Der Geisterfahrer
es dazu gekommen war, aber sie ließ mich nicht ausreden.
›Das sagen die meisten, die ich darauf anspreche, aber Sie brauchen vor mir gar nichts zu verstecken, wir sind im Besitz der Donatorenliste, die bei der Bezirksanwaltschaft liegt, und wir finden, dass wir gemeinsam unsere Interessen verteidigen sollten.‹
›Wer ist wir?‹, fragte ich.
›Einige der Hauptbetroffenen‹, sagte sie.
›Na‹, sagte ich, ›da gehöre ich nun wirklich nicht dazu.‹
Auch das sagten die meisten, fuhr sie fort, und sie möchte mir nur mitteilen, dass sie in drei Tagen um 20 Uhr ein Treffen bei ihr zu Hause hätten, und sie legte mir ihr Kärtchen mit einer Adresse auf dem Zollikerberg hin. Ich könne es mir bis dahin immer noch überlegen, aber ein koordiniertes Vorgehen sei auf alle Fälle besser als ein zersplittertes. Es werde ein Anwalt ihres Vertrauens dabei sein, und sie dächten an eine Interessengemeinschaft, welche diesen auch bezahlen würde.
Die Frau war knallhart, und ob ihr es glaubt oder nicht, ich kam nicht dazu, ihr meine Geschichte mit dem Rappen zu erzählen, sie wollte sie einfach nicht hören.
Und ob ihr es glaubt oder nicht, ich ging da hin. Aus Neugier. Ich wollte wissen, was das für Leute waren, die ihr Geld in eine solche Stiftung butterten, und ich wollte wissen, was sie zu befürchten hatten, wenn diese Stiftung durchleuchtet wurde. Beim genaueren Studium der Dokumentation hatte ich nämlich eine eigenartige Entdeckung gemacht.
Ich musste meinen alten Volvo-Kombi in einiger Entfernung von der Villa Heizmann parkieren, denn da stand schon eine Reihe von Mercedes’ und BMW’s davor. Ein richtiges Dienstmädchen mit einem Häubchen nahm einem den Mantel ab, falls man einen dabei hatte, ich hatte keinen, und auch die Tasche, die ich an einem Schulterriemen trug, wollte ich nicht abgeben, obwohl mir das ein überraschend junger Butler vorschlug. Dann wurde ich von der Hausherrin begrüßt und zu einem Buffet mit Snacks, Prosecco, Weißwein und Orangensaft geführt. Sie überlasse es den Besuchern, ob sie sich gegenseitig vorstellen
wollten, sagte sie, da es sich um eine Angelegenheit handle, in der Diskretion gefragt sei. Ein Hausherr war nicht zu erkennen.
Ich nahm ein Glas Orangensaft, biss in einen Grissini-Stängel und schaute mich um. Im Salon herrschte eine seltsame Stimmung. Ich sah nur zwei Grüppchen, die sich zu dritt unterhielten, die andern standen oder saßen einfach da und schauten auf das Glas in ihrer Hand. Einen davon kannte ich sofort, es war der Direktor einer Elektrizitätsgesellschaft, mit dem ich einige Male zu tun gehabt hatte, als ich deren Kraftwerke und Stauseen für ihre Jahresberichte fotografierte. Ich suchte seinen Blick, aber er vermied es, in meine Richtung zu schauen. Ich war vorsichtshalber in meinem dunklen Anzug erschienen, mit dem ich auch als Fotograf an gehobene Anlässe gehe, aber ich war deutlich der am schlechtesten angezogene Gast. Ein paar Frauen waren auch darunter, eine davon von bestürzender Schönheit, dann aber auch zwei alte Eulen, die ich als Schwestern ansah. Etliche rauchten, damit sie wussten, wohin mit den Händen, sodass auch ich keine Hemmungen hatte, mir eine Zigarette anzuzünden.
Nun begrüßte die Hausherrin die Anwesenden, erinnerte sie nochmals daran, dass absolute Diskretion im Interesse aller und somit selbstverständlich sei, und übergab dann ihrem Rechtsanwalt die Leitung des Treffens. Dieser eröffnete dem erlauchten Kreis, dass das Stiftungsvermögen so lange blockiert sei, bis die Ermittlungen der Bezirksanwaltschaft abgeschlossen seien. Das heiße aber auch, dass ihre Partnerbank in Venezuela die Zahlungen an sie vorderhand einstellen müsse. Wichtig für sie alle sei,
dass der Zweck der Stiftung ein wohltätiger sei und dass sie, sollte je der Fiskus Einblick in die Zahlungen bekommen, sie diese wie mit der Bank abgemacht als Rendite eines lateinamerikanischen Risk-Fonds ausgeben müssten.
Das sei ja ungeheuerlich, sagten die beiden Eulen, sie hätten bereits den Umbau ihres Landsitzes in Alicante veranlasst und wo sie denn jetzt das Geld dazu hernehmen sollten.
Der Anwalt fuhr dann fort, sie hätten natürlich alle gewusst, dass mit dieser Investition ein Risiko verbunden sei, und falls er von den Anwesenden ein Mandat in dieser Sache bekäme, ginge es vor allem darum, eine Klage wegen Steuerbetrugs abzuwenden, sowie darum, der Bank gegenüber den Anspruch auf das einbezahlte Vermögen geltend zu machen. Das erste sei
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