Der gefangene Stern
wie?“
„Schrecklich.“
„Das kenne ich.“ Auf haushohen Pfennigabsätzen schwankte sie herüber. „Glaubst du wirklich, du passt da durch? Gut, du bist dünn, aber es wird trotzdem eng werden.“
„Das schaff ich schon.“
Kopfschüttelnd verschränkte die Frau die Finger. „Wenn du meinst.“
M.J. stellte einen Fuß hinein und zog sich am Fensterbrett hoch. „Schieb mich noch ein Stück.“
„Kein Problem.“ Inzwischen schien die andere sich für die Sache zu begeistern, legte die Hände unter M.J.s Hintern und schob sie in die Höhe. „Entschuldigung“, sagte sie, als M.J. sich den Kopf am Fenster anstieß.
„Macht nichts. Danke.“ Dann wand sie sich, kämpfte sich stöhnend durch die Öffnung. Erst den Kopf, dann die Schultern und den Rest.
„Gut gemacht, Schätzchen.“
Zum Abschied warf M.J. ihrer Helferin noch schnell ein Grinsen zu. Dann rannte sie los und wühlte dabei in der Hosentasche nach Münzen, die sie immer bei sich trug. Sie konnte die Stimme ihrer Mutter hören. Verlass nie das Haus, ohne Geld zum Telefonieren dabei zu haben. Man weiß nie, wann man es braucht .
„Danke, Ma“, murmelte sie und riss die Tür der Telefonzelle auf. „Sei zu Hause, sei zu Hause“, flüsterte sie beschwörend, steckte eine Münze in den Schlitz und wählte. Gleich darauf hörte sie Baileys ruhige kühle Stimme auf dem Anrufbeantworter. „Wo bist du, wo bist du?“, rief M.J. „Bailey, hör zu“, begann sie nach dem Piepton. „Ich habe verdammt noch mal keine Ahnung, was los ist, aber wir stecken in Schwierigkeiten. Bleib nicht in der Wohnung, er könnte zurückkommen. Ich bin in einer Telefonzelle vor einem Pub in der Nähe von …“
„Verdammt noch mal!“ Jack packte ihren Arm.
„Hände weg, du verdammter Mistkerl. Bailey …“ Doch er hatte bereits die Verbindung unterbrochen, verdrehte ihr in Windeseile die Hände auf dem Rücken, legte ihr wieder die Handschellen an, hob sie hoch und trug sie zum Auto.
Er ließ sie schimpfen und um sich treten und drückte sie auf den Beifahrersitz, bevor irgendein guter Samariter zu ihrer Hilfe eilen konnte. Dann trat er aufs Gas.
„So viel zum Thema Vertrauen.“ Er fuhr ein paar Mal im Kreis, parkte in einer schmalen Gasse in der Nähe der Telefonzelle, stellte den Motor ab, umfasste ihren Nacken und zog ihr Gesicht nah zu sich. „Willst du sehen, wohin uns dein Anruf beinahe gebracht hätte? Dann warte einfach einen Moment.“
„Nimm deine Hände von mir.“
„Meine Hände sind gerade das geringste Problem. Sei einfach still. Und warte.“ Er ließ sie los.
„Worauf soll ich warten?“
„Das wirst du gleich sehen.“ Brütend starrte er in die Dunkelheit.
Es dauerte keine fünf Minuten. Seiner Berechnung nach war seit ihrem Anruf höchstens eine Viertelstunde vergangen. Der Lieferwagen fuhr langsam vor die Telefonzelle. Zwei Männer stiegen aus.
„Erkennst du sie?“
Natürlich, sie hatte sie ja erst vor ein paar Stunden gesehen. Einer von ihnen hatte ihre Tür aufgebrochen. Der andere hatte auf sie geschossen. Entsetzt schloss M.J. die Augen. Sie hatten den Anruf von Baileys Telefon aus zurückverfolgt. Der kleinere der beiden Männer lief in das Pub, während der andere neben der Telefonzelle stehen blieb und die Straße beobachtete. Seine linke Hand steckte unter dem Jackett.
„Er wird dem Barkeeper ein paar Dollar zustecken, um zu erfahren, ob du in dem Pub warst, ob du allein warst und wann du gegangen bist. Sie werden nicht lange hier bleiben. Nachdem sie jetzt erfahren werden, dass wir noch zusammen unterwegs sind, werden sie nach dem Auto suchen. Darum können wir heute Abend nicht mehr damit herumfahren.“
Stumm sah sie zu, wie der zweite Mann wieder auf die Straße trat und sich zu dem ersten gesellte. Sie schienen kurz zu streiten, dann kletterten sie wieder in den Lieferwagen. Mit quietschenden Reifen fuhren sie los.
Sie schwieg noch einen Moment. „Du hattest recht“, sagte sie schließlich. „Tut mir leid.“
„Wie bitte? Ich habe das gerade nicht richtig verstanden.“
„Du hattest recht.“ Jetzt war sie den Tränen nahe. „Tut mir leid.“
Ihre erstickte Stimme machte ihn nur noch wütender. „Das kannst du dir sparen“, zischte er und fuhr wieder los. „Wenn du dich das nächste Mal umbringen willst, sorg einfach dafür, dass ich nicht in der Nähe bin.“
„Ich musste es versuchen. Ich musste einfach. Ich dachte, du übertreibst oder willst mich einfach ärgern. Es war falsch. Wie oft
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