Der Gegenschlag - Extreme Measures
war der General gut zehn Zentimeter kleiner als Nash und Rapp. Sein auffallendstes Merkmal war der Kontrast zwischen seinem schwarzen Bart und dem kurzgeschnittenen grauen Haar. Der ehemalige General der Nordallianz ignorierte Nashs Hand und umarmte ihn herzlich. »Für Sie würd ich alles tun, Mike«, sagte er lachend auf Englisch, wenn auch mit ausgeprägtem Akzent.
Nash war der erste Amerikaner gewesen, der mit General Dostum zusammentraf, nachdem der Kommandeur der Nordallianz Ahmed Schah Massoud ermordet worden war. Er ebnete den Weg für den Einsatz der 5 th Special Forces Group der U.S. Army und eine Offensive, mit der die Taliban aus dem Norden verdrängt wurden. Dostum mochte ein rücksichtsloser Warlord und einer der größten Opiumexporteure Afghanistans sein, doch andererseits war er absolut loyal gegenüber jenen, die ihm geholfen hatten, die Taliban und Al-Kaida aus seinem Land zu vertreiben.
Nash sah Dostum an und sagte: »Auch wenn es bedeuten könnte, dass Sie Ärger mit dem US-Militär bekommen?«
»Eure Streitkräfte haben wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern müssen. Es wäre das Klügste, wenn sie alle ihre Gefangenen mir übergeben.«
»Ja, das wär nett, was?«
Rapp sah auf seine Uhr. »General, wir haben wenig Zeit«, warf er ein. »Bis sechs Uhr sollten wir wieder weg sein. Das heißt, wir haben nicht mehr als fünfeinhalb Stunden.« Er wandte sich wieder Nash zu. »Gibt’s noch irgendwas, bevor wir anfangen?«
Nash hatte lange darüber nachgedacht, wie sie die Zeit am besten nützen konnten. Er hatte beschlossen, dass er und Dostum sich um al-Haq kümmern würden, während Rapp Haggani übernahm. Sie hatten sich bereits auf eine Strategie geeinigt, doch nachdem Rapp mit dabei war, gab es eine Sache, auf die er noch einmal hinweisen wollte. »Vergiss nicht - keine Spuren.«
»Wie soll ich ihn dann zum Reden bringen?«, beklagte sich Rapp.
»Lass dir etwas einfallen.«
»Ich kann ihm nicht einfach in die Knie schießen?«
General Dostum nickte zustimmend. Die beiden machten Nash einigermaßen nervös. »Leute, wir dürfen wirklich keine Spuren hinterlassen.«
Rapp lächelte. »Keine Angst, ich habe etwas ganz Besonderes mitgebracht.« Rapp blickte auf die andere Seite des Raumes. »Marcus, hast du die Ratten da?«
4
DREILÄNDERECK, SÜDAMERIKA
In Afghanistan hatte Karim gegen die Amerikaner gekämpft und mit eigenen Augen gesehen, wie wirkungsvoll sie zuschlugen. Seine Kameraden behaupteten gern, dass die beeindruckenden militärischen Erfolge der Amerikaner allein dem Umstand zuzuschreiben waren, dass sie den Luftraum beherrschten, doch Karim wusste, dass es noch andere Gründe gab. Er hatte es mit ihren Hunter-Killer-Teams zu tun bekommen; das waren autonome Einheiten, die tief in feindliches Territorium vordrangen und dort verheerenden Schaden anrichteten. Karim war erst einen Monat in der Region gewesen, als sie von den Einheimischen die Meldung bekamen, dass aus einem amerikanischen Hubschrauber sieben Mann auf einem benachbarten Gipfel gelandet waren.
Kurz nach Mitternacht gab Karims Kommandeur den Befehl zum Sturm auf die Position. Fast zweihundert Mann hatten an dem Angriff teilgenommen. Zwei Züge von je dreißig Mann stiegen auf den Berg, während die anderen als Reserve im Tal warteten. Die erste Gruppe griff von Osten an, die zweite von Westen. Die Führungsmänner der Gruppen waren nur noch zehn Meter vom Gipfel entfernt, als es losging. Von ihrer erhöhten und befestigten Position aus ließen die Amerikaner die Falle zuschnappen. Nicht mehr als fünf Mann kamen unverletzt wieder vom Berg herunter. Die Verwundeten wurden oben zurückgelassen, wo sie in der kalten Gebirgsluft nach Hilfe schrien.
Der undisziplinierte Kommandeur gab sofort den Befehl zu einem zweiten Angriff und ließ mit den Mörsern das Feuer eröffnen. Sie mussten rasch erkennen, dass die
Amerikaner einen Scharfschützen im Team hatten. Alle sechs Männer an den drei Mörsern wurden erschossen, wenige Sekunden nachdem sie die erste Granate abgefeuert hatten. Eine zweite Welle von sechzig Mann stürmte den Berg hinauf, diesmal unentwegt feuernd. Zwei Stunden später humpelten ein paar Männer den Berg hinunter und schworen, dass sich da oben eine ganze Kompanie von US-Rangers verschanzt habe. Der Kommandeur wollte nichts davon hören. Er wandte sich an Karim und befahl ihm, mit seiner neu zusammengestellten Einheit aus achtunddreißig saudi-arabischen Freiheitskämpfern die Amerikaner
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