Der Geek-Atlas (German Edition)
Proteine zu
erzeugen. Die genaue Funktionsweise von Clofazimin ist unbekannt, doch zusammen heilen diese drei Medikamente die Lepra.
Bevor Rifampicin und Clofazimin verfügbar waren, entwickelte Mycobacterium leprae eine Resistenz gegen Dapson. Bakterien entwickeln Resistenzen über zwei Hauptmechanismen: Mutation und Gentransfer.
Da sich Bakterien sehr schnell vermehren, können sie sich über die natürliche Selektion sehr schnell anpassen. Wird eine Bakterieninfektion
mit einem Antibiotikum bekämpft, gibt es oft einige mutierte Bakterien, denen das Antibiotikum nichts anhaben kann. Da die
übrigen Bakterien durch das Medikament abgetötet werden, können die resistenten Bakterien überleben und gedeihen (siehe Abbildung 95.2 ).
Abbildung 95.2 Resistenz durch Mutation
Mutationen treten auf, wenn sich die Bakterien teilen. Im Gegensatz dazu findet der Gentransfer ohne Teilung zwischen Bakterien
statt. Bakterien enthalten ein ringförmiges DNA-Molekül, das sogenannte Plasmid, das von der das Bakterium steuernden DNA
unabhängig ist. Das Plasmid kann dupliziert und (samt seiner antibiotischen Eigenschaften) an ein anderes Bakterium übertragen
werden ( Abbildung 95.3 ).
Abbildung 95.3 Resistenz durch Gentransfer
Plasmide sind auch für die Gentechnik wichtig: Sie können extrahiert, modifiziert und wieder in die DNA einer Zelle eingefügt
werden.
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Kapitel 96. Experimental Breeder Reactor No. 1, Arco, ID
43° 30′ 41.12″ N, 113° 0′ 20.29″ W
Der erste Atomstrom
Wenn der Amerikaner an Idaho denkt, kommen ihm wohl eher Kartoffeln in den Sinn und nicht Atomreaktoren. Dennoch umfasst das
Idaho National Laboratory (INL), das 1949 gegründet wurde, eine Fläche von 2300 Quadratkilometern mit der größten Konzentration
von Atomreaktoren weltweit. Mehr als 50 Reaktoren wurden auf diesem Gebiet gebaut.
Einer dieser Reaktoren ist der Experimental Breeder Reactor No. 1 (oder EBR-1), der erste Atomreaktor, der zur Stromerzeugung
genutzt wurde. In der Nähe von EBR-1 liegt das Städtchen Arco, das sich rühmt, die erste Stadt gewesen zu sein, die mit Atomstrom
versorgt wurde. Am 17. Juli 1955 erhielt Arco seinen Strom aus einem zum INL gehörenden Reaktor. An ein anderes Ereignis denken
die Menschen in Arco wohl weniger gerne: Am 3. Januar 1961 gab es in der stationären Niederstromanlage 1 eine Kernschmelze,
bei der drei Arbeiter getötet wurden. Diese waren so verstrahlt, dass sie in Bleisärgen bestattet wurden.
Den bemerkenswertesten Anblick des Städtchens Arco (die Einwohnerzahl liegt bei etwa 1000) bietet der Kommandoturm des Atom-U-Boots
USS Hawkbill , das wegen der großen, auf der Seite aufgemalten 666 auch »Teufelsboot« genannt wird. Der Kommandoturm des U-Boots zeigt
die Verbundenheit Arcos mit der Atomenergie und dem US-Militär.
Doch das eigentlich Interessante liegt 18 Meilen außerhalb von Arco. Hier ist EBR-1 für die Öffentlichkeit zugänglich. EBR-1
produzierte am 20. Dezember 1951 erstmals Strom, und zwar gerade so viel, dass 4 200-Watt-Glühbirnen mit Energie versorgt
werden konnten. Nachbildungen dieser Glühbirnen (und eine Original-Glühlampe) sind ebenfalls hier ausgestellt. Am 21. Dezember,
einen Tag später, reichte die produzierte Energie schon aus, um das gesamte Gebäude mit Strom zu versorgen. Doch EBR-1 wurde
nicht gebaut, um Strom zu produzieren. Er wurde konstruiert, um das Prinzip des Brüterreaktors zu testen. Zusätzlich sollte
überprüft werden, ob es möglich wäre, Plutonium anstelle von Uran als Brennmaterial zu verwenden.
Ein Brüterreaktor kann mehr Brennmaterial erzeugen, als er verbraucht. Außerdem erzeugt er Wärme (die zur Stromerzeugung genutzt
wird) und Brennmaterial (zur späteren Nutzung). EBR-1 zeigte, dass die Brütertechnik funktioniert. Anfang 1953 ergab die Analyse
des Reaktors, dass er ein neues Atom nuklearen Brennmaterials für jedes verwendete Atom erzeugte. Bei anderen Reaktoren wurde
das Brutverhältnis (die pro verwendetem Atom erzeugte Menge an Brennmaterial) später auf 1,27 Atome erhöht. Dadurch wurde
bewiesen, dass ein Brüterreaktor mehr Brennmaterial erzeugen konnte, als er verbrauchte.
Brüterreaktoren waren in den 1950ern sehr attraktiv, weil sie sparsam bezüglich des Brennmaterials waren und verfügbarere
radioaktive Elemente wie Thorium verwenden konnten. Bei Nicht-Brüterreaktoren war hingegen das schwer zu beschaffende Uran
U-235 erforderlich.
Atomare
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