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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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nachdem Jona und Timon sich wortreich bei ihr bedankt hatten.
    »Nach En-Gedi«, antwortete Timon, ohne zu zögern.
    Überrascht hob sie die Brauen. »Ihr wollt hinunter in die Oase am Toten Meer? Da habt ihr aber noch einen beschwerlichen Weg vor euch!«
    »Mag sein, aber es gibt Schlimmeres«, erwiderte Timon vage. »Wir hoffen, dort bei guten Freunden der Familie Arbeit zu finden. Und wir wollten schon immer mal ans Tote Meer.« Und dann wechselte er geschickt das Thema, indem er sich nach einer Höhle für die Nacht erkundigte.
    Die Frau wies ihnen den Weg zu einer unbenützten Höhle am hinteren, östlichen Ende des Wadi, die nur wenige hundert Schritte hinter den Feldern lag und die sie dank ihrer Wegbeschreibung nicht verfehlen konnten. Sie sei nicht groß genug, um einer Familie als Wohnstätte zu dienen, biete jedoch zwei Durchreisenden wie ihnen in der trockenen Jahreszeit ein geschütztes Nachtquartier, wie sie ihnen versicherte. Mit einem freundlichen Gruß und ohne weitere Fragen zu stellen, kehrte sie zu ihrem Haus aus sonnengetrockneten Lehmziegeln zurück.
    »Was ist das für eine Oase, dieses En-Gedi?«, wollte Jona mit vollem Mund wissen, als sie wieder allein waren und sich mit Heißhunger über das frische Brot hermachten. »Und hast du das eben bloß so gesagt, um sie über unsere wahre Route zu täuschen, oder willst du wirklich dort hin?«
    »Ich fürchte, uns bleibt gar nichts anderes übrig, als einen Umweg über diese Siedlung unten am Toten Meer zu machen«, sagte Timon. »Denn ohne ausreichenden Proviant kommen wir nicht lebend durch die Wüste zum Jordantal. Wir müssen uns in En-Gedi für ein paar Tage Arbeit suchen, damit wir gut gerüstet nach Norden ziehen können. Und En-Gedi ist dank reichhaltiger Quellen eine blühende Oase mit Palmen, Obstbäumen und fruchtbaren Äckern und Feldern. Da sollte es uns schon gelingen, als Tagelöhner Arbeit zu finden.«
    Jona brach ein weiteres Stück warmes Brot ab und zerkaute es genüsslich. »Und wie genau sieht die Wüste aus, die uns auf dem Weg zur Oase En-Gedi und später auf dem Weg nach Norden erwartet?«
    »Ganz anders als die Wüsten östlich vom Toten Meer in Arabien, wo man schier endlose Sandmeere mit himmelwärts strebenden Dünen durchqueren muss und wo man ohne Kamele und reichlichen Wasservorrat keine Chance zu überleben hat. Die judäische Wüste birgt zwar auch genug Gefahren, ist jedoch eine steinige, bergige und zerklüftete Einöde von großer Trostlosigkeit, wo ganz wenig wächst und wo nur genügsame Wüstenratten, Schakale, Schlangen, Skorpione und ähnliches Getier genug zum Überleben finden«, erklärte Timon, der mehr als zwei Jahre in der Wüste um Qumran verbracht hatte und wusste, wovon er sprach. »Nur während der Regenzeit im Winter sprießt hier und da ein bisschen Grün, und das zumeist auch nur auf den Nordhängen der Berge. Und dann treiben die Hirten ihre Schafe und Ziegen ein Stück weit in die Wüste hinaus, damit sie den spärlichen Graswuchs abweiden. Aber jetzt im Sommer ist die judäische Wüste keine Gegend, in die man sich leichtfertig und ohne gut ausgerüstet zu sein begibt. Wenn man das dennoch tut, muss man schon ein ausgemachter Narr sein - oder in großer Not.«
    »Und da willst du mit mir hindurch?«, fragte Jona betroffen.
    »Die via maris wäre mir zwar auch angenehmer, aber auf dieser Seite von Judäa sind wir zehnmal sicherer«, sagte Timon trocken und stemmte sich hoch. »So, und jetzt lass uns die Höhle suchen, von der uns die gute Frau erzählt hat, bevor gleich schlagartig die Nacht hereinbricht!«

2
    Die Höhle am Ausgang des Wadi hatten sie schnell gefunden. Sie reichte zwar nur einige Schritte tief in den Fels hinein und gewährte wegen der großen Öffnung bei heftigem Winterregen keinen Schutz vor dem Wetter, bot ihnen beiden jedoch ausreichend Platz. Und ein Regenschauer war das Letzte, was sie fürchten mussten. Der nächste Regen würde noch viele glutheiße Sommermonate lang auf sich warten lassen.
    Zuerst vergewisserten sie sich, dass sich an diesem Ort keine Schlangen oder Skorpione eingenistet und sich für die Nacht irgendwo unter einem Felsbrocken oder in einem Spalt verkrochen hatten. Als das geschehen war, säuberten sie den Boden an der Stelle, wo sie sich gleich niederlegen wollten, von Steinen und anderen Unebenheiten. Und dann brach auch schon die Nacht herein. Wie eine glühende Eisenkugel fiel die Sonne vom Himmel. Und das Tageslicht erlosch so schnell, als

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