Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen (German Edition)
Haupttypen unterteilt: »Typ I«, »Typ II« und »Typ III«. Wenn diese drei Typen Namen erhalten, dann macht das die Sache auch nicht viel klarer, denn man benennt sie jeweils als Kerogen vom Typ Liptinit, Exinit und Vitrinit. Auf jeden Fall haben die verschiedenen Formen von Kerogen unterschiedliche Eigenschaften und erzeugen mit der Zeit unterschiedliche Arten von Kohlenwasserstoffen, die wir als fossile Brennstoffe heute nutzen. Typ-I-Kerogen ist durch den Zerfall von Mikroalgen in seichten Meeren entstanden. Es erzeugt vor allem Öl und Gas. Typ-III-Kerogen wiederum ist das Ergebnis des Zerfalls von terrestrischen Pflanzen und vor allem von Lignin. Es erzeugt vornehmlich Kohle. Typ-II-Kerogen liegt irgendwo dazwischen 44 , es kommt aus dem Plankton und erzeugt vielleicht auch Petroleum. Alle diese Reaktionen erfolgen bei hohen Temperaturen und Drücken, unter der Erde, in einem Prozess, den man »Katagenese« nennt.
Das Kerogen des Vitrinit-Typs (Typ III) war der erste von Menschen genutzte fossile Brennstoff. In der Periode, die passenderweise Karbon genannt wird – sie begann vor etwa 360 Millionen Jahren und dauerte rund 60 Millionen Jahre –, bildete sich Kohle in riesigen Mengen. Nie wieder wurden in der Erdgeschichte so große Kohlelager angereichert. Wohl deshalb, weil es im Karbon keine Mikroorganismen gab, die Lignin abbauen konnten 45 . Heutzutage vernichten diese Organismen das Holz toter Pflanzen sehr rasch, bevor der langsame Sedimentationsprozess überhaupt eine Chance hat, sie unter der Erde zu begraben. Die Kohle, die wir heute gewinnen und verbrennen, ist also das Ergebnis einer ganz speziellen Periode der Erdgeschichte.
Kerogen erzeugt noch zwei weitere vom Menschen als »Brennstoffe« bezeichnete Substanzen: rohes Erdöl (oder »Petroleum«) und Erdgas. Beide gehören zur Stoffgruppe der »Kohlenwasserstoffe«, das sind Verbindungen, die nur aus Wasserstoff und Kohlenstoff bestehen. Der Formationsmechanismus ist bei Petroleum und Erdgas der gleiche und beide kommen oft in den gleichen Gesteinsformationen vor. Das Kerogen, das Öl und Gas erzeugt, wird vor allem am Boden von Gewässern durch Zerfall von Algen oder Plankton gebildet. Dieser Vorgang verlangt spezielle sauerstoffarme Bedingungen, die bei Abwesenheit starker Strömungen in einer gewissen Tiefe auftreten. Im Laufe langer Zeiträume verwandelt sich dieses Kerogen in Petroleum, eine flüssige Mischung von langkettigen Kohlenwasserstoffen. Der Abbau kann sich fortsetzen bis zur einfachsten denkbaren Verbindung, bis zu Methan, oder CH 4 , was die wichtigste Komponente von Erdgas darstellt (vgl. die Beiträge von Campbell, S. 46 ff. und Bardi, S. 250 ff. ).
Die Ausstattung der Erde mit fossilen Kohlenwasserstoffen geht auf besondere Bedingungen zurück, die es so nur in ganz speziellen Perioden der fernen Vergangenheit gab. Dies wird bei Erdöl besonders deutlich. Erdöl gewinnen wir hauptsächlich aus Ablagerungen, die sich in zwei speziellen, bis ins Mesozoikum zurückreichenden Perioden vor 80 und vor 110 Millionen Jahren gebildet haben 46 . Wir wissen nicht genau, warum gerade diese Perioden so günstig für die Öl- und Gasformation gewesen sind. Damals war die Erde wesentlich wärmer als heute und möglicherweise begünstigten die generell warmen Verhältnisse anoxische Bedingungen in den Küstenregionen seichter Meere. Wenn man sich anschaut, wie die Erdölfelder heute verteilt sind, dann wird deutlich, dass sie tatsächlich oft »Bögen« bilden, die jenen uralten Küstenlinien zu folgen scheinen. Nicht alles Erdöl, das es heute gibt, hat sich während dieser beiden Perioden gebildet. Einige Erdöllagerstätten sind viel älter als diejenigen aus dem Mesozoikum, manche stammen sogar aus der Zeit vor dem Phanerozoikum. Es gibt auch vergleichsweise junge Erdöllagerstätten, die auf das Känozoikum zurückgehen. Erdöl aus dem Mesozoikum ist aber vorherrschend und weil man das Mesozoikum als »Zeitalter der Dinosaurier« kennt, wird das Öl im Englischen manchmal auch »dinosaur juice« genannt. Das ist ein sehr einprägsames Bild, mehr aber auch nicht. Wir können nicht ausschließen, dass die Flüssigkeit, mit der wir die Tanks unserer Autos füllen, gelegentlich Spuren eines Meeresdinosauriers enthält. Im Großen und Ganzen waren die Organismen, aus denen sich das Erdöl gebildet hat, jedoch Mikroorganismen.
Eine besondere Eigenschaft von Petroleum und Erdgas besteht darin, dass beide Fluide sind, gasförmig oder
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