Der geheime Stern
ich? Ich war nicht mit ihr verheiratet.”
“Und der Typ, der versucht hat, sich umzubringen, nachdem du die Verlobung gelöst hast?”
Sie trank einen kühlen Schluck Champagner, der ihr unangenehm im Hals kratzte. “Überaus dramatisch von ihm, nicht wahr? Ich vermute, du bist nicht in der Stimmung für Caesar’s Salad und Steak Diane, oder, Lieutenant? Gutes Essen passt nicht zu einem Verhör.”
“Niemand verhört dich, Grace.”
“O doch, allerdings. Aber du hast vergessen, mir vorher meine Rechte zu erklären.”
Ihre Wut machte es ihm leichter, seine eigene zu rechtfertigen. Es ging nicht um diese Männer – nicht die Beziehungen, die er ihr vorwarf, nagten so an ihm. Sondern die Tatsache, dass sie für ihn keine Rolle spielten, dass ihm aus irgendeinem Grund nichts wichtig war außer ihr selbst.
“Seltsam, dass du so empfindlich auf meine Fragen reagierst, Grace. Bisher hast du doch auch nicht versucht, deine … Männerbekanntschaften zu verheimlichen.”
“Ich habe mehr von dir erwartet.” Sie sprach leise, fast unhörbar, dann schüttelte sie den Kopf. “Wie dumm von mir. Nein, ich habe mir nie die Mühe gemacht, etwas zu verheimlichen – es sei denn, es war mir wichtig. Die Männer waren nicht wichtig. Willst du hören, dass es mit dir anders ist? Und würdest du mir glauben, wenn ich es sagte?”
Er befürchtete, dass er ihr tatsächlich glauben würde. “Das ist nicht nötig. Das mit uns ging viel zu schnell, Grace. Ich fühle mich nicht wohl dabei.”
“Verstehe. Du möchtest die ganze Sache etwas langsamer angehen.” Sie stellte das Glas ab, weil sie wusste, dass ihre Hand gleich zu zittern anfangen würde. “Wie mir scheint, hast du hinter meinem Rücken ein paar Riesenschritte gemacht. Ich hätte als Kind wirklich öfter dieses Spiel spielen sollen, dann würden mir plötzliche Bewegungen eher auffallen.”
“Das hier ist kein Spiel.”
“Nein, wohl nicht.” Sie hatte ihren Stolz, aber sie hatte auch ein Herz. Und sie musste die Wahrheit wissen. “Wie konntest du heute Morgen auf so eine Weise mit mir schlafen, Seth, und dich jetzt so benehmen? Wie konntest du mich so berühren und mir jetzt so wehtun?”
“Ich will dir nicht wehtun.”
“Das macht es nur noch schlimmer. Du tust uns beiden einen Gefallen, nicht wahr? So stellst du es dir doch vor, oder? Die Sache beenden, bevor es zu kompliziert wird. Bevor es zu spät ist.” Ihre Stimme brach, dann riss sie sich wieder zusammen. “Es ist schon kompliziert.”
“Verdammt.” Er ging auf sie zu, blieb aber wie angewurzelt stehen, als sie den Kopf hochriss und ihn mit ihrem Blick durchbohrte.
“Wage es nicht, mich anzufassen, während du solche Gedanken im Kopf hast. Geh du deinen Weg, Lieutenant, und ich gehe meinen. Ich halte nichts davon, die Dinge langsamer anzugehen. Entweder man geht nach vorn, oder man bleibt stehen.” Wütend über sich selbst wischte sie sich eine Träne von der Wange. “Offenbar sind wir stehen geblieben.”
11. KAPITEL
E r stand nur da und fragte sich, was zum Teufel hier eigentlich passierte. Hier war die Frau, die er liebte und die ihn aus irgendeinem Grund möglicherweise ebenfalls liebte. Hier war die Chance auf ein Leben, von dem er nicht einmal gewagt hatte zu träumen. Auf eine Frau, eine Familie, ein Heim. Und er stieß das alles von sich, mit beiden Händen, und konnte einfach nicht damit aufhören.
“Grace … ich möchte uns doch nur Zeit geben zu überlegen, was wir tun und wohin es führt.”
“Nein, das möchtest du nicht.” Sie warf verärgert ihr Haar zurück. “Meinst du vielleicht, nur weil ich dich erst seit ein paar Tagen kenne, weiß ich nicht, wie du tickst? Ich war dir näher, als ich je zuvor einem Mann nah gewesen bin. Ich kenne dich.” Sie zwang sich zu atmen. “Du willst wieder das Steuer in die Hand nehmen und alles unter Kontrolle bringen. Die ganze Sache ist dir aus den Händen geglitten, und das kannst du nicht ertragen.”
“Vielleicht ist es so.” Es war so. Es war sogar ganz genau so. “Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich mitten in den Ermittlungen stecke und nicht so objektiv bin, wie ich sein müsste. Wenn der Fall erst mal geklärt ist …”
“Was dann?”, fragte sie. “Dann machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben? Das denke ich nicht, Lieutenant. Was passiert denn, wenn du in den nächsten Ermittlungen steckst? Und in den übernächsten? Wirke ich vielleicht wie eine Frau, die herumsitzt und abwartet, bis
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