Der Geisterfahrer
einer kleinen Verbeugung sagte, sie hätte mich doch um besondere Aufnahmen gebeten, hier seien sie, und sie könne sie nachher gleich am Computer ausdrucken. Der Butler schaute sie fragend an, sie nickte, und ich ging unbehelligt an der schön beleuchteten Statue eines griechischen Jünglings vorbei durch das Gartentor hinaus zu meinem Wagen.«
»Bravo!«, rief die Regisseurin, »das ist ja filmreif! Könnten wir da nicht ein Drehbuch draus machen?«, während der Jurist und ich wissen wollten, wie es weitergegangen und was aus seiner Million geworden war.
»Wie es weitergegangen ist, wollt ihr wissen?«, sagte der Fotograf. »Das wüsste ich selbst gerne. Die Versammlung war vor zwei Tagen. Gestern früh rief mich Roberta an und sagte, sie hätte kein passendes Verbindungskabel von meinem Apparat zum Computer und ob ich bei ihr vorbeikommen könne. Ihr Butler hat mir aber gar nicht gefallen, und ich schob einen größeren Auftrag vor, den ich leider zur Zeit gar nicht habe. Ebenfalls gestern traf eine Vorladung der Bezirksanwaltschaft ein, ich hätte nächste Woche zu einer Einvernahme zu erscheinen betr. Donatorenliste.
Keine Ahnung, was mich da erwartet. Ich weiß z. B. nicht, ob man dort im Besitz meines von Hirschi oder wem auch immer frisierten Schenkungsformulars ist. Wenn ja, hätte ich wohl ziemliche Mühe, meine Geschichte mit dem Rappen plausibel zu machen, die ja schon ihr kaum glauben wolltet, und noch größere Mühe zu erklären, woher ich denn die gespendete Million haben sollte. Im Übrigen verstehe ich überhaupt nicht, was hier läuft. Ich durchschaue den Trick mit dieser Stiftung nicht, ich nehme an, dass sie irgendein Alibihilfswerk in Venezuela hat, das seine Zahlungen an die Anleger bei uns als Kosten deklariert oder was weiß ich, in Lateinamerika kannst du dir jeden Beleg kaufen, aber letztendlich muss es sich um Geldwäscherei handeln. Die Bank wird alles auf ihren Angestellten schieben, dessen Selbstmord einem Schuldbekenntnis gleichkommt. Immerhin habe ich ein paar schöne Fotos, die ich vielleicht einmal gut verkaufen kann, wenn die Sache in ihrem ganzen Ausmaß publik wird, und das kann eigentlich nicht mehr lange dauern.«
»Ich dachte, du hättest deine Kamera abgeben müssen?«, sagte ich.
»Nur die, die der Butler gesehen hat«, antwortete der Fotograf, »aber meine Streichholzschachtelkamera, die ich jedes Mal abdrückte, wenn ich mir eine Zigarette anzündete, hab ich wieder mit nach Hause genommen. Die Bilder darauf sind erstaunlich scharf geworden, und ich hab gestern ein bisschen im Pressearchiv gestöbert und weiß nun von ein paar Leuten, wer sie sind. Ihr würdet euch wundern, wer da mit wem bei den Geschädigten ist.«
»Pass auf dich auf, Armin«, sagte die Regisseurin, und ich schloss mich dieser Ermahnung an.
»Sag mal«, fragte der Jurist, »wann musst du zur Bezirksanwaltschaft?«
»Nächsten Dienstag«, sagte der Fotograf.
»Möchtest du, dass ich dich begleite?«
Der Fotograf schaute ihn nachdenklich an. »Danke«, sagte er, »das wäre vielleicht nicht schlecht.«
»Damit wir uns richtig verstehen«, fügte der Jurist hinzu, »ohne Honorar.«
»Das kommt nicht infrage«, sagte der Fotograf, »und damit wir uns richtig verstehen, zahle ich es dir im Voraus. Jetzt gleich.«
Er zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche, nahm ein Geldstück heraus und drückte es dem andern in die Hand.
»In Ordnung«, sagte dieser, als er sein Honorar angeschaut hatte, »ich komme.«
Das Kleid
U nsere Familie benützt die Waschküche von Mittwoch bis Freitag, und die zweite Familie im Haus von Samstag bis Dienstag. Das sind ausgiebige Wäschezeiten, und deshalb kommt es kaum je zu Gehässigkeiten im Keller, wie sie vor allem in Mehrfamilienhäusern bekannt sind. Bleibt einmal eine Wäsche länger hängen, nimmt sie die Nachfolgerin ab und legt sie auf den Tisch, bevor sie die eigene aufhängt, und auch der Filter ist nie verstopft, obwohl ich immer wieder vergesse, wo er sich befindet.
Am Mittwoch legen gewöhnlich meine Frau oder ich die erste Wäsche ein und versuchen mittels unübersehbarer Zettel die halbwüchsigen Töchter darauf aufmerksam zu machen, dass Wäsche aufgehängt werden muss. Dies wiederholt sich am Donnerstag, dann werden die Zettelnachrichten noch aufdringlicher, weil am Freitag unsere Haushalthilfe kommt, die möglichst viel trockene Wäsche abnehmen und möglichst viel nasse Wäsche aufhängen sollte. Natürlich versuchen wir die
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