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Der Gefundene Junge

Der Gefundene Junge

Titel: Der Gefundene Junge Kostenlos Bücher Online Lesen
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Katze?«
    Â»Ich glaube, sie ist nach oben gelaufen. Vielleicht versteckt sie sich aber auch.«
    Der kleine Mann spuckte aus und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund. »Gut. Ich erlaube dir, mir herunterzuhelfen.«
    Ein bisschen aufgeregt über die Gelegenheit, den kleinen Mann zu berühren, legte Hap die Handflächen zu einer Schale zusammen und näherte sie dem Tisch. Der Jäger kräuselte verächtlich die Lippen, ignorierte diese Geste und sprang stattdessen auf Haps Unterarm. Dann setzte er sich rittlings auf Haps Handgelenk und hielt sich an seinem Hemdsärmel fest. »Kann losgehen.«
    Hap hob den Arm vorsichtig vom Tisch und ging mit leicht gebeugten Knien ganz langsam zur Wand.
    Der kleine Mann boxte Hap überraschend kräftig auf den Arm. »Setz mich einfach ab, du grünäugiger Blödmann. Gehen kann ich ja schließlich, oder?«
    Hap kniete sich mit einem Bein auf den Boden und senkte so waagerecht wie möglich seinen Arm. Der Jäger wartete nicht, bis er am Boden angekommen war, sondern sprang ab, fiel die letzten dreißig Zentimeter durch die Luft und landete mit der Grazie eines Akrobaten auf zwei Füßen und einer Hand. Ohne einen Blick zurück hob er sein Messer vom Boden auf, packte mit beiden Händen den Schwanz der Ratte und zog sie zum Spalt in der Wand.
    Hap kämpfte gegen den Impuls an, Gern geschehen zu rufen, und sagte stattdessen: »Warte! Ist dir hier vor ein paar Minuten etwas Merkwürdiges aufgefallen? So etwas wie ein Faden, der in der Luft hing? Er ging genau bis zu dem Spalt, in dem du wohnst.«
    Das Männlein schaute sich um. »Bist du krank im Kopf oder so was?«
    Â»Wie bitte? Nein – ich habe mich nur gefragt, ob du etwas Seltsames gesehen hast. Ich hab es nämlich gesehen. Zumindest glaube ich das.«
    Der kleine Mann setzte kopfschüttelnd seinen Weg fort und rief Hap über die Schulter hinweg zu: »Wenn ich diese Katze noch einmal sehe, bringe ich sie um.« Ein paar Sekunden später verschwand er, seine Beute hinter sich herziehend, in der Wand.

17
    Die monströse Kreatur war mindestens doppelt so groß wie ein Mensch. Sie hatte schuppige grüne Haut und strähnige Haare, in denen Seetang hing. Gedrehte Stoßzähne ragten aus beiden Mundwinkeln. Sie entstieg einem gezackten Loch im Rumpf eines Schiffswracks. In der Nähe zog sich ein Seemann mit letzter Kraft aus dem schäumenden Meer auf einen Felsen. Einige Seemänner, die weniger Glück gehabt hatten, trieben leblos in den Wellen. Die Kreatur trug eine Kiste auf ihren Schultern, und weil es künstlerisch mehr hergab, stand der Deckel offen, so dass man die riesigen Mengen von Perlen darin sehen konnte.
    Hap las, was unten in den Bilderrahmen eingraviert war: Küstentroll . »Hübsch«, sagte Hap stirnrunzelnd. Die Wände hingen voll mit Bildern wie diesem, in unzähligen verschiedenen Techniken gemalt oder gestochen. Es gab Abbildungen von Steintrollen, Bergtrollen, Waldtrollen und Höhlentrollen. Es gab einen Keiler, der so groß war wie eine Scheune und riesige Hauer hatte, mit denen er gerade einen hilflosen Ritter aufspießte. Und einen auf zwei Beinen stehenden Wolf mit haarigen, menschlich wirkenden Armen und einem intelligenten, durchdringenden Blick: Der Wolf mit aufrechtem Gang . Und einen Drachen gab es auch; mit weit ausgebreiteten Flügeln starrte er in ein nebelverhangenes Vorgebirge. Dort stand eine Gestalt in einem langen Gewand, die man auf Grund des Nebels kaum sehen konnte: Der Herr der Drachen.
    Hunderte Kunstwerke stapelten sich auf den Regalen und Schreibtischen. Hap zog keine Schubladen auf, da er nicht herumspionieren – oder zumindest nicht dabei ertappt werden – wollte. Also schaute er sich die Sachen an, die offen herumlagen. Er nahm einen gebogenen Knochen in die Hand, der an einer Seite spitz zulief. Drachenklaue. Gefunden in Chastor. Datum unbekannt , stand auf dem Schild.
    Hap durchstöberte noch immer die Sammlung, als die Morgendämmerung durch die schmalen Fenster hereinkroch und er jemanden auf der Treppe hörte. Er trat in die Mitte des Zimmers und tat so, als betrachtete er die hohen gemeißelten Säulen, die die Decke trugen. Balfour kam im Nachthemd hereingeschlurft. Er ging noch ein bisschen gebeugter als sonst, und als er sich aufrichtete, hörte man seine Knochen mächtig knacken und knirschen.
    Â»Hab mich beim

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