Der Gebieter
Steuerhinterziehung in Kenntnis gesetzt hatte, die der Baron versuchte. Den Verweis auf Pilades und das Landwirtschaftsministerium nahm der Baron nicht ernst. Der König hätte die Angelegenheit niemals selbst aufdecken können. Es musste Erondites gewesen sein, der ihn betrogen hatte, um Einfluss auf den König zu gewinnen und Vorbereitungen dafür zu treffen, Artadorus zu erpressen, mit dem König und gegen die Königin zu arbeiten. Es gab nur eines, was er tun konnte. Die Nacht war warm, aber der Baron lag fröstelnd unter seinen Bettdecken.
Beim Frühstück sprach die Königin den König an: »Baron Artadorus hat mir eine Botschaft geschickt und mich darum gebeten, ihn noch vor dem Frühstück zu empfangen. Er hat darum gebeten, vom Hof beurlaubt zu werden.«
»Ach ja?« Der König heuchelte Desinteresse.
»Er sagt, er hätte zu Hause Geschäftliches zu erledigen.«
»So?«
»Irgendetwas mit seiner Buchführung.«
»Hmm.«
Sie warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Hat er sich in sein Schwert gestürzt?«, fragte der König.
»Nicht körperlich.«
»Aha«, sagte der König.
Sie verschränkte die Arme und richtete nicht wieder das Wort an ihn.
»Der Baron hat sich heute Morgen mit der Königin getroffen. Er ist vom Hof beurlaubt worden.« Sejanus teilte seinem Vater, mit dem er sich kurz auf einem abgelegenen Hof traf, die Neuigkeiten mit.
»So?«, fragte sein Vater, etwas überrascht, aber nicht erschüttert. »Zweifellos ist er auf dem Weg nach Hause, um seine Buchführung umzuschreiben. Das spielt keine Rolle. Der Fehler ist festgehalten worden, und wenn er ihn korrigiert, löscht das nicht das Verbrechen aus.«
»Und wenn er es der Königin schon gestanden hat?«
»Wenn er es der Königin gestanden hätte, wüssten wir alle davon. Du erinnerst dich doch sicher, was dem Letzten zugestoßen ist, der versucht hat, die königliche Schatzkammer zu plündern?«
Es fanden sich keine Schlangen mehr im Bett des Königs und keine Sandkörner in seinem Essen. Der Hauptmann der Leibgarde und der Archivsekretär hatten die nötigen Schritte unternommen, um das sicherzustellen. Das Fehlverhalten im Palast wurde unterschwelliger. Die Speisen, die zum Mittagessen des
Königs serviert wurden, das er – abgesehen von der belastenden Gegenwart seiner Kammerherren – allein einnahm, waren immer ungeeignet, von einem einhändigen Mann verzehrt zu werden. Da der König jegliche Anstrengung unternahm, seine Behinderung zu verbergen, machten sich die Kammerherren die größten Mühen, sie hervorzuheben. Wenn der König wollte, dass man ihm das Brot in Scheiben schnitt, musste er erst darum bitten. Wenn er es stur vermied zu bitten, dann bekundete Sejanus oder Hilarion laut sein Bedauern darüber, dass sie vergessen hatten, es für ihn zu schneiden. Noch zweimal schloss der König sich in seinen Gemächern ein. Beide Male erlaubte er Costis, und nur Costis, bei ihm zu bleiben.
So sorglos die Kammerherren sich auch geben mochten: Sie verbrachten die Zeit ihrer Verbannung draußen auf dem Flur und gerieten bei dem Gedanken ins Schwitzen, dass die Königin vorbeikommen könnte. Sie wusste sicher, dass der König seine Kammerherren aus seiner Gegenwart verwies, schien aber bereit zu sein, ein Auge zuzudrücken, solange sie nicht zu sehen bekam, wie das ganze Rudel sich auf dem Gang die Beine in den Bauch stand.
»Ihre Majestät muss so tun, als ob sie den König unterstützt«, rief Sejanus seinen Standesgenossen ins Gedächtnis. »Sonst wäre es ihr bestimmt gleichgültig, wie sehr wir den König ärgern, da bin ich mir sicher.«
An einem der seltenen Abende, an denen Costis weder Dienst hatte noch schlief, unterhielt er sich in seinem Quartier mir Aris.
»Bis ich sterbe, glaube ich«, sagte Costis. Aris hatte gefragt, wie lange Costis wohl als Leutnant würde Dienst tun müssen. »Und das wahrscheinlich an Langeweile.« Er lag in einer Pose, die größte Apathie ausdrückte, auf seiner kurzen Pritsche; die Füße ruhten auf dem Kopfkissen, während der Kopf ein wenig
über die Bettkante hing. Er starrte an die Decke. Sein angewiderter Gesichtsausdruck war der, den er im Dienst sorgsam aus seiner Miene fernhalten musste.
»Also glaubst du, dass die Beförderung von Dauer ist?«
Costis dachte noch einmal darüber nach. »Nein. Er kann nicht ernsthaft vorhaben, mich dauerhaft Leutnant bleiben zu lassen. Es ist alles Spielerei und Hohn, keine echte Beförderung. Ich nehme an, er wird des Spiels
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