Der Gebieter
Hatte Rosamar sie darauf hinweisen wollen?
»Einen Moment mal«, sagte Naomi zu sich selbst und trat zum Tisch.
Unter dem Napa Valley Life Magazine und den Wine News lugte ein Buch heraus, das nicht ins Bild passte. Sie sah nicht viel mehr von dem Cover als die Arme einer Frau, die nach oben gestreckt waren. Ihre Handgelenke waren mit einem roten Samtband zusammengebunden, und die Fessel war an einer Wandgarderobe eingehakt worden.
Naomi wurde heiß. Verstohlen sah sie sich um. Da niemand zu sehen war, schob sie das Buch vorsichtig höher, so dass immer mehr von dem Cover zum Vorschein kam. Ihr Herz pochte aufgeregt.
Die Frau trug eine wunderschöne schwarze Korsage, die ihr eine schlanke Taille verlieh und ihren Busen anhob, ihre Nippel jedoch aussparte. Knapp über den Halbschalen, die wie Hände aussahen, ragten ihre Brustwarzen heraus. Eine Gliederkette verband die goldenen Nippelklemmen, die ihre Spitzen schmückten. Ihr Kopf hing erschöpft herunter, doch sie lächelte selig, als wäre sie über glühende Kohlen gegangen, um ins Paradies zu gelangen.
Ekstase durch Unterwerfung , las Naomi leise und strich über das Cover. Titel und Name des Verfassers, der sich Illustro nannte, waren in den Umschlag eingestanzt. Ihre Fingerspitzen kribbelten. Rasch schob sie den Ratgeber zurück unter den Stapel. Er stieß an ein zweites Buch, das unter den unverfänglichen Magazinen versteckt war. Es stammte vom selben Autor wie das erste. Die Neugier war zu groß. Naomi konnte nicht anders, als auch dieses ein Stück weit herauszuziehen. Als sie den Titel las, erschrak sie. Sie war entsetzt! Zu ihrer eigenen Verwirrung spürte sie, wie die Erregung mit solch einer Macht in ihr erwachte, dass ihr das Atmen schwerfiel. Sklavenerziehung mit gefühlvoller Härte . Ihr Herz pochte heftig, was sie nicht in ihrem Brustkorb, sondern zwischen ihren Schenkeln spürte.
Um sich abzulenken, ließ sie von dem Ratgeber ab und nahm das Notizbuch, das unmittelbar neben dem Laptop lag. Bereits als sie darin blätterte, rieselte die Lust erneut durch sie hindurch. Wider Erwarten fand sie keine Notizen zum Thema Wein vor, sondern über Sexpraktiken. Außergewöhnliche Praktiken, die Cheng wohl als pervers bezeichnet hätte. Dieser Gedanke ließ den Inhalt für Naomi nur noch reizvoller erscheinen.
Sie drehte das Büchlein, weil sie nicht glauben konnte, dass man jemanden durch Fesselungen in eine solche Position bringen konnte, wie dort gezeichnet worden war. Die Frau lag auf dem Rücken. Ihre Waden waren an die Oberschenkel gebunden und ihre Arme hinter dem Kopf verschränkt und fixiert, so dass sie vollkommen schutzlos war. Besonders ihre Intimstellen. Jemand hatte sie verschnürt wie ein Paket, wobei er jedoch ihre Brüste und ihre Mitte ausgespart hatte. Die Ansätze ihres Busens waren mit einem dünnen Seil umwickelt, so dass die Brüste wie kleine Türme nach oben ragten und die Spitzen wie Gipfelkreuze anmuteten. Der Zeichner hatte nicht nur jede Seilwindung gemalt, sondern auch den Schambereich der Frau eingezeichnet. Sie war rasiert. Der Betrachter sah alles.
Naomi konnte nicht anders, als sich vorzustellen, in der Position der Frau zu sein. Bewegungsunfähig und dem Willen desjenigen, der sie gefesselt hatte, ausgeliefert. Sie hätte entsetzt sein müssen, stattdessen wurde ihr Schritt feucht. Wie gebannt schaute sie sich die anderen Zeichnungen und Notizen an. Manchmal standen Überschriften auf den Seiten. Bondage. Rollenspiel. Erziehung. Dominanz und Unterwerfung. Spanking. Flagellation. Bastinade. SM. Die Worte hallten wie Donnerschläge in ihr wider. Naomi begann zu schwitzen.
Wer auch immer sich in das Gästehaus zurückgezogen hatte, beschäftigte sich lieber mit Sex statt mit Weinkunde, wie er oder sie vorgab. Wer war es? Wer hatte sich unter dem Vorwand, in Ruhe arbeiten zu wollen, hierher zurückgezogen, und hing in Wahrheit seinen sexuellen Fantasien nach? Handelte es sich tatsächlich nur um Fantasien oder waren es sogar Vorbereitungen für ein Lusttreffen? Ein Treffen, bei dem er einige der Praktiken, die er aufgeschrieben hatte, mit seiner Geliebten durchführen würde. Naomi presste ihre Schenkel zusammen, doch das sehnsüchtige Prickeln verschwand nicht.
Rasch legte Naomi das Notizbuch weg. Die Heftigkeit, mit der sie darauf reagierte, erschreckte sie. Sie wollte gerade ein Schneidebrett, das auf der Abtropffläche des Spülbeckens stand, aber schon getrocknet war, nehmen, um sich damit Luft zuzufächeln, als
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