Der Genesis-Plan SIGMA Force
University, war berüchtigt für ihre hausfraulichen Fähigkeiten. Nachdem Grays Vater vor fast zwei Jahrzehnten bei einem Betriebsunfall arbeitsunfähig geworden war, hatte sie sich notgedrungen auf ihre eigene Karriere konzentriert. Jetzt hatte die Familie mit einem neuen Problem zu kämpfen: mit der Alzheimererkrankung seines Vaters. Vor kurzem hatte seine Mutter sich von der Uni beurlauben lassen, um sich besser um ihren Mann kümmern zu können. Jetzt aber sprach sie davon, die Arbeit wieder aufzunehmen. Da sich die häusliche Situation entspannt hatte, war Gray guten Gewissens für ein paar Tage von Washington D. C. nach Kopenhagen geflogen.
Ehe er auf Rachels Bemerkung etwas erwidern konnte, meldete sein Handy einen weiteren Anruf. Er warf einen Blick auf die im Display angezeigte Nummer. Mist …
»Rachel, ich bekomme gerade einen Anruf vom Hauptquartier, den muss ich entgegennehmen. Tut mir leid.«
»Gut, dann mach ich Schluss.«
»Warte, Rachel. Ich brauche noch deine neue Flugnummer.«
» KLM vier-null-drei.«
»Verstanden. Dann bis heute Abend.«
»Bis heute Abend«, sagte sie, bevor es Klick machte.
Gray nahm den anderen Anruf entgegen. »Hier Pierce.«
»Commander Pierce.« Mit seinem abgehackten Neuenglandakzent gab sich der Anrufer sogleich als Logan Gregory zu erkennen, der Painter Crowe unterstellte Zweite in der Befehlskette der Sigma Force. Der sachliche Logan machte nicht gern viele Worte.
»Wir haben Neuigkeiten zu vermelden, die vielleicht in Verbindung mit Ihrem Kopenhagen-Auftrag stehen. Interpol meldet ein rapide gestiegenes Interesse an der heutigen Auktion.«
Gray hatte soeben eine weitere Brücke überquert. Er blieb abermals stehen. Vor zehn Tagen hatte eine Datenbank der National Security Agency eine Reihe von Schwarzmarktverkäufen signalisiert, die historische Dokumente aus dem Besitz von Wissenschaftlern des viktorianischen Zeitalters betrafen. Jemand sammelte Manuskripte, Abschriften, Urkunden, Briefe und Tagebücher von teilweise zweifelhafter Herkunft. Normalerweise hätte sich die Sigma Force, die vor allem mit der nationalen Sicherheit befasst war, kaum dafür interessiert, doch die Datenbank der NSA hatte einige der Transaktionen terroristischen Vereinigungen zugeordnet. Die Geldströme solcher Organisationen wurden ständig überwacht.
Trotzdem ergab es keinen Sinn. Derartige historische Dokumente stellten zwar einen wachsenden Markt für spekulative Investoren dar, gehörten aber eigentlich nicht zum Tätigkeitsfeld terroristischer Organisationen. Andererseits änderten sich die Zeiten.
Jedenfalls hatte man die Sigma Force gebeten, Nachforschungen zu den beteiligten Personen anzustellen. Gray hatte den Auftrag, Hintergrundinformationen über die Auktion zu sammeln, die heute Nachmittag für geladene Bieter stattfinden sollte. Das schloss Recherchen zu den besonders interessanten Objekten, von denen einige von hiesigen Sammlern und Antiquariaten beigesteuert wurden, mit ein. Deshalb hatte er in den vergangenen zwei Tagen die staubigen Buchläden und Antiquariate in den engen Gassen von Kopenhagen aufgesucht. Besonders aufschlussreich war der Besuch in einem Laden am Højbro Plads gewesen, der einem ehemaligen Rechtsanwalt aus Georgia gehörte. Gray hatte sich von ihm entsprechend präparieren lassen. Jetzt wollte er den Auktionsort in Augenschein nehmen und ein paar Minikameras zur Beobachtung der Ein- und Ausgänge installieren. Ein unbedeutender Auftrag, aber wenn sich die Datenbank mit Randfiguren des Kriegs gegen den Terror erweitern ließ, umso besser.
»Was ist denn los?«, fragte Gray.
»Ein neues Objekt ist aufgetaucht. Es hat das Interesse gleich mehrerer Akteure geweckt. Eine alte Bibel. Wurde soeben aus Privatbesitz angeboten.«
»Und was ist daran so aufregend?«
»Der Katalogbeschreibung zufolge hat die Bibel ursprünglich Darwin gehört.«
» Charles Darwin , dem Begründer der Evolutionstheorie?«
»Genau.«
Gray klopfte mit dem Knöchel gegen die steinerne Brüstung. Schon wieder ein Wissenschaftler des viktorianischen Zeitalters. Während er sich das Gehörte durch den Kopf gehen ließ, behielt er die nächste Brücke im Auge.
Eine junge Frau mit einer dunkelblauen Trainingsjacke und übergezogener Kapuze fiel ihm ins Auge. Sie war siebzehn … höchstens achtzehn. Ein glattes Gesicht, die Hautfarbe ähnelte verbranntem Karamell. Aus Indien? Pakistan? Er konnte nur erkennen, dass sie das lange schwarze Haar zu einem Zopf geflochten
Weitere Kostenlose Bücher