Der Genesis-Plan SIGMA Force
knappen Worten, was geschehen war. Er ließ nichts aus und schloss mit der bitteren Wahrheit. »Sie hat uns allen das Leben gerettet.«
Der Hüne war unterdessen langsamer geworden. Was seine Verletzungen nicht geschafft hatten, bewirkte nun die Trauer. Langsam sank er im Flur auf die Knie.
Gray blieb stehen. »Ich soll Ihnen ausrichten, sie habe Sie geliebt. Das waren ihre letzten Worte.«
Gunther schlug die Hände vors Gesicht und krümmte sich auf dem Boden zusammen.
»Es tut mir leid …«, sagte Gray.
Monk tauchte in der Tür auf. »Gray, was zum Teufel …?« Als er den am Boden liegenden Gunther sah, verstummte er.
Gray schritt Monk entgegen.
Es war noch nicht vorbei.
15:23
»Die Abschirmung absenken!«
Lisa blickte Commander Pierce entgegen, der mit Monk gerade den Raum betrat. Beide steckten die Köpfe zusammen. Sie selbst stand an der Steuerkonsole. Kurz zuvor hatte sie sich mit dem Gerät vertraut gemacht. Auf der Herfahrt hatte Anna ihr die Funktionsweise der Glocke eingehend erklärt, da sie fürchtete, ihr Verfall könne so rasch voranschreiten, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, die richtigen Knöpfe zu drücken. Deshalb hatte sie eine andere Person einweihen wollen. Und so war Lisa die Bürde der Verantwortung zugefallen.
»Die Abschirmung!«, rief Gray ihr zu.
Lisa nickte matt und drückte den Schalter.
Die Motoren begannen zu brummen. Sie wandte den Kopf und beobachtete, wie der Berstschutz sich absenkte. Dr. Fairfield kümmerte sich um Painter, der auf einer Plane lag. Rechts von ihr deckten Mosi und Brooks gerade die toten Zwillinge zu.
Was aber war mit deren Großvater?
Die Abschirmung hatte sich bereits auf Hüfthöhe abgesenkt. Die Glocke war wieder sichtbar geworden. Matt und reglos wartete sie darauf, wieder eingeschaltet zu werden. Lisa musste daran denken, dass Anna sie als ultimatives Quantenmessgerät bezeichnet hatte. Das jagte ihr eine Mordsangst ein.
Links von ihr wiederholte Monk mit erhobener Stimme, was Khamisi über Funk gemeldet hatte. Die Zulu-Krieger hatten das Gelände gesichert und die überlebenden Verteidiger ins Herrenhaus getrieben, wo sie nun belagert wurden. Es wurde noch immer geschossen.
»Gunther hat die Feuertreppe blockiert«, sagte Gray. »Die Aufzugtüren stehen offen und sind verkeilt. Das sollte uns einen kleinen Aufschub verschaffen.« Er winkte Brooks und Mosi zu. »Behaltet den Flur im Auge!«
Mit angelegten Waffen stürmten die beiden nach draußen.
Kaum waren sie verschwunden, taumelte Gunther durch die Tür. Lisa entnahm seinem Gesichtsausdruck, dass er über Anna Bescheid wusste. Er hatte alle Waffen abgelegt. Mit bleischweren Schritten näherte er sich der Abschirmung, die allmählich im Boden versank. Er wollte das Ende miterleben, eine symbolische Absolution für das Blut, das an seinen Händen klebte.
Die Abschirmung kam ruckartig zum Stehen. Das Motorengebrumm erstarb.
Lisa fürchtete sich vor dem Anblick, der sich ihr bieten würde, doch sie musste ihre Pflicht tun.
Zögernd schritt sie zur Glocke.
Anna lag zusammengekrümmt wie ein Embryo neben dem Gerät. Ihre Haut war aschfahl, das dunkle Haar schneeweiß, als hätte sie sich in eine Marmorstatue verwandelt. Gunther trat über die Einfassung hinweg und kniete neben seiner Schwester nieder. Wortlos neigte er sich vor und schloss sie in die Arme. Ihr Kopf sank schlaff gegen seine Schulter.
Nach einer Weile richtete Gunther sich wieder auf, kehrte der Glocke den Rücken und wandte sich zur Tür.
Niemand versuchte ihn aufzuhalten.
Er verschwand auf dem Gang.
Lisa Blick fiel auf die zweite Gestalt, die auf dem Bleiboden lag: Baldric Waalenberg. Auch seine Haut war wächsern, nahezu durchscheinend. Bei ihm hatte die Strahlung jedoch das Haar verbrannt, sogar die Augenbrauen und die Wimpern. Das Fleisch war verschrumpelt, sodass er wie mumifiziert wirkte. Außerdem stimmte etwas nicht mit dem Knochenbau.
Lisa erstarrte, wagte es nicht, näher heranzutreten.
Der haarlose Schädel sah aus, als sei er teilweise geschmolzen und hätte sich anschließend wieder verfestigt. Die Hände waren verkrümmt, die Finger verlängert, wie bei einem Affen. Der Begriff Degeneration kam ihr in den Sinn.
»Schaffen Sie ihn hier raus«, sagte Gray angewidert, dann wandte er sich an Lisa: »Ich helfe Ihnen, Painter hier reinzutragen.«
Lisa schüttelte langsam den Kopf und wich zurück. »Das können wir nicht tun …« Sie vermochte den Blick nicht von dem grauenhaft entstellten
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