Der Geek-Atlas (German Edition)
Zentralasien, Carloforte,
Italien, und in den USA in Ukiah, Kalifornien, und in Gaithersburg, Maryland ( Abbildung 99.3 ). Alle sechs Observatorien lagen am gleichen Breitengrad: 39° 8′ N.
Der Breitengrad variiert, weil die Erde schwankt (siehe Kasten) und weil das Licht in der Atmosphäre gebrochen wird. Durch
die Erdschwankung weicht der Pol täglich um bis zu sechs Metern von seiner Durchschnittsposition ab. Für die genaue Bestimmung
dieser Schwankung wurden jede Nacht zwei aus einer dafür vorgesehenen Gruppe von 12 Sternen beobachtet. Auf dieser Grundlage
wurde dann der scheinbare Breitengrad jedes Observatoriums berechnet.
Diese Schwankung ist zwar sehr gering, für Astronomen, die sehr weit entfernte Objekte beobachten, aber dennoch von Bedeutung.
Ein kleiner Fehler bei der Ausrichtung des Teleskops, der durch die unregelmäßige Bewegung der Erde verursacht wird, kann
dazu führen, dass der Beobachter das gesuchte Objekt völlig verfehlt.
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Präzession, Nutation und der Chandler-Wobble
Die Erde dreht sich einmal im Jahr um die Sonne und einmal pro Tag um die eigene Achse, doch die tägliche Rotation verläuft
nicht einfach um die Achse vom geographischen Nordpol zum Südpol. Tatsächlich schwankt die Rotationsachse der Erde. Der Grund
hierfür liegt in drei speziellen Effekten: Präzession, Nutation und die Polschwankung (siehe Abbildung 99.1 ).
Abbildung 99.1 Präzession und Nutation
Verlängert man imaginär die Erdachse in den Weltraum, dann lässt sich beobachten, dass sie einen schwankenden Kreis mit einer
Periode von etwa 26000 Jahren bezeichnet. Der Kreis entsteht durch die Präzession, eine langsame Schwankung ähnlich wie bei
der Bewegung eines Kreisels. Die Präzession wird durch die Gravitationskraft der Sonne und des Mondes auf den Erdäquator verursacht.
Die Erde ist keine Kugel sondern weist am Äquator einen Wulst von etwa 42 Kilometern auf, der durch die Rotation verursacht
wurde. Da die Rotationsachse relativ zur Orbitalebene liegt, ist dieser Wulst im Vergleich zur restlichen Erdoberfläche immer
entweder näher an der Sonne oder weiter von ihr entfernt. Diese Gravitationskraft auf den dezentrierten Wulst verursacht die
Präzession.
Doch der Präzessionskreis ist nicht perfekt – die beschriebene Bahn oszilliert mit einer Periode von etwa 19 Jahren. Diese
Nutation wird durch die Anziehungskraft des Mondes auf die Erde verursacht.
Sowohl die Präzession als auch die Nutation sind relativ langsame Phänomene und können vorhergesagt werden. Anders verhält
es sich mit dem Chandler-Wobble.
Das Gaithersburg Observatory half bei der Berechnung des Chandler-Wobble, der 1891 von dem amerikanischen Astronomen Seth
Carlo Chandler beschrieben wurde. Diese Schwankung (engl. wobble) ist eine Komponente der Polarbewegung – eine kleine Bewegung
der Pole von nur wenigen Metern pro Jahr. Die Polarbewegung kann nur für einige Monate im Voraus korrekt berechnet werden.
Der Chandler-Wobble hat eine Periode von 14 Monaten und ist mit einer zweiten Schwankung verknüpft, die eine Periode von etwa
einem Jahr aufweist. Zusammengefasst handelt es sich bei der Polbewegung um eine Spiralbewegung, die mit einer Periode von
knapp sieben Jahren an etwa der gleichen Position beginnt und endet. Man nimmt an, dass der Chandler-Wobble durch Druckveränderungen
am Meeresboden verursacht wird, die die Erde vibrieren lassen.
Neben diesen drei Bewegungen, die die Lage der Pole beeinflussen, gibt es noch einen westlichen Drift von etwa 20 Metern pro
Jahr, der in der Bewegung des Erdkerns und –mantels begründet liegt. Abbildung 99.2 zeigt die Durchschnittsposition des Nordpols seit 1900 und die spiralförmige Polbewegung zwischen 2001 und 2006.
Abbildung 99.2 Polabwegung; zur Verfügung gestellt von IERS
Heute kann die Erdrotation mit Radioteleskopen per Interferometrie (siehe Interferometrie ) exakt bestimmt werden.
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Abbildung 99.3 Das Gaitherbsurg Observatory; zur Verfügung gestellt von Amy Fredericks (etacar11)
Das Gaithersburg Observatory wurde bis ins Jahr 1982 genutzt (bis auf eine kurze Pause während des ersten Weltkriegs) und
besteht aus einem kleinen Gebäude mit einem Teleskop. Das Observatorium ist weiß gestrichen, um es kühl zu halten, und hat
mit einem Stahlgitter versehene Wände, um Luftturbulenzen zu vermindern. Das Dach kann geöffnet werden, damit man das Teleskop
entsprechend ausrichten kann.
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