Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gelbe Nebel

Der Gelbe Nebel

Titel: Der Gelbe Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Wolkow
Vom Netzwerk:
wohl ich machen müssen!“
„Ja, Junge, du hast eben Schwein!“ sagte Black mürrisch und trat Tim den
Platz auf dem Teppich ab.
Der Teppich stieg in die Luft und trug den strahlenden Tim O’Kelli auf den
Gipfel des Berges, wo sich ihm ein erschütterndes, unvergeßliches Bild
darbot. Mit zerfetztem blauem Gewand stürmte die Hexe wie eine Gams
über die Hänge, sprang, auf ihre mächtige Keule gestützt, über Schluchten,
schlug Haken und lief in Schlaufen, um ihren Verfolger abzuschütteln.
Das wäre ihr vielleicht gelungen, hätte Karfax nicht scharf aufgepaßt.
Er flatterte ständig über der Hexe, stieß ihr den Schnabel ins Gesicht,
schlug mit den Flügeln auf ihren Rücken und krallte sich in ihre Schultern
fest. Hinter ihr lief, die mechanischen Muskeln aufs äußerste angespannt,
der eiserne Ritter mit entsetzlich funkelnden Augen und vor Jugend
glühendem Herzen. Der Adler ließ sein Auge über das Labyrynth der
Kämme und Schluchten schweifen und gewahrte in der Ferne eine
gewaltige Klippe, die von drei Seiten tiefe Abgründe säumten. Karfax
kannte schon lange diesen Felsen, den man Todesklippe nannte. Wie oft
hatten er und seine Brüder dort Gemsen und Auerochsen in den Tod
gehetzt!
„Dorthin, dorthin muß ich die Hexe treiben“, entschied der Adler. „Sie darf
keinen anderen Weg nehmen!“
Wie sehr Arachna sich auch anstrengte, vom gefährlichen Weg
abzuschwenken, es half ihr nichts. Sie durfte weder rechts noch links
abbiegen, mußte geradeaus weiterrennen, und mit jedem Schritt und jedem
Sprung kam sie der Stelle näher, wo die Vergeltung sie ereilen sollte.
Da war schon die Todesklippe!
Als sie die Falle sah, in die die furchtbaren Gegner sie trieben, stieß
Arachna einen Schrei der Wut und des Entsetzens aus.
Mit dem Mut der Verzweiflung wandte sie sich zu Tilli-Willi um, hob die
Keule und drang auf ihn ein. Es begann ein ungewöhnlicher Kampf. Tim
O’Kelli, der ihn verfolgte, quietschte vor Entzücken und hüpfte so
ungestüm auf dem kleinen Teppich, daß er zehnmal fast abgestürzt wäre,
hätte der Teppich nicht vorsorglich bald den einen, bald den anderen Rand
angehoben. Die zwei Riesen fochten mit ihren Waffen - Arachna mit der
schweren Keule, Tilli-Willi mit dem gewaltigen Schwert -, als wären es
leichte Spazierstöcke. Ob der eiserne Ritter ohne die Hilfe Karfax’ gesiegt
hätte oder ob er gefallen wäre, ist völlig ungewiß. Was wir wissen, ist, daß
der Adler mit furchtbarem Ingrimm und Todesverachtung kämpfte, der
Hexe mit seinen Krallen schrecklich zusetzte und ihr Gesicht mit den
Flügeln peitschte, wodurch sie den Feind fast nicht sehen konnte.
Dann war es soweit. Durch einen geschickten Hieb zerbrach Tilli-Willi die
Keule der Hexe. Arachna schleuderte das Stück Holz, das sie noch in der
Hand hielt und das ihr jetzt nichts mehr nutzte, gegen den Adler, stieß einen
gellenden Schrei „Urfin hat Recht gehabt!!“ aus und stürzte in den Abgrund, aus dem sofort weißer Dampf aufstieg.
„Sieg! Sieg!!“ rief der Adler mit gewaltiger Stimme.
„Sieg!!“ dröhnte Tilli-Willi. „Sieg!“ rief aus seiner Kabine mit schwacher
Stimme Lestar, der noch nie in seinem Leben so glücklich, aber auch nie so
erschöpft gewesen war, wie jetzt. Die Erschütterungen, die er im Bauch des
Riesen während der Jagd und des erbitterten Kampfes erdulden mußte,
hatten ihn tüchtig hergenommen. Wer könnte die Freude beschreiben, die
Charlie Black und seine Gefährten empfanden, als Tim O’Kelli mit dem
Zauberteppich herangeflogen kam und ihnen über den Ausgang des
Kampfes berichtete. Bald kehrten auch die Sieger- der zerschundene und
staubbedeckte Adler und der eiserne Ritter Tilli-Willi mit tiefen
Einbeulungen an Brust und Hüften - zurück. Beim Anblick seines
grimmigen Gesichtes hätte niemand geglaubt, wie sanft das Herz dieses
Riesen sein konnte. Die Menschen überschüttelten den tapferen Karfax mit
Lob und guten Wünschen. Der Adler wehrte jedoch schlicht ab:
„Ihr braucht mir nicht zu danken, Freunde! Der Gelbe Nebel hat mich
ebenso wie euch mit dem Tod bedroht, folglich kämpfte ich nicht nur für
euch, sondern auch für mich, für meinen ganzen Stamm. Jetzt aber kehre
ich heim, meine Stammesgenossen erwarten mich schon mit Ungeduld und
Besorgnis. Wenn ihr wollt, nehme ich Ann bis zur Höhle der Arachna mit,
das wird dem Mädchen die Strapazen einer Wagenreise ersparen!“
Bevor sie den Rücken des Adlers bestieg, blies Ann in die

Weitere Kostenlose Bücher