Der geheime Stern
Gefallen, wenn er das Tempo etwas drosselte. Er hob die Hand, um anzuklopfen, und ignorierte die spöttische Stimme in seinem Hinterkopf, die ihm vorwarf, ein Lügner zu sein – und ein Feigling.
Sie öffnete so schnell, dass man glauben konnte, dass sie nur darauf gewartet hätte. Da stand sie vor ihm in ihrem langen weißen Seidenkleid, und ihre reine, pure Schönheit ließ ihm den Atem stocken. Und obwohl er die Arme fest an die Seiten gepresst hielt, begrüßte sie ihn mit einem überschwänglichen Kuss, der ihm fast das Herz zerriss.
“Es ist so schön, dich zu sehen.” Sie strich ihm über die Wangenknochen und die dunklen Augenschatten. “Du hattest einen langen Tag, Lieutenant. Komm rein und erhol dich.”
“Ich hab nicht viel Zeit. Ich muss noch arbeiten.” Er wartete, sah die Enttäuschung auf ihrem Gesicht, doch dann ergriff sie lächelnd seine Hand.
“Nun, dann lass uns keine Zeit verlieren. Du hast noch nicht gegessen, oder?”
Warum fragt sie mich nicht, weshalb ich nicht länger bleiben kann?, überlegte er verdrossen. Warum beklagt sie sich nicht? “Nein.”
“Gut. Setz dich und trink was. Darfst du etwas trinken, oder bist du offiziell noch im Dienst?” Sie nahm die Champagnerflasche aus dem Eiskübel. “Ein Glas kann bestimmt nicht schaden. Ich verrate es niemandem.” Sie öffnete die Flasche mit einem professionellen Handgriff. Es ploppte leise. “Ich habe die Kanapees eben erst rausgestellt, also bedien dich.” Sie deutete auf das Silbertablett, dann füllte sie zwei Champagnerflöten. “Sag mir, was du denkst. Der arme Cade hat sich fast zu Tode geschuftet und Möbel hin und her geschoben, aber ich wollte zumindest das Wohnzimmer wieder in Ordnung haben.”
Das Zimmer wirkte wie aus einem eleganten Einrichtungsmagazin, alles war an seinem Platz, überall schimmerte und glänzte es, kräftige Farben mischten sich mit Weiß und Schwarz, geschmackvolle Dekorationen und Bilder, die aussahen, als wären sie mit unglaublicher Sorgfalt und über einen langen Zeitraum hinweg ausgesucht worden.
Das alles hatte sie in nur ein paar Stunden erledigt? Die Macht des Geldes.
Und doch wirkte der Raum nicht unpersönlich und kalt, sondern einladend. Antike Flaschen in strahlenden Farben, Blumen und Kerzen.
Seth sah zur Treppe hinauf. “Wie ich sehe, wurde das Geländer repariert.”
Irgendwas stimmt nicht, war alles, was sie dachte, als sie ihm sein Glas reichte. “Ja, ich wollte auch das so schnell wie möglich repariert haben. Außerdem wurde eine neue Alarmanlage installiert, was du sicherlich gut findest.”
“Ich kann mal einen Blick drauf werfen, wenn du willst.”
“Ich hätte es lieber, wenn du dich entspannst, solange du Zeit dazu hast. Soll ich jetzt das Essen holen?”
“Du hast gekocht?”
Sie lachte. “Das würde ich dir nicht antun. Aber ich bin Expertin im Essenbestellen. Ruh dich aus. Ich bin gleich zurück.”
Sie schwebte aus dem Zimmer, und sein Blick fiel auf das Tablett. Eine Silberschale voll glänzendem schwarzen Kaviar, dazu raffinierte kleine Appetithäppchen. Er stand auf und lief mit dem Glas in der Hand durchs Zimmer, um ihr Porträt zu studieren.
Als sie mit einem Servierwagen zurückkam, hielt er den Blick auf das Gemälde geheftet. “Er war in dich verliebt, oder? Der Künstler?”
Grace zuckte bei seinem kühlen Ton zusammen. “Ja, war er. Er wusste, dass es mir nicht so ging, auch wenn ich es mir gewünscht hätte. Charles ist einer der nettesten Männer, die ich kenne.”
“Hast du mit ihm geschlafen?”
Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, und doch stellte sie mit ruhigen Bewegungen die Teller auf den mit Kerzen und Blumen geschmückten Tisch. “Nein. Das wäre nicht fair gewesen, er ist mir viel zu wichtig.”
“Du schläfst also lieber mit Männern, die dir nicht wichtig sind.”
“Nein, aber ich schlafe nicht mit Männern, die ich so verletzen könnte wie Charles. Ich wollte lieber mit ihm befreundet bleiben.”
“Und die Ehefrauen?” Er wandte sich zu ihr um, musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. “Wie die Frau, die mit diesem Grafen verheiratet war? Hast du keine Bedenken gehabt, sie zu verletzen?”
Grace nahm ihr Glas und hob stolz das Kinn. Mit dem Grafen, den er meinte, hatte sie nie geschlafen, und auch mit keinem anderen verheirateten Mann. Allerdings hatte sie es nie für nötig gehalten, diese Tatsache in der Öffentlichkeit klarzustellen, und daran hatte sich nichts geändert.
“Warum sollte
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