Nimm mich
PROLOG
„Heiraten Sie mich!“
„Wie bitte?“ Mit zusammengekniffenen Augen sah Jessie Adams zu dem Mann hinüber, der an einem der hinteren Tische des Restaurants saß. Er hatte sie gerufen, noch bevor er seinen ersten Kaffee ausgetrunken hatte.
Sie bildete sich doch tatsächlich ein, er hätte sie um ihre Hand gebeten. Heiraten Sie mich? Ach du liebe Güte!
Regen prasselte auf den dunklen Parkplatz, auf dem nur sein tiefergelegter silberner Sportwagen stand. In seinem dunklen Haar und auf seinem schwarzen Wollmantel glitzerten Wassertropfen. Das Neonschild vor dem beschlagenen Fenster blitzte kurz auf und erleuchtete sein Gesicht.
Himmel, was für ein gut aussehender Mann! Und was für eine willkommene Abwechslung. Es war ein furchtbarer Tag gewesen. Eine furchtbare Woche. Ein furchtbarer Monat. Jessie seufzte. Auch das wird vorübergehen. Zumindest hatte sie das irgendwo gelesen und hoffte inständig, dass es stimmte.
Ganz kurz gab sie sich der Vorstellung hin, dass ihr Traumprinz gekommen war, um sie kurzerhand zu entführen. Dass er ihr tatsächlich einen Heiratsantrag gemacht hatte. Bei ihrem Pech in letzter Zeit war es jedoch wahrscheinlicher, dass er ihr noch ihre letzten zwanzig Kröten abknöpfen und die Kasse leer räumen würde. Verstohlen betrachtete sie ihn noch einmal von Kopf bis Fuß.
„Nun?“, fragte er.
„Was nun?“ Jessie versuchte, nicht zu eifrig zu klingen. Er roch so gut, am liebsten hätte sie sich an ihn geschmiegt, die Augen geschlossen und einfach nur eingeatmet.
„Werden Sie mich heiraten?“
Bleib ruhig, mein Herz . „Ist heute Donnerstag?“
„Freitag.“
„Tut mir leid, ich heirate fremde Männer nur donnerstags.“ Sie füllte Kaffee nach. „Da müssen Sie schon bis nächste Woche warten.“
„Nächste Woche ist es zu spät.“ Sein müder Blick ruhte auf ihrem Gesicht, wanderte dann über ihre flache Brust zu ihren dünnen Beinen und wieder nach oben. „Was zum Teufel haben Sie mit Ihrer Frisur angestellt?“
Verlegen fasste Jessie sich in die orangefarbenen, struppigen Haare. „Frisch gefärbt.“ Weil sie gehofft hatte, dass man als Blondine mehr Spaß am Leben hatte. Super Idee!
„Was immer Sie damit bezwecken wollten …“
Hat nicht funktioniert.
„Mir gefällt es“, entgegnete sie schnippisch. Sie spürte einen Druck auf der Brust. Er war ein Unbekannter. Warum interessierte es sie, was er von ihrer Frisur hielt? „Trinken Sie aus. Wir schließen in zwanzig Minuten.“ Diese Tatsache erinnerte sie an viel dringlichere Probleme. Ihr blieben noch genau vier Tage, bevor sie ihre Wohnung räumen musste, und bisher hatte sie noch nichts Bezahlbares gefunden. Natürlich würde sie auch nach Sacramento oder Tahoe ziehen. Wenn sie mehr als siebenundzwanzig Dollar auf der hohen Kante hätte. Wenn der Freund ihrer Mutter nicht ihr Auto geklaut hätte. Und wenn sie …
„Sie sind einfach perfekt.“ Die aufregende Stimme des Mannes hielt sie davon ab, ganz schnell wieder hinter der Theke zu verschwinden. „Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen.“
Darauf könnte ich wetten . „Hören Sie, Kumpel, meine Füße tun weh, meine Schicht ist gleich zu Ende, und so gerne ich hier mit Ihnen sitzen und plaudern würde, ich muss noch die Küche aufräumen. Wenn es Ihnen also nichts ausmachen würde …“
„Lassen Sie mich doch erst mal ausreden …“
Jessie stellte die Rechnung aus und knallte sie vor ihm auf den Tisch. „Wenn Sie noch mehr Kaffee wollen, bedienen Sie sich.“
In der makellosen Küche war nicht mehr viel zu tun. Von zwei Truckern abgesehen war sie den ganzen Abend über alleine gewesen, was bedeutete, dass sie so gut wie kein Trinkgeld bekommen hatte. Schnell räumte Jessie das wenige Geschirr in die Spülmaschine. Als sie sich wieder umdrehte, stand der Fremde in der Küchentür, die Hände in den Manteltaschen vergraben, und beobachtete sie.
Was dieser elegante Mann gerade vor sich sah, wusste sie nur zu genau. Sie war nicht gerade eine Schönheit. Viel zu dünn, und sollte sie irgendwann einmal Brüste bekommen, dann wahrscheinlich in einem Alter, in dem umgehend Hängebrüste daraus wurden. Sie hatte ihr verschandeltes Haar unordentlich auf dem Kopf zusammengesteckt, sodass es aussah wie ein Nest aus gelbem und orangefarbenem Stroh. Hübsch an ihr waren nur ihre Augen. Ein Truckfahrer hatte mal gesagt, sie sähen aus wie Kuhaugen. Sie war sich zwar nicht sicher, ob das als Kompliment durchging, aber zumindest hatte er sehr
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