Der Gebieter
sie etwas entdeckte, das noch weniger in eine Küche gehörte als ein Laptop. Ein roter Tanga hing neben Schöpf- und Schaumkellen an einem Haken über der Arbeitsfläche. Gehörten die Ratgeber und das Notizbuch einer Frau? Erstaunt nahm sie das Höschen und betrachtete es, als würde es ihr die ganze Wahrheit verraten.
»Sie haben einen Blick für Details«, sagte plötzlich eine tiefe, warme Stimme.
Naomi erschrak. Sie hatte den Mann, der in der Tür stand, nicht kommen hören, und fühlte sich ertappt. Wie lange stand er schon da? Hatte er sie beobachtet, während sie neugierig in den Büchern geblättert und sich am Inhalt erregt hatte? Sicherlich waren ihre Wangen gerötet und man sah ihr die Verlegenheit an. »Wie bitte?«
In seinem Lächeln verschmolzen Selbstbewusstsein und Lebenslust. »Den meisten wäre der Slip nicht aufgefallen.«
Bis auf eine schwarze Schwimmhose war der Fremde nackt. Er wischte sich mit der Handfläche den Staub von den Fußsohlen und trat ein. Als er seine blonden, leicht gewellten Haare mit den Fingern zurückkämmte, starrte Naomi fasziniert auf das Spiel seiner Muskeln. Er musste regelmäßig Sport treiben, aber nicht Kraftsport, sondern ein Training, das die Ausdauer förderte und nebenbei den Körper formte. Vielleicht war er ein Schwimmer. Ja, das würde zu ihm passen, dachte Naomi verträumt und leckte sich unbewusst über ihre Unterlippe. Seine Achseln und sein Brustkorb waren rasiert. Seine blauen Augen glitzerten wie das türkisfarbene Meer, das von der Sommersonne angestrahlt wurde.
»Ich heiße Sam.« Er steckte seinen Daumen unter das Bündchen seiner Schwimmhose, strich von einer Hüfte zur anderen und weitete dabei die Hose einen Fingerbreit, als würde der Bund einschneiden.
Für Naomi sah das eher nach einer Einladung aus, näher zu treten und hinter die Kulissen zu schauen. Aber erstens brauchte sie das nicht, denn sie sah auch so, dass er gut ausgestattet war, und zweitens entsprang dieser Gedanke sowieso nur ihrer Fantasie. »Naomi«, stellte sie sich mit belegter Stimme vor.
Die frivolen Lektüren hatten sie durcheinandergebracht. In diesem Moment fiel ihr ein, dass das Buch über die Sklavenerziehung noch immer offen auf dem Tisch hinter ihr lag, nur halb bedeckt von den unverfänglichen Magazinen. Unter keinen Umständen durfte sie zulassen, dass Sam es entdeckte, egal, ob er nun hier wohnte oder nur hereingeschneit kam, da die Tür offen stand. Weil er wusste, wo der Slip gehangen hatte, ging Naomi von ersterem aus und machte die Probe. »Der gehört sicher Ihrer Frau.«
»Ich habe keine, auch keine Freundin, wenn Sie das wissen wollen.« Er schlenderte auf sie zu, lehnte sich mit der Hüfte an die Arbeitsplatte und verschränkte seine Arme vor dem Oberkörper. Begehrlich musterte er sie von oben bis unten.
Was bildete sich dieser Kerl ein? »Warum sollte ich?« Mit Schrecken dachte sie an den Sexratgeber. Sie rutschte gezwungenermaßen auf den Fremden zu, um ihm die Sicht auf den Küchentisch zu nehmen, und tastete mit ihrer freien Hand nach dem Buch.
»Sie sehen interessiert aus.«
Sam verunsicherte sie mit seiner Erhabenheit, weshalb sie kratzbürstig reagierte, etwas, das sie von sich eigentlich gar nicht kannte. Normalerweise war sie um Harmonie bemüht. Dieser Fremde jedoch reizte sie auf unerklärliche Weise. Vielleicht weil er so selbstsicher auftrat und sich seiner Ausstrahlung auf sie bewusst war. »Reden Sie keinen Unfug. Ich habe lediglich nicht mit einem halbnackten Mann gerechnet.«
»Ich war im Racoon Creek schwimmen.« Der Creek war ein Ausläufer des Napa Rivers. »Es ist ein herrlicher Tag. Darf ich?«
Er nahm ihr das Höschen ab. Seine Fingerspitzen strichen dabei über ihren Handrücken – ob zufällig oder beabsichtigt vermochte Naomi nicht zu sagen – und hinterließen eine heiße Spur. Aber Naomi kämpfte ihre Lust nieder, denn sie kam nicht von Sam, sondern von den Sexratgebern, zumindest redete sie sich das ein. Er versuchte lediglich von ihrer bereits erweckten Erregung zu profitieren. Auf keinen Fall! Sie würde Cheng treu bleiben, Streit hin oder her. Noch waren sie ein Paar. Außerdem amüsierte sich Sam offensichtlich bereits mit der Besitzerin des roten Tangas, und Naomi wollte keinesfalls eine von vielen Gespielinnen sein.
Ohne sie aus den Augen zu lassen, roch er an dem Höschen. Das war ungeheuerlich! Naomi war empört. Doch dann meldete sich eine Stimme in ihr. Praktizierte er nicht die Frivolität und
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