Der geheimnisvolle Gentleman
aufgeregt.
»Zweitens: Wenn die Kette sich verhakt, könnte ich selbst zwischen den Mühlstein geraten.«
Olivia fiel in sich zusammen. »Oh, das ist nicht gut.«
»Mein zweitliebster Plan war, Sumner zu überraschen,
wenn er hereinkommt, ihn mit der Kette zu erwürgen, ihm den Schlüssel abzunehmen und zu verschwinden.«
»Das gefällt mir. Vor allem der Teil, wenn es Sumner an den Kragen geht. Warum ist das nicht dein Lieblingsplan?«
»War er auch. Doch dann ist er abgehauen und war die ganze Zeit fort. Bis heute offenbar.«
Olivia riss die Augen auf. »Er hat dich angekettet hier zurückgelassen und sich auf den Weg gemacht, um für mich zu arbeiten? Wie hast du überlebt?«
»Da drüben in der Ecke tropft ein bisschen Wasser durch. Und was Essen angeht, ich habe einfach vor einer Weile aufgehört, daran zu denken.«
Olivia streckte ihm ihren Arm entgegen. »Gib mir deine Hand.« Er legte seine kalte Hand in ihre. Sie ließ ihre Finger über sein Handgelenk und unter den zerschlissenen Hemdenärmel gleiten.
Sein Arm bestand nur noch aus Haut, Knochen und ein paar Sehnen. »Oh, Walter!«
Er zog seine Hand weg. »Na ja, du weißt, dieser verdammte Sumner.«
Ihr war eiskalt vor Zorn. »Lass mich ihn erwürgen. Bitte!«
»Mit Vergnügen. Wenn er je zurückkommt.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Licht erhellte den Raum.
33. Kapitel
A ls das Licht hereindrang, stellte Walter sich tot. Geblendet hob Olivia einen Arm vors Gesicht. Was zunächst wie gleißender Sonnenschein gewirkt hatte, war nichts weiter als das Licht einer billigen Laterne.
Sumner hielt die Laterne hoch in die Luft. »Wer hat Eure Fesseln gelöst?«
Olivia breitete die Arme aus. »Der Geist. Wer sonst?«
Sumner war anscheinend nicht abergläubisch. Seine Miene wurde höhnisch. »Schwachsinn. Ihr habt Euch selbst befreit, nicht wahr?« Olivia musterte ihn herausfordernd. »Du musst uns freilassen. Walter ist sehr krank.«
Sumners besorgte Miene überraschte sie. »Das weiß ich. Das ist einer der Gründe, warum ich Euch hierhergebracht habe.«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
»Er wäre beinahe ertrunken.«
Olivia kniff die Augen zusammen. »Schwachsinn«, zitierte sie ihn.
»Ich habe es aus demselben Grund getan, aus dem ich auch Euch entführt habe. Um Euch zu beschützen.« Er kniete sich neben Walter und befühlte seine Stirn. »Wir waren auf dem Vergnügungsschiff, Wallingford, wir und er.«
Olivia glaubte nicht, dass er Walter damit meinte.
Sumner fuhr fort. »Sie wollten Euren Bruder töten, als er sich weigerte zu kooperieren. Ich bin ihm an Deck gefolgt und habe ihn unschädlich gemacht. Ich wollte ihn in einem der kleineren Boote fortschaffen. Er stürzte hingegen nach links statt nach rechts und somit ins Wasser. Es war verdammt knapp.« Er schüttelte den Kopf. »Das Wasser war ziemlich dunkel.«
Erwartete er, dass er ihr leidtat? Walter hätte sterben können, und das konnte immer noch passieren, wenn sie ihren Bruder nicht schnellstmöglich zu einem Arzt schaffte!
Sumner fuhr fort und erzählte ihr alles. Er war der unfreiwillige Helfer eines französischen Spions, der ihn wegen seiner kriminellen Vergangenheit in der Hand hatte. Er wurde dazu gezwungen, gegen sie vorzugehen, aber er brachte es nicht übers Herz, jemanden zu töten, der so freundlich zu ihm war.
Während er immer weiter redete, wurde Olivia bewusst, dass Sumner ein schwacher Mensch war, jedoch nicht böse.
Er erklärte, dass er sein Bestes gegeben habe, um den Plan seines Meisters, Dane zu manipulieren, zu vereiteln, indem er Olivia und Dane davon abhielt, eine glückliche Ehe zu führen. Als Dane Olivia fortschickte, habe sein Meister leider entschieden, sie aus dem Weg schaffen zu lassen, um freie Bahn für einen zweiten Versuch zu haben.
Sumner war aufgetragen worden, sie zu töten, genauso wie er ihren Bruder umbringen sollte.
Olivia atmete tief durch, als Sumners Geschichte zu Ende war. Sie musste vorsichtig sein. Er machte einen ziemlich verstörten Eindruck auf sie.
Mit einem Mal schlug sie ihm auf den Kopf. »Du verdammter Idiot!«, kreischte sie ihn an. »Hast du nicht kapiert, wer mein Mann ist? Wer ich bin? Wenn du zu mir gekommen wärst, hätte ich dir helfen können. Ich hätte deinetwegen zum Prinzregenten persönlich gehen können. Du hättest uns nicht entführen müssen!«
Sumner hob schützend beide Hände. »Gerettet! Nicht entführt – gerettet!«
Olivia stützte beide Fäuste in die Hüften. »Sei
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