das Richtige.«
    »Nun«, sagte Aris, »wenigstens wird meine Ehre unbefleckt bleiben.«
    »Und das ist sehr wichtig«, sagte Eugenides.
    Aris und Costis fuhren beim Klang der Stimme des Königs zusammen. Er war wie ein Gespenst auf dem Treppenabsatz über ihnen erschienen. Sein dunkles Haar verschmolz mit der Dunkelheit hinter ihm, während das Licht der Laterne auf das weiße Leinen seines Hemds fiel; die Goldfäden, mit denen sein Mantel bestickt war, schienen zu glühen. Erst war Aris vor Entsetzen kurz wie gelähmt; dann nahm er Haltung an. Costis hatte die Stimme erkannt, sobald er sie gehört hatte. Er sah nicht den König an, sondern hinter ihn, um nach dem Gefolge Ausschau zu halten, von dem er vermutete, dass es da sein müsste. Er brauchte eine Sekunde länger als Aris, um Habachtstellung anzunehmen.
    Es war undenkbar, dass Sejanus unten über die Schlafgewohnheiten des Königs plauderte, wenn er wusste, dass sein Herr hier oben auf dem Treppenabsatz stand, aber genauso unmöglich, dass der König ohne seine Kammerherren und ohne Sejanus’ Wissen hier sein konnte.
    Eugenides beugte sich vor und flüsterte Aristogiton ins Ohr: »Sprich morgen früh mit Teleus.« Er sagte es so laut, dass auch Costis es hörte. Dann trat er hinter die Wand des Treppenhauses in den Korridor, der daran entlangführte. Es waren keine Schritte zu hören. Als Costis sich vorbeugte, um in den Gang zu spähen, war der König verschwunden.
     
    Am nächsten Morgen erwachte Costis, noch bevor die Trompeten in der Dämmerung das Morgensignal gaben, und kleidete sich mit einem seltsam vertrauten Gefühl von Furcht an. Es war das gleiche Gefühl, das er empfunden hatte, wann immer er zu seinem Hauslehrer gegangen war, nachdem er den Tag damit
verbracht hatte, in den Wäldern zu spielen, statt sich auf den Unterricht vorzubereiten. Ganz gleich, was heute Morgen geschah, die Prellungen würden genauso verblassen wie die Striemen, die die Weidengerte seines Hauslehrers hinterlassen hatte, und Costis war Prellungen schließlich gewohnt. Er versuchte, sich mit dem Gedanken Mut zu machen, dass ihm statt Prügel auch eine Hinrichtung am Galgen hätte bevorstehen können. Aber ihm war nie aus Angst vor blauen Flecken übel geworden, wenn er vor seinem Hauslehrer gestanden hatte, und er fühlte sich alles andere als munter, als er auf den Übungsplatz zuging.
    Er traf zu früh ein. Niemand sprach mit ihm. Die Garde grenzte diejenigen aus, die Schande über sich gebracht hatten. Der Hauptmann kam allerdings und stellte sich neben ihn, nickte aber nur zum Gruß. Als der König erschien, wurde er von vier seiner Kammerherren und von seinen Leibwächtern begleitet. Er ließ sie alle am Tor zum Übungsplatz zurück und schritt allein über die offene Fläche. Er stieß zu Costis und Teleus und nickte beiden zum Gruß zu. Er hatte sein Übungsschwert bei sich und steckte es sich unter den rechten Arm, um mit der linken Hand auffordernd zu winken. Costis zuckte zusammen. Der Hauptmann hätte sich jeden seiner Gardisten, der so gedankenlos mit einem Übungsschwert umging, gründlich zur Brust genommen.
    »Sollen wir mit der ersten Übung beginnen?«
    Costis nahm gehorsam die Ausgangsstellung der einfachen Übung des Zustoßens und Parierens in der Prim ein. Er wusste, dass der König kein Soldat war, aber er war erstaunt, dass Eugenides noch nicht einmal die Grundlagen des Schwertkampfs beherrschte. Vielleicht hatte er die Fähigkeit zusammen mit seiner rechten Hand verloren, aber Costis fand, dass der König sich daran hätte gewöhnen sollen, mit der Linken zu kämpfen. Er hatte schließlich Zeit gehabt, das zu lernen, seit die Königin ihn beim
Herumspazieren in ihrem Palast gefasst und ihm die Hand hatte abschlagen lassen. Damals, als er noch der Dieb von Eddis gewesen war, bevor er den Thron von Attolia und seine Königin gestohlen hatte.
    Teleus trat zurück und tat, als würde

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