Der Geist der Liebe - Miles, C: Geist der Liebe - MacGowans's Ghost

Augenbraue hoch.
    Allie lehnte sich zurück. »Ich glaube, es sind Schuldgefühle, Mary. Kait fühlt sich schuldig, weil sie ihren Sohn vernachlässigt hat, und nach allem, was ich über ruhelose Seelen gelernt habe, ist es wohl so, dass sie sich nach dem Tod umso schuldiger fühlen, je mehr Schuld sie im Leben auf sich geladen haben. Und diese Schuld belastet sie - weil sie die Vergangenheit nicht ändern können.« Allie sah zu Justin hinüber. »Sie werden bösartig und verfügen über mehr Macht als die unbelasteten Seelen. Es braucht die Macht eines Sterblichen, um sie dazu zu bringen, etwas gegen ihren Willen zu tun.«
    Wee Mary schnalzte mit der Zunge. »Ach Kindchen, dann sei bitte noch vorsichtiger, aye?«
    Allie lächelte. »Das werde ich sein. Und nun geh wieder schlafen, Mary. Und nochmals vielen Dank.«
    Wee Mary erwiderte das Lächeln und ging zurück in ihr Schlafzimmer.
    »Wie willst du wissen, dass du sie erreichen kannst?«
    Allie sah Justin an. Seine Stimme hatte nichts von der gewohnten Unbeschwertheit und war tödlich ernst geworden.
    »Es gibt keine bösartige Seele, die Allie nicht erreichen könnte«, sagte Dauber. »Ich habe sie mit den übelsten Seelen umgehen sehen.«
    Justin biss die Zähne zusammen, wie es auch Gabes Art war, und betrachtete Allie einige Sekunden lang. »Kaits Geist ist sehr gefährlich«, sagte er dann. »Hätte ich gewusst, dass sie Gabe auf so schreckliche Weise erscheint, wie es heute Abend der Fall war, hätte ich dir nie eine solche Nähe zu ihr erlaubt. Sie hat an Macht gewonnen, Allie. Sie kann dir etwas antun.«
    Allie drückte eines der Sofakissen an ihre Brust und schlang ihre Arme darum. »Ich glaube nicht an das durch und durch Böse, Justin. Das kann ich einfach nicht. Und was Kait angeht?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, dass ihre Schuldgefühle immer größer geworden sind, als sie mitansehen musste, dass Jake ohne sie aufwächst. Und dass Gabe sein Leben radikal verändert und einen so großen Einfluss auf ihren Sohn hat. All diese unverarbeiteten Emotionen haben von ihr Besitz ergriffen, haben sie verbittert und böse gemacht und dazu geführt, dass ihre wahre Seele verloren gegangen ist.« Sie erwiderte Justins Blick. »Sie kann nichts dafür.«
    Justin lehnte sich zurück, streckte seine langen Beine aus und schlug sie übereinander. Er strich über seinen Kinnbart, als er Allie ansah. »Ich glaube nicht, dass ich jemals einer so außergewöhnlichen Frau wie dir begegnet bin, Allie - weder im wahren Leben noch in diesem.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. »Du erstaunst mich immer wieder.«
    Allie spürte, wie sie errötete. »Du bist verrückt, Justin Catesby.«
    »Und du, Allie Morgan«, sagte er, wieder mit ernster Miene, »solltest besser froh sein, dass ich ein Geist und kein lebendiger Mann bin.« Nachdem er sie schweigend einen Moment gemustert hatte, lächelte er ein wenig. »Gabe MacGowan kann sich wirklich glücklich schätzen.«
    Allie erwiderte das Lächeln. »Und ich genauso«, sagte sie. »Wie viele andere Frauen haben schon das Glück, so viele wundervolle Freunde zu haben?«
    Justin seufzte. »Wie ich das Wort Freunde hasse! Wäre ich nicht schon tot, würdest du mich noch ins Grab bringen, Mädchen.« Er sah Dauber an, der die ganze Zeit geschwiegen hatte. »Ganz schön hartnäckig, die Kleine, aye?«
    Dauber wechselte einen Blick mit Allie. »Du hast ja keine Ahnung!«
    Allie legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Sie wusste, dass sie jetzt nicht würde schlafen können, aber sie musste sich ausruhen, um die nächsten vierundzwanzig Stunden zu überstehen.
    Sie hoffte nur, dass sie es nicht vermasseln würde.
    Noch nie hatte Gabe seine Selbstbeherrschung auf eine härtere Probe gestellt als jetzt.
    Denn die Momente, in denen er mit Allie allein gewesen war, in denen er sie berührt und geküsst hatte, bis er geglaubt hatte, das Herz würde ihm aus der Brust springen, das war mehr als das gewesen: in diesen Momenten hatte er reinste Qualen gelitten.
    Der Schlaf wollte nicht kommen. Nachdem Wee Mary ihn fortgeschickt hatte, war Gabe zum Odin's zurückgekehrt und fast eine Stunde im Haus herumgelaufen, bevor er sich in seine Werkstatt zurückgezogen hatte. Das Einzige, woran er denken konnte, war Allie. Er hatte sie nach Amerika zurückgeschickt und ihr gesagt, es sei ein Fehler gewesen, sie nach Sealladh na Mara geholt zu haben.
    Was aber nur zum Teil die Wahrheit war.
    Gott wusste, dass er Allie