Der geheime Tunnel: Erotischer Krimi (Gay Erotic Mystery) (German Edition)
kommt im Bankgeschäft ziemlich häufig vor«, fuhr Morgan fort. »Auch bei uns hat sich einer die Finger verbrannt. Ich war selbst schon versucht; man kann auf diese Weise über Nacht ein Vermögen machen. Aktien und Wertpapiere bewegen sich so schnell. Man zweigt sich ein bisschen was ab, und kein Mensch merkt etwas.«
Mein Fall fiel in sich zusammen wie ein Ballon, dem die Luft entwich.
»Und nun, meine Herren«, sagte Dickinson mit wiedererwachtem Selbstvertrauen, »bin ich gern bereit, das Geschehene zu vergessen, wenn Sie mich meine Arbeit weitermachen lassen.«
»Und wie sieht diese Arbeit aus?« Ich hörte mich an wie ein schmollendes Kind, dem man das Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. »Entführung und Vergewaltigung von jungen Männern?«
»Ach, Ihr kleiner Freund.«
»Und ich. Sie scheinen vergessen zu haben, dass Sie mich eben noch umbringen wollten.«
»Kommen Sie, Mitchell. Sie übertreiben maßlos. Wir hatten nur ein wenig Spaß, das war alles. Ich hätte gedacht, dass gerade Sie daran Interesse hätten, die – nun, sagen wir, dunkleren Winkel des Spielplatzes zu erkunden? Der junge Bertrand jedenfalls hat sich nicht beklagt, nicht wahr, mon ami ?«
Bertrand ließ den Kopf hängen. O Gott, war denn nichts so, wie es den Anschein hatte? Hatte Bertrand sich von diesem Mann wirklich zu einer Art sexueller Sklaverei verleiten lassen? Er hatte stets behauptet, Dickinson zu verabscheuen – aber das hatte er auch über Simmonds gesagt. Wurde er denn tatsächlich von seinem gierigen Loch beherrscht?
»Sie sehen, Mitch«, fuhr Dickinson fort, »dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie aussehen. Wenn Sie mal so lange als Ermittler gearbeitet haben wie ich, werden Sie das verstehen. Der äußere Anschein kann täuschen. Sehen Sie sich nur mal unseren Mr. Taylor an. Auf den ersten Blick kämen Sie nie darauf, dass er so ist, wie er ist. Er kann das sehr gut verbergen. All diese Hauptdarstellerinnen und Schönheiten der Gesellschaft, die ständig an seinem Arm hängen. Ihr Problem, Mitch, ist, dass Sie immer nur das sehen, was Sie sehen wollen. Sie wollen, dass der Polizist der Übeltäter ist, weil ich manchmal ein ziemlicher Mistkerl sein kann. Ich entspreche nicht Ihren hehren Maßstäben. Nun, das tut mir sehr leid, aber in meinem Metier kann man nicht immer nur den strahlenden Helden spielen.«
Ich schämte mich. Ich sah zu Morgan; der starrte bedrückt zu Boden.
»Aber Sie wollten mich töten.«
»Mitch, wenn ich Ihnen Angst eingejagt habe, möchte ich mich dafür entschuldigen.« Dickinson glitt vom Sofa und stand schwankend auf. »Uff! Das Zeug ist ziemlich stark! So viel sollte man davon nicht nehmen. In kleinen Dosen macht es Spaß, aber …« Er stolperte und legte den Arm um meine Schulter. Ich spürte die Wärme seines nackten Leibes, als er sich an mir abstützte. Wieder roch ich den unverkennbaren Zitrusduft. Herrgott, was war ich doch für ein Narr gewesen, ein vorwitziger Störenfried!
McDonald erschien wieder an der Tür. »Ein junger Mann will Mr. Simmonds sprechen, Sir.«
Wahrscheinlich mit weiteren ›Beweisen‹, um mich dämlich aussehen zu lassen, dachte ich mir. Ich sah hoch zu Dickinson – er war mehrere Zentimeter größer als ich – und sah, wie er nachsichtig lächelte.
»Macht nichts, Mitch«, flüsterte er mir ins Ohr. »Wir machen schon noch einen Detektiv aus Ihnen.«
Die Tür ging auf, und herein kam Arthur, der Gepäckträger aus dem Flying Scotsman.
Dickinson erstarrte.
»Arthur!«, rief Simmonds und sprang auf. »Du hast es geschafft!«
»Ja, Sir. Sieht aus, als käme ich gerade noch rechtzeitig.« Er machte große Augen beim Anblick all der nackten Haut. »Meine Güte, Mr. Dickinson!« Er pfiff. »Schön, Sie zu sehen, Sir.«
Ich fragte: »Hat man den Tunnel abgesucht, Arthur?« Ich musste es wissen. Davon hing alles ab. War der Tunnel leer, wie Dickinson behauptete, dann würde ich nicht nur dumm dastehen, sondern auch die Suppe auslöffeln müssen, die ich mir eingebrockt hatte. Ich hatte einen Polizeibeamten angegriffen und sehr schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Da ich Dickinsons skrupellose Methoden kannte, konnte mir das ernsthafte Schwierigkeiten einhandeln.
»Nur zu, Arthur«, sagte Dickinson. »Und achte immer schön darauf, bei der Wahrheit zu bleiben. Du weißt ja, was mit Jungs passiert, die Lügen erzählen.«
In Dickinsons Blick lag ein böses Funkeln, und für einen Moment schien Arthur der Mut zu verlassen. Ohne Zweifel hatte
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