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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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gefahren, dass er sich dazu hat hinreißen lassen? Das war eindeutig Lästerung der gottesdienstlichen Ordnung!«
    Timon gab einen schweren Stoßseufzer von sich. »Wem sagst du das! Wir waren auch alle wie vor den Kopf geschlagen. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Ich glaube, er hat selbst gemerkt, dass er die ganze Sache damit gefährlich zugespitzt hat. Denn er hat uns mitgeteilt, dass wir mit ihm das Passah-Fest schon morgen Abend feiern werden!«
    »Aber Passah wird doch erst übermorgen gefeiert, am 14. Nisan, wenn der erste Vollmond des Frühjahrs über der Stadt steht!«, wandte Jona verblüfft ein.
    »Ja, das weiß jedes Kind«, erwiderte Timon. »Aber er fürchtet wohl, dass ihm keine Zeit mehr bleibt, den richtigen Tag abzuwarten. Und er sagte zudem, dass es ein neues Passah-Fest wird, was immer er damit auch meinen mag. Auf jeden Fall kommen wir morgen hier in der Stadt zusammen.«
    »Und wo werdet ihr euer Fest feiern?«
    »Johannes hat uns ein Obergemach in einem leer stehenden Gebäude besorgt, das einem seiner Verwandten gehört und erst einmal von Grund auf ausgebessert und neu gekalkt werden muss, bevor man es wieder vermieten kann. Es liegt gar nicht weit von hier, und zwar drüben im Essener-Viertel«, teilte Timon ihm mit und beschrieb ihm, wo das Haus genau lag. »Wir haben es uns vorhin angesehen. Es ist nicht gerade ein festlicher Raum, freundlich ausgedrückt. Aber wir können ja dankbar sein, überhaupt einen abgelegenen Raum gefunden zu haben, wo niemand fragt, wer wir sind und was wir da oben treiben. Denn ein Passah-Fest muss ja in den Mauern von Jerusalem gefeiert werden, wenn es den Vorschriften entsprechen soll. Andererseits, was kümmert sich Jesus um derartige Vorschriften, nicht wahr?« Bitterkeit sprach aus seiner Stimme, hatte doch auch er sich ihren Einzug in Jerusalem sicherlich anders vorgestellt.
    »Noch ist es nicht zu spät, die Zeichen richtig zu deuten und zu verschwinden«, sagte Jona.
    »Ach, nichts liegt Jesus ferner als so ein Gedanke«, erwiderte Timon. »Erzähl mir lieber schnell, was du wegen Berechja herausgefunden hast und wo du untergekommen bist. Ich habe nämlich nicht viel Zeit und muss leider gleich wieder weg.«
    Jona erzählte ihm eine Lügengeschichte: Einstige Arbeitskollegen von ihm hätten unter einem Vorwand in diversen guten Herbergen Erkundigungen nach dem Gutsbesitzer eingezogen und in Erfahrung gebracht, dass er schon vor einer Woche abgereist sei und auch nicht zum Passah-Fest erwartet würde. Dann teilte er Timon noch mit, wo er wohl die nächste Zeit zu finden sei, da er nirgendwo sonst eine Unterkunft gefunden habe und er einem Schlafplatz in einer der Zeltstädte nichts abgewinnen könne, zumal ihn seine jetzige Behausung nicht einen müden As kostete.
    Schon viel zu rasch nahmen sie Abschied voneinander und Jona war wieder mit seinen Sorgen allein. Er kehrte in seine Kammer im Lagerhaus zurück, las zum wiederholten Mal Tamars kurze, aber herzerwärmende Botschaft und grübelte, was er bloß tun sollte.
    In der Nacht kam ihm endlich der rettende Einfall. Das Passah-Fest, das Jesus mit seinen Jüngern feiern wollte! Das bot sich doch geradezu an, seinen geschönten Bericht damit abzuschließen. Gut, der Nazoräer feierte es einen Tag früher, was etwas respektlos und unverfroren wirkte. Aber das änderte eigentlich nichts daran, dass er damit zweifelsfrei bezeugte, ein frommer Jude und kein gefährlicher Umstürzler zu sein. Und so würde er es auch niederschreiben! Damit hätte er dann alles getan, was in seiner Macht stand, ohne zum Verräter zu werden. Und mit diesem erlösenden Gedanken schlief er ein.
    Als er am Morgen das letzte unbeschriebene Blatt Papyrus auf die Sitzfläche des Schemels legte und das Schreibzeug auf dem Boden ausbreitete, hielt er plötzlich inne. Denn da wurde ihm bewusst, dass er nicht einfach schreiben konnte, der Nazoräer habe das Passah-Mahl mit seinen Jüngern abgehalten. Solch einen nackten Knochen konnte er Kaiphas unmöglich vorwerfen. An diesem Knochen musste vielmehr reichlich Fleisch hängen. Er musste also das Fest beschreiben und mit möglichst vielen Einzelheiten ausschmücken, die deutlich zum Ausdruck brachten, dass Jesus sich dabei gesetzestreu verhalten hatte. Und das bedeutete, dass er sich am Abend zu ihnen in das Obergemach begeben musste. Natürlich würde er es nicht wagen, einfach in ihr Fest zu platzen. Aber mit der rechten Umsicht würde sich gewiss im Schutz der Nacht eine

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