Der Genesis-Plan SIGMA Force
Kiefermuskeln schmerzten, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Aber das waren doch wohl nur Anzeichen von Angst? Eine ganz normale, unwillkürliche Fluchtreaktion. Sie fasste sich an die Stirn. Feucht, aber kein Fieber. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Sie durfte jetzt nicht durchdrehen. Selbst wenn der Krankheitserreger ansteckend war, betrug die Inkubationszeit sicherlich mehr als eine Stunde.
Sie schritten durch den Haupttempel mit der Buddhastatue und den Nebengöttern. Durch den Eingang fiel gleißend heller Sonnenschein.
Ihre bewaffnete Eskorte spähte eine volle Minute lang auf den Hof hinaus, dann bedeutete ihnen der Soldat, die Luft sei rein. Alles wirkte ruhig.
Doch die Ruhe war trügerisch …
Plötzlich wurde das gegenüberliegende Gebäude von einer zweiten Explosion erschüttert. Lisa, die dem Eingang den Rücken zuwandte, wurde von der Druckwelle zu Boden geschleudert. Sie zog den Kopf ein, rollte sich über die Schulter ab und blickte sich um.
Dachziegel flogen inmitten von lodernden Flammen in den Himmel. Zwei Feuerbälle brachen aus den Fenstern, die Tür splitterte und spuckte ebenfalls Qualm und Feuer. Eine glühend heiße Hitzewelle rollte über sie hinweg.
Der Soldat, der weiter vorn gestanden hatte, war auf den Rücken geschleudert worden. Die Waffe hielt er nurmehr am Lederriemen. Während Trümmerteile herabregneten, rappelte er sich wieder hoch.
Ang Gelu hatte sich bereits aufgerichtet und reichte Lisa die Hand.
Das war sein Pech.
Ein Schuss durchschnitt das Klirren der herabfallenden Dachziegel und das Tosen der Flammen. Die obere Kopfhälfte des Mönchs wurde einfach abrasiert.
Ihre bewaffnete Eskorte war diesmal daran unschuldig.
Die Waffe am Lederriemen haltend rannte der Mann durch die herabregnenden Trümmerteile. Den Schuss hatte er anscheinend nicht gehört, doch als Ang Gelu zusammenbrach, weiteten sich seine Augen. Instinktiv warf er sich nach rechts und ging hinter dem Nebengebäude in Deckung. In seiner Panik schrie er Lisa etwas Unverständliches zu.
Lisa robbte zum Tempeleingang zurück. Eine Kugel prallte vom steinigen Boden ab. Dicht bei ihren Zehen. Sie warf sich über die Schwelle ins dunkle Innere des Tempels.
Sie duckte sich hinter eine Ecke und beobachtete, wie der Soldat dicht an der Wand entlangschlich, um nicht von dem Heckenschützen getroffen zu werden. Lisa vergaß zu atmen. Mit weit aufgerissenen Augen musterte sie die Dächer, die Fenster. Wer hatte Ang Gelu erschossen?
Auf einmal sah sie ihn.
Ein Schatten rannte durch den Qualm, der aus dem gegenüberliegenden Gebäude quoll. Etwas Metallisches blitzte im Flammenschein auf. Eine Waffe. Der Heckenschütze hatte seine ursprüngliche Position verlassen.
In der Hoffnung, dass die Qualmwolken ihr Deckung geben würden, trat Lisa wieder ins Freie. Sie rief den Soldaten an und winkte. Er bewegte sich mit dem Rücken zur Wand auf ihren Standpunkt am Haupttempel zu. Sein Blick und der Lauf seiner Waffe zielten zur Dachkante hoch. Den Heckenschützen hatte er nicht gesehen.
Lisa rief ihn erneut an: »Weg da!« Sie sprach seine Sprache nicht, doch die Panik war ihr offenbar anzumerken. Ihre Blicke trafen sich. Sie winkte ihn zu sich herüber. Gestikulierend versuchte sie ihm klarzumachen, dass der Heckenschütze weggerannt war. Aber wohin war er verschwunden? War er schon wieder in Schussposition?
»Lauf!«, schrie sie.
Der Soldat tat einen Schritt auf sie zu. Als über seiner Schulter etwas aufblitzte, wurde Lisa ihr Irrtum bewusst. Der Heckenschütze hatte gar keine neue Schussposition gesucht. Hinter einem Fenster des Nachbargebäudes tanzten Flammen. Eine weitere Brandbombe.
O Gott …
Die Druckwelle traf den Soldaten unvorbereitet. Hinter ihm wurde die Tür nach außen gedrückt. Er wurde von zahllosen brennenden Splittern durchbohrt, hochgehoben und auf den Hof geschleudert. Er landete auf dem Bauch, rutschte noch ein Stück weiter und blieb reglos liegen.
Er rührte sich nicht einmal dann, als seine Kleidung Feuer fing.
Lisa zog sich wieder in den Haupttempel zurück und wandte sich zum Hinterausgang. Sie rannte hindurch und gelangte wieder auf den schmalen Gang. Sie hatte keinen Plan und konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Eines aber war sicher. Der Mann, der Ang Gelu und ihre Eskorte ermordet hatte, war kein wahnsinniger Mönch. Dazu war er zu kaltblütig und berechnend vorgegangen.
Jetzt war sie ganz auf sich allein gestellt.
Auf dem schmalen Gang machte sie die blutige
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