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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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erwidern. »Letzteres!«
    Der Wirt lachte. »Na, von dem einen gibt es in dieser Stadt ja so viel wie von dem anderen«, sagte er leutselig. »Erst vor ein paar Tagen hat es drüben in der Nähe vom Hasmonäer-Palast 64 eine böse Bluttat gegeben. Ein gewalttätiger Wirrkopf hat einen Sadduzäer, der Mitglied des Hohen Rates ist, auf offener Straße niedergestochen. Als ob damit etwas gewonnen wäre! Damit reizt er die Herodianer und vor allem Pontius Pilatus doch bloß bis aufs Blut! Jeder weiß doch, dass der römische Statthalter in diesen Tagen so nervös wie eine Jungfrau vor ihrem ersten Beischlaf in seinem Palast hockt und nur darauf wartet, uns seine Kohorten auf den Hals zu hetzen und ein Blutbad anzurichten.« Und dann fragte er erwartungsvoll: »Sind noch weitere Nachrichten von deinem Freund zu erwarten?«
    »Mit Sicherheit«, sagte Jona, schon um ihn sich gewogen zu halten.
    Der Wirt nickte zufrieden und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu, und Jona trat in den Abend hinaus, um sich auf den Weg zu seinem Versteck zu machen. Er wünschte, er hätte Timon noch an diesem Tag treffen können, und er spielte kurz mit dem Gedanken, sich hinüber nach Gethsemane in den Olivenhain zu begeben, von dem sein Freund gesprochen hatte. Aber dann sagte er sich, dass es unklug wäre, dieses Risiko einzugehen. Kaiphas hatte verlangt, dass er sich spätestens zum Passah-Fest wieder bei ihm einfand. Bis dahin waren es noch drei Tage. Wenn er im Laufe des Rüsttages vor ihn trat, war es immer noch früh genug. Ihm blieb also noch eine Galgenfrist, um zu entscheiden, was auf seinem letzten Papyrusblatt stehen sollte.

8
    Der Schiloach-Teich, im Südosten der Unterstadt und in unmittelbarer Nähe der hohen Stadtmauer gelegen, gehörte zu dem aufwändigen System von Aquädukten und unterirdischen Wasserleitungen, denen die große Bevölkerung Jerusalems ihre ausreichende Wasserversorgung verdankte. Diese Zuführungen brachten aus den umliegenden Bergen bestes Trinkwasser in die Stadt, das zum Teil in gewaltigen, kunstvoll gemauerten und von Säulenhallen umschlossenen Wasserbecken gespeichert wurde. Einer dieser neuen, gemauerten und aus dem Fels geschlagenen Kanäle, ein wahres Wunderwerk römischer Wassertechnik, führte sogar um ganze Berge herum und gelangte erst nach einer Strecke von über dreißig Meilen in Jerusalem an.
    Jona streifte durch die Gassen des Viertels, die von der Straße vom Schiloach-Becken her in die verwinkelte Altstadt führten und in denen sich schon die Schatten der nahenden Dunkelheit niedergelassen hatten. Nur noch der Tempelberg lag im Licht der letzten Sonnenstrahlen. Jona bewegte sich im Kreis, wenn er auch jedes Mal einen anderen Weg wählte, und kehrte alle paar Minuten zur Straße zurück, um zu sehen, ob Timon wohl schon eingetroffen war.
    Seine Gedanken gingen kurz zu Tamar. Er hatte im verlassenen Lagerhaus nicht nur alles so vorgefunden, wie Elia es ihm versprochen hatte, sondern auf dem Schemel neben der Bettstelle eine der gebräuchlichen, billigen Wachstafeln gefunden, derer man sich für schnelle Notizen und zur Überbringung von Nachrichten bediente, deren Inhalt der Überbringer getrost lesen konnte.
    Es waren nur wenige Worte gewesen, ganze sechs, die Tamar in die dünne Wachsschicht geritzt hatte, aber sie waren Balsam für seine gequälte Seele gewesen. Ich warte auf dich, Liebster! Sehnsüchtig! , hatte sie ihm geschrieben. Und er hatte an sich halten müssen, sich nicht von Tränen übermannen zu lassen.
    Endlich sah er seinen Freund. Eiligen Schrittes kam er die Straße hoch, auf der man zum südwestlichen Tor der Stadtmauer und hinaus in das Hinnomtal gelangte.
    Jona gab ihm kein Zeichen, sondern blieb nur kurz am Beginn der Gasse stehen. Als er sah, dass Timon ihn entdeckt hatte, wandte er sich um, als kannten sie sich gar nicht, und ging langsam in die Gasse hinein, wo er sich vor den Augen möglicher Späher sicherer fühlte als auf der breiten, freien Straße vor dem Wasserbecken.
    Timon hatte ihn schnell eingeholt und schloss mit ihm auf. Sie bogen in die nächste Gasse ab, die verlassen vor ihnen lag, sodass sie unbeschwert miteinander reden konnten.
    »Es tut mir Leid, dass ich nicht eher kommen konnte«, sagte Timon leise und mit angespannter Stimme. »Aber wenn du gestern Morgen oben auf dem Tempelberg gewesen bist, wirst du ja wissen, was da passiert ist!«
    »Ich war nicht einen Steinwurf von euch entfernt«, sagte Jona. »Was ist bloß in euren Rabbi

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