Der Geek-Atlas (German Edition)
Bakterien, die für Milzbrand, Tuberkulose und Cholera verantwortlich sind.
Die Isolation dieser Bakterien widerlegte die Gifthauch-Theorie, nach der die Krankheiten durch das Einatmen von mit Fäulnis
durchsetzter Luft ausgelöst wurden.
Bis zum heutigen Tag ist die genaue Form der Ansteckung mit Lepra unklar, auch wenn man annimmt, dass der enge Kontakt mit
infizierten Menschen den Hauptaspekt darstellt. Man vermutet, dass die Lepra durch die Luft über Tröpfchen aus der Nase und
dem Mund übertragen wird, also eine Tröpfcheninfektion stattfindet.
In den späten 1800ern und den frühen 1900ern entschieden die Regierungen auf der ganzen Welt, dass der sicherste Umgang mit
Leprakranken darin besteht, sie in Kolonien zu isolieren. Die Isolation war zum Teil durch die körperlichen Entstellungen
der Betroffenen motiviert und zum Teil dadurch, dass man die Lepra für hochgradig infektiös hielt.
Die erste Behandlungsmethode für die Lepra ließ bis in die 1930er auf sich warten. Das Antibiotikum Dapson (manchmal auch
Sulfon-Behandlung genannt) heilte Leprakranke nach mehrjähriger Behandlung, doch die Entstelllungen konnten nicht rückgängig
gemacht werden. Viele Überlebende entschieden sich daher dafür, in Kalaupapa zu bleiben, anstatt zu versuchen, sich wieder
in die hawaiianische Gesellschaft zu integrieren.
In der Folgezeit entwickelte Mycobacterium leprae eine Resistenz gegen Dapson. Erst 1985 wurde eine effektive Behandlung der Lepra möglich. Um Dapson-resistente Lepra zu behandeln,
werden drei Medikamente eingesetzt: Dapson, Rifampicin und Clofazimin. Diese auf mehreren Medikamenten beruhende Therapie
wird seit 1995 weltweit und kostenlos von der Weltgesundheitsorganisation angeboten.
Im Jahr 2000 hat die WHO ihr Ziel erreicht, die Zahl der Leprainfektionen auf unter 1 von 10000 Menschen zu reduzieren. Heute
tritt die Lepra bei weniger als 1 von 50000 Menschen auf und kann vollständig geheilt werden.
Die in Kalaupapa verbliebenen Einwohner sind fortgeschrittenen Alters und die Einwohnerzahl sinkt. Achttausend Menschen starben
hier und nur eine handvoll Überlebender blieb. Die Geschichte Kalaupapas zeugt von einem langwierigen Lernprozess in der Medizin:
von der Entdeckung des für die Krankheit verantwortlichen Bakteriums über die Heilung durch Antibiotika bis hin zu der Erkenntnis,
dass die Krankheit mutieren und Resistenzen bilden kann.
Während des langen Weges über die Klippen bleibt ausreichend Zeit, um über medizinischen Fortschritt und den Umgang mit Patienten
nachzudenken.
Praktische Informationen
Informationen zu einem Besuch Kalaupapas finden Sie beim U.S. National Park Service unter http://www.nps.gov/kala/ . Es gibt auch ein kleines Museum in Carville, Louisiana, das sich Leprakranken widmet. Details zum National Hansen’s Disease
Museum finden Sie unter http://www.hrsa.gov/hansens/museum/ .
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Bakterien, Heilung und Resistenz
Bakterien sind einzellige Organismen. Es ist die am häufigsten vorkommende Gruppe von Organismen auf diesem Planeten. Sie
sind fast überall auf der Erde zu finden (z. B. im menschlichen Darm, im Meer, in der Luft, im Boden und sogar in Felsgestein).
Das für die Lepra verantwortliche Bakterium, Mycobacterium leprae ( Abbildung 95.1 ) ist stabförmig und von einer dicken, wachsigen Hülle umgeben, die ohne eine Wirtszelle nicht überleben kann.
Abbildung 95.1 Mycobacterium leprae
Sobald es sich in einer Wirtszelle befindet, reproduziert sich Mycobacterium leprae auf die gleiche Weise, wie fast alle Bakterien: Das Bakterium teilt sich und jede Hälfte erhält eine Kopie der DNA des Bakteriums.
Bei Menschen greift Mycobacterium leprae die Nerven, die Schleimhäute und die Haut an. Eine Form des Lepra-Bakteriums verursacht große Beulen, sogenannte Knötchen,
auf der Haut.
Antibiotika bekämpfen Bakterien, indem sie ihren Lebenszyklus angreifen. Sie können verhindern, dass die Bakterien Proteine
bilden, sie können die Zellwände angreifen, so dass diese zerfallen, oder sie können die Reproduktion unterbinden. Das bekannteste
Antibiotikum, Penicillin, schwächt die Zellwände. In der Folge zerbricht das Bakterium, weil die geschwächte Zellwand Wasser
hineinlässt.
Das erste gegen Lepra eingesetzte Antibiotikum, Dapson, behindert die Produktion von Folsäure, die das Bakterium braucht,
um DNA erzeugen zu können. Rifampicin verhindert die Vermehrung der Bakterien, indem es die DNA daran hindert,
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