Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen (German Edition)
zwangläufig die Verbrennung von mehr Kohle, um die Energie für den Abscheidungsprozess zu liefern. Das Problem der Verknappung verschärft sich folglich. Es ließen sich noch viele ähnliche Beispiel aufzählen. Unsere Schwierigkeiten rühren oftmals daher, dass wir unfähig sind, auch die Konsequenzen unseres Handelns mit zu bedenken: also daher, dass wir die Hebel in die falsche Richtung umlegen.
Als Erstes müssen wir deshalb klären, was genau wir unter »Lösungen« für die aktuellen Probleme verstehen. Wenn wir darunter verstehen, dass wir eine Kombination von verbesserten Technologien und positiven Marktkräften brauchen, um damit alles auf dem heutigen Stand zu halten, einschließlich Geländewagen und Urlaubsflüge nach Hawaii, dann wird das schlichtweg nicht funktionieren. Technik kann viel bewegen, doch die Gesetze der Physik kann sie nicht aus den Angeln heben. Der Red-Queen-Wettlauf ist nicht zu gewinnen. Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass uns große Veränderungen bevorstehen. Ob wir sie nun akzeptieren oder uns dagegen wehren, spielt auf lange Sicht gesehen keine Rolle, kommen werden sie auf jeden Fall. Heute können wir zumindest eines tun: Wir können uns genau ansehen, welche Formen dieser Wandel annehmen und wie die Welt aussehen könnte, auf die wir zusteuern.
Unter der Annahme, dass es unabdingbar ist, unsere Abhängigkeit vom konventionellen Bergbau zu verringern und ebenso seine Auswirkungen auf das Ökosystem zu reduzieren, dabei aber gleichzeitig noch eine irgendwie geartete funktionierende Industriewirtschaft aufrechtzuerhalten, sind drei Vorgehensweisen denkbar, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen:
1. Seltene Mineralien durch häufig vorkommende Mineralien zu substituieren
2. Mineralien wiederzuverwerten und wiederzuverwenden
3. Den Verbrauch sämtlicher Mineralrohstoffe zu reduzieren
Schlussbetrachtung
Eine mineralische Eschatologie
»Eschatos« ist ein Wort aus dem Altgriechischen und heißt »der Letzte«. Der Begriff »Eschatologie« wurde eingeführt, um das endgültige Ende der Welt und der Menschheit zu beschreiben. Das Feld wird also traditionell von Theologen und Philosophen bearbeitet. Neuerdings gibt es aber eine weitere Spielart der Eschatologie, die Milan Cirkovic »physikalische Eschatologie« nennt 268 . Sie behandelt vor allem das Ende der Erde oder des gesamten Universums infolge kosmischer Prozesse, wie etwa der Entwicklung der Sonne, der Milchstraße oder des Universums. Prozesse dieser Art bewegen sich normalerweise in Zeitskalen der Größenordnung von Jahrmilliarden. Definieren wir »eschatologisch« aber als ein Geschehen »in großem Maßstab« und gleichzeitig »irreversibel«, dann sind wir mit einer echten »mineralischen Eschatologie« konfrontiert, die sich möglicherweise innerhalb der Lebenszeit der meisten heute lebenden Menschen ereignet.
In den vergangenen Jahrhunderten erlebte die Erde eine gigantische chemische Reaktion. Sie begann mit der Verbrennung des Kohlenstoffs, der im Laufe von über Hunderte Millionen von Jahren währenden geologischen Aktivitäten in der Erdkruste eingelagert worden war. Die chemische Reaktion beschleunigte sich und brannte in immer heftigerem Feuer. Vielleicht stehen wir gerade am Höhepunkt dieses mächtigen Brandes, vielleicht erleben wir gerade die ersten Anzeichen des Niedergangs. Wie alle Feuer verschlingt auch diese riesige chemische Reaktion den Brennstoff, der sie nährt, und wird am Ende allmählich erlöschen.
Mit dem langsamen Verglühen des großen fossilen Feuers verschwinden gleichzeitig auch all die anderen Mineralressourcen, die der Planet im Lauf seiner Geschichte angesammelt hat. Eines fernen Tages, wenn es keine Adern, keine Quellen und keine Erze mehr gibt, werden wir erleben, wie die Abbaumaschinen verschwinden, die Bohrtürme, die Offshore-Plattformen. Wir werden erleben, wie die Idee des Bergwerks selbst verschwindet, die Vorstellung von Stollen, die man tief in die Erde gräbt, um an die wertvollen Mineralien heranzukommen, die der Planet vor langer Zeit für uns eingelagert hat. Auch die Bergarbeiter werden verschwinden, mit ihren Pickeln, Helmen, Lampen und mit ihren dreckverschmierten Gesichtern.
Ein Zyklus kommt an sein Ende, der nach geologischen Maßstäben extrem kurz ausfiel. Uns aber war es so vorgekommen, als würden die Dinge so, wie sie waren, in alle Ewigkeit bleiben. Doch dem war nicht so. Für eine kurze Epoche glaubten die Menschen, sie seien
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