Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen (German Edition)
höher die Reflektion des Sonnenlichts (höhere Albedo). Eine sich ausdehnende Eisdecke kühlt den Planeten tendenziell ab und generiert noch mehr Eis, eine klassische verstärkende Rückkopplung. Man nimmt an, dass dieser Faktor Ursache für die periodischen Eiszeiten ist, die auf der Erde im Lauf ihres Bestehens aufgetreten sind. Als »Auslöser« von Eiszeiten werden Schwankungen in den Parametern betrachtet, die mit der Umlaufbahn der Erde und der Neigung der Erdachse zu tun haben, auch »Milankovitch-Zyklen« genannt. Das durch diese Zyklen ausgelöste Ungleichgewicht reicht bei weitem nicht aus, um eine Eiszeit oder irgendeine starke Temperaturschwankung hervorzurufen. Wenn es sich aber ergab, dass ein solches Ungleichgewicht zusammenfiel mit der durch die Eisdecke ausgelösten verstärkenden Rückkopplung, dann könnte beides zusammen wohl durchaus Ursache für viele der zurückliegenden Eiszeiten auf unserem Planeten gewesen sein. Bei einigen dieser Eiszeiten hat sich die Vereisung nach Meinung der Wissenschaft über den größten Teil der Erdoberfläche erstreckt oder sie sogar ganz bedeckt. Für solche Vereisungsperioden hat sich die Bezeichnung »Schneeball Erde« eingebürgert. Sie mögen die Erde so verwandelt haben, dass sie wie der Jupitermond Europa heute aussah. Die letzte Gesamtvereisung der Erde gab es vor etwa 600 Millionen Jahren. Ihr Ende markiert den Beginn der Entwicklung des vielzelligen Lebens, mit dem Anbruch des Phanerozoikums.
Im Zusammenhang mit den »Schneeball Erde«-Episoden lässt sich eine interessante Überlegung anstellen. Eine vollständig mit Eis bedeckte Erde besitzt eine so hohe Albedo, dass die Sonne keine Chance hätte, sie wieder auf Temperaturen aufzuheizen, die das Eis schmelzen und die vorherigen Bedingungen wiederherstellen könnten. Man sollte also meinen, »Schneeball Erde« bliebe in alle Ewigkeit bestehen. Und doch wissen wir, dass diese Episoden von begrenzter, wenn auch langer Dauer waren, zehn oder vielleicht auch Hunderte Millionen von Jahren. Der Grund, warum sich eine geschlossene Eisdecke nicht hat halten können, liegt nach allgemeiner Meinung in folgendem Phänomen: Die Eisdecke verfügt über eine langfristige Temperaturrückkopplung, die daher rührt, dass sie die Verwitterung blockiert, das heißt den Entzug von CO 2 aus der Atmosphäre. Das Eis hindert aber die Vulkane nicht daran, CO 2 in die Atmosphäre zu schleudern. Infolgedessen kann die CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre von »Schneeball Erde« sehr hohe Werte erreichen. Der Treibhauseffekt wird verstärkt und kann die Atmosphäre so stark aufheizen, dass eine Umkehr zu »normalen« Bedingungen innerhalb eines aus geologischer Sicht kurzen Zeitraums ausgelöst wird, wodurch die Eisdecke mit dramatischer Geschwindigkeit schrumpft.
Erze: Gaias Gaben
Mineralische »Ablagerungen« sind Zonen in der Kruste, wo die Konzentrationen einiger chemischer Verbindungen überdurchschnittlich hoch sind. Dass es diese Ablagerungen gibt, ist auf die geologischen Zyklen des Planeten zurückzuführen. Die Energie, die sie begleitet, konzentriert bestimmte chemische Verbindungen in manchen Regionen, während sie sie anderswo entzieht. Wenn die Erde nicht »lebte«, stünde für Prozesse dieser Art keine Energie zur Verfügung und es wäre zu erwarten, dass die Mineralien gleichmäßig über die ganze Kruste verteilt sind, wie das bei geologisch toten Körpern wie dem Mond der Fall ist. Da die aktiven Zyklen des Planeten also das besondere Kennzeichen »Gaias« ausmachen, könnten wir die Mineralanreicherungen durchaus mit Recht »Gaias Gaben« nennen, wobei wir vor allem an die Ablagerungen denken, die groß und konzentriert genug sind, um als Mineralressourcen für die Menschen von Interesse zu sein: die »Erze«.
Von den vielen Zyklen des Planeten erzeugt der geologische Wasserkreislauf das, was vielleicht die wichtigste Quelle der Mineralvorkommen auf der Erde ist: den sogenannten »hydrothermalen« Prozess. Bei den Subduktionszonen entsteht überkritisches Wasser. Es ist extrem reaktiv und löst verschiedene Arten von Metallionen, darunter »edle« wie Gold und Silber (vgl. den Beitrag von de Sousa, S. 116 ff. ), die sich bei normaler Temperatur und bei normalem Druck nicht in Wasser lösen. Dieses mit Stoffen aufgeladene heiße Wasser gelangt in Subduktionszonen und gibt dort die mitgeführten Ionen wieder frei. Durch die Abscheidung entstehen viele unterschiedliche Mineralvorkommen von hoher Qualität.
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