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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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gelegen, bis er nachgegeben und sich mit Thaddäus einverstanden erklärt hat. Dabei wollte er von Anfang an, dass ich den Namen Timon bekam.«
    »Und den hast du dann in Qumran angenommen.«
    Timon nickte. »Ja, weil die Essener keinen in ihren Reihen dulden, der einen Namen wie einer der auf den Tod gehassten heidnischen Römer und Griechen trägt. Mir hat es nichts ausgemacht, weil mich beide Namen mit meinen Eltern verbinden.«
    Sie redeten noch eine ganze Weile über das, was hinter ihnen und was noch vor ihnen lag. Sie grübelten auch darüber nach, was Berechja wohl zwischenzeitlich unternommen hatte, um ihrer wieder habhaft zu werden, und wer von den aus der Karawanserei Entflohenen vielleicht schon wieder eingefangen war. Schließlich jedoch versickerte ihr Gespräch, als die Müdigkeit sich wie ein wohlig warmes Tuch über sie legte und ihnen nicht nur die Lippen, sondern auch die Lider schloss.
    Einer der beunruhigenden Gedanken, die Jona mit in den Schlaf nahm und die sich zu einen Albtraum verbanden, war die bange Frage, was ihn morgen in der Wüste erwartete - und ob sie es wohl auch bis zur Oase schafften, so schlecht ausgerüstet, wie sie waren.

3
    Unerbittlich brannte die Sonne vom weiß glühenden Himmel herab, der wie ein blendend greller Spiegel über der menschenleeren steinigen Einöde hing. Die Welt schien nur noch aus schroffen Kalksteinbergen, unzugänglichen Felsschluchten und Schlünden, geröllgefüllten Rinnen und labyrinthischen Wadi zu bestehen. Dazu kam der trockene, heiße Wüstenwind, der für Temperaturen wie in einem Backofen sorgte und dieser unwirtlichen Landschaft auch noch den letzten Rest Feuchtigkeit entzog.
    Das Tor zur Hölle kann nicht viel abweisender aussehen!, fuhr es Jona durch den Kopf, als er Timon schwer atmend über ein Geröllfeld folgte, das nach etwa achthundert Ellen in einen von Schründen durchzogenen Berghang überging. Und wer weiß, vielleicht steuern wir ja wirklich geradewegs auf den Höllenschlund zu!
    Sie quälten sich nun schon den zweiten Tag durch diese lebensfeindliche rot-braune Einöde aus Felsen, Sand und brütender Hitze. Dabei hätten sie nach Timons Berechnung eigentlich schon am gestrigen Abend in der Oase eintreffen müssen. Aber sie kamen viel langsamer voran, als Timon angenommen hatte, was eindeutig an ihrem schlechten Schuhwerk lag. Ihre leichten Sandalen waren nicht dazu geschaffen, ihnen auf dem Weg durch zerklüftete Felsschluchten und über steinige Berghänge einen sicheren Tritt zu gewährleisten.
    Jona wusste nicht mehr zu sagen, wann sie auf ihrem Marsch eine größere Gruppe von Krüppelbüschen und Strauchwerk oder die letzten Fleckchen mit verdörrtem Gras gesehen hatten. Hier und da stießen sie in einem Wadi zwar noch einmal auf eine mickrige Akazie, ein paar widerstandsfähige Stauden oder einen verkümmerten Busch, aber damit hatte es sich dann schon.
    Als sie das Ende des steinigen Feldes erreicht hatten, sanken sie in den Schatten eines mehr als mannshohen Felsens, der an dieser Stelle wie ein steinerner Wächter aufragte. Sie waren eingestaubt und ihnen klebte das Gewand am verschwitzten Körper. Dass ihre Kleidung im Wüstenwind in kürzester Zeit trocknen würde, war mehr Fluch als Segen.
    »Nur einen Schluck!«, mahnte Timon, nach Atem ringend, als Jona zu seinem Wasserschlauch griff und den Stopfen aus dem Verschluss zog.
    »Ich weiß«, keuchte Jona, musste jedoch seine ganze Willenskraft aufbringen, um sich auch wirklich nur einmal den Mund aus dem Schlauch zu füllen. Dabei quälte ihn der Durst so sehr, dass er meinte, einen ganzen Wasserschlauch leeren zu können. Er zwang sich, das warme Wasser möglichst lange in seinem ausgetrockneten Mund zu halten, bevor er es hinunterschluckte. Nur zu schnell war der kurze Moment der Erlösung verstrichen und der Durst setzte ihm wieder genauso stark zu wie vorher. Sein Mund, seine Kehle, ja sein ganzer Körper gierte nach Wasser, nach viel Wasser. Und obwohl sie noch weit davon entfernt waren, den Tod durch Verdursten vor Augen zu haben, bekam er doch schon eine gute Ahnung davon, was einen erwartete, wenn man mit leerem Wasserschlauch und fern der nächsten Quelle durch solch eine Wüstenei irrte.
    Timon zögerte kurz, dann gönnte auch er sich einen Schluck Wasser. »Die Oase kann jetzt nicht mehr weit sein, höchstens noch drei, vier Stunden«, sagte er und leckte sich über die feuchten Lippen, als wollte er auch den letzten Tropfen so lange wie möglich auskosten.

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