Der geheime Zoo. Auf der Jagd nach den Yetis
erst mal einen Kakao», sagte sie, ging zum Schrank in der Küche und holte die Kakaopackung hervor. «Wir frieren uns tot. Es schneit nämlich draußen.»
«Wirklich?», sagten die Damen. Sie drehten sich zum Fenster um, vor dem allerdings die Vorhänge zugezogen waren. Doch keine stand auf und öffnete sie.
«Nicht viel», fügte Ella hinzu. «Bloß so viel, dass es gerade liegen bliebt.»
«Na, Gott sei Dank», sagte Mrs Cooper. «Es ist ja wohl noch ein bisschen früh im Jahr, um Schnee zu schippen.»
Die Damen nickten zustimmend und wandten sich wieder ihrem Spiel zu.
Ella füllte zwei Becher und stellte sie in die Mikrowelle. Richie kam zu ihr in die Küche. Die Spitzen seiner bunten Turnschuhe spiegelten sich im Ofen und im Kühlschrank.
Die Mikrowelle gab ein Ping-Geräusch von sich, und Ella nahm die dampfenden Becher heraus. Sie stellte sie vor Richie auf den Tresen.
«Sehr heiß. Verbrenn dich nicht.»
Richie hob das Schokoladengetränk an die Lippen, blies darauf und nahm einen Schluck. Kakao lief ihm das Kinn hinab.
«Ehrlich, Richie.» Ella nahm eine Serviette und wischte ihm das Kinn ab wie eine Mutter. «Wie blind bist du eigentlich?»
Richie blinzelte zu ihr hinüber. «Sagen wir mal, dein Gesicht sieht aus, als hätte ein richtig großer Daumen es zerquetscht.»
Die beiden schlürften ihren heißen Kakao und sahen dabei auf die Uhr. Die Minuten schlichen vorbei. Im Esszimmer spielten die Frauen Karten und lachten zu laut.
Sobald es zehn Uhr war, stellten Ella und Richie die Becher in die Spüle und gingen zur Haustür.
«Wir sind gleich wieder da», sagte Ella, als sie die Tür öffnete.
«Passt auf euch auf!», rief Ellas Mutter. «Damit euch der schwarze Mann nicht holt.»
Die beiden Scouts tauschten einen nervösen Blick. Dann gingen sie nach draußen.
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18. Kapitel
Schneeflockenjagd
E lla und Richie duckten sich und huschten durch den Garten der Millers. Das Grundstück führte zu einem kleinen Waldgebiet zwischen den Nachbargärten. Die Scouts liefen um umgefallene Baumstämme und Äste herum und hielten auf einer Lichtung an. Dort sahen sie sich um. In den umliegenden Häusern waren die Lichter bereits erloschen. Die Scouts waren beruhigt, dass niemand sie sehen konnte, und wandten ihre Aufmerksamkeit den Bäumen zu.
«Ich sehe gar keine», meinte Ella.
«Ich auch nicht», sagte Richie. Er rückte seine Brille zurecht, die Ella ihm zurückgegeben hatte.
Um sie herum fielen ein paar Schneeflocken.
«Sind sie überhaupt da?»
Richie zuckte die Schultern. «Tameron hat doch gesagt, um zehn Uhr, oder?»
Sie nickte. Bei Tamerons Namen musste sie an die Descender denken. Sie fragte sich, ob diese sie von ihren Posten im Zoo aus sehen konnten, entschied aber, dass das nicht möglich war.
Sie wanderten ein bisschen herum und hielten dabei den Blick nach oben gerichtet. Die Zweige über ihnen bewegten sich nicht. Richie hockte sich neben einen hohlen Baumstamm und leuchtete mit seiner Taschenlampe hinein. Schulterzuckend richtete er sich auf. Nichts.
«Wir müssen rauf», sagte Ella.
«Wo rauf?»
Ella deutete in die Bäume. «Da rauf.»
«Niemals.»
«Komm schon, das dauert doch nur eine Sekunde. Ich will diese kleinen Tierchen sehen.»
«Du weißt doch, wie ich klettere.»
Ella packte Richie an der Hand und zog ihn zu einem Baum. Sie kniete sich hin und verschränkte die Hände für Richie zu einer Räuberleiter. «So. Der erste Schritt ist immer der schwierigste.»
«Und der zweite und der dritte und …»
«Richie!»
Er murmelte etwas vor sich hin, dann stellte er den Fuß in ihre Hände. Er drückte sich ab und platzierte den anderen Fuß in einer Astgabel. Als er sich hochziehen wollte, verlor er das Gleichgewicht und kippte zur Seite, sodass er mit seinem hinteren Ende Ellas Kopf berührte.
«Igitt!», stöhnte Ella. «Dein Hintern ist in meinem Gesicht!»
Richie fand sein Gleichgewicht wieder und kletterte in den Baum. Ella richtete sich wieder auf, verzog das Gesicht und schüttelte die Hände aus. «Iiieeh», sagte sie. «Total iiiieeh, iiieeh, iiieeh!»
Sie lief zu einem anderen Baum, sprang hinauf und kletterte mit den langen, anmutigen Bewegungen einer Turnerin nach oben. Richie dagegen kämpfte sich nur mühsam voran, brach Zweige ab und musste sich immer wieder am Stamm festklammern. Nach etwa sechs Metern hielt Ella an und wartete auf Richie. Ein paar Minuten später war er mit ihr auf einer Höhe.
«Siehst du was?»,
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