Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
gegebner Größe, sage = 100, als gegeben vorausgesetzt, stehn die Variationen des Zinses offenbar im umgekehrten Verhältnis zu denen des Profitteils, der dem fungierenden, aber mit geborgtem Kapital arbeitenden Kapitalisten bleibt. Und die Umstände, welche die Größe des zu verteilenden Profits, des Wertprodukts unbezahlter Arbeit, bestimmen, sind sehr verschieden von denen, die seine Verteilung unter diese beiden Sorten Kapitalisten bestimmen, und wirken oft nach ganz entgegengesetzten Seiten. 63
Wenn man die Umschlagszyklen betrachtet, worin sich die moderne Industrie bewegt – Zustand der Ruhe, wachsende Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krach, Stagnation, Zustand der Ruhe etc., Zyklen, deren weitere Analyse außerhalb unserer Betrachtung fällt –, so wird man finden, daß meist niedriger Stand des Zinses den Perioden der Prosperität oder des Extraprofits entspricht, Steigen des Zinses der Scheide zwischen der Prosperität und ihrem Umschlag, Maximum des Zinses bis zur äußersten Wucherhöhe aber der Krisis. 64 Vom Sommer 1843 an trat entschiedne Prosperität ein; der Zinsfuß, im Frühling 1842 noch 4 1 / 2 %, fiel im Frühling und Sommer 1843 auf 2% 65 ; im September selbst auf 1 1 / 2 % (Gilbart, [»A practical treatise on banking«, 5. Ausg., London 1849], I, p. 166); dann während der Krise 1847 stieg er auf 8% und mehr.
Allerdings kann andrerseits niedriger Zins mit Stockung, und mäßig steigender Zins mit wachsender Belebung zusammengehn.
Der Zinsfuß erreicht seine äußerste Höhe während der Krisen, wo geborgt werden muß, um zu zahlen, was es auch koste. Es ist dies zugleich, da dem Steigen des Zinses ein Fallen im Preise der Wertpapiere entspricht, eine sehr artige Gelegenheit für Leute mit disponiblem Geldkapital, um sich zu Spottpreisen solcher zinstragenden Papiere zu bemächtigen, die, im regelmäßigen Verlauf der Dinge, mindestens ihren Durchschnittspreis wieder erreichen müssen, sobald der Zinsfuß wieder fällt. 66
Es existiert aber auch eine Tendenz zum Fallen des Zinsfußes, ganz unabhängig von den Schwankungen der Profitrate. Und zwar aus zwei Hauptursachen:
I. »Unterstellen wir selbst, Kapital würde nie anders aufgenommen als für produktive Anlagen, so ist es dennoch möglich, daß der Zinsfuß wechselt ohne irgendwelchen Wechsel in der Rate des Bruttoprofits. Denn, wie ein Volk fortschreitet in der Entwicklung des Reichtums, entsteht und wächst immer mehr eine Klasse von Leuten, die durch die Arbeiten ihrer Vorfahren sich im Besitz von Fonds befinden, von deren bloßem Zins sie leben können. Viele, auch die in der Jugend und Mannheit aktiv im Geschäft beteiligt, ziehn sich zurück, um im Alter ruhig vom Zins der akkumulierten Summen zu leben. Diese beiden Klassen haben eine Tendenz, mit dem wachsenden Reichtum des Landes sich zu vermehren; denn die, die schon mit einem mittelmäßigen Kapital anfangen, bringen es leichter zu einem unabhängigen Vermögen, als die mit wenigem anfangen. In alten und reichen Ländern macht daher der Teil des Nationalkapitals, dessen Eigentümer ihn nicht selbst anwenden wollen, ein größeres Verhältnis aus zum gesamten produktiven Kapital der Gesellschaft als in neu angebauten und armen Ländern. Wie zahlreich ist nicht die Klasse der Rentiers in England! Im Verhältnis wie die Klasse der Rentiers wächst, wächst auch die der Kapitalverleiher, denn sie sind beides dieselben.« (Ramsay, »Essay on the Distribution of Wealth«, p. 201, 202.)
II. Die Entwicklung des Kreditsystems und die damit beständig wachsende, durch die Bankiers vermittelte, Verfügung der Industriellen und Kaufleute über alle Geldersparnisse aller Klassen der Gesellschaft und die fortschreitende Konzentration dieser Ersparnisse zu den Massen, worin sie als Geldkapital wirken können, muß ebenfalls auf den Zinsfuß drücken. Mehr hierüber später.
Mit Bezug auf Bestimmung der Zinsrate sagt Ramsay, daß sie
»abhängt zum Teil von der Rate des Bruttoprofits, zum Teil von der Proportion, worin dieser geteilt wird in Zins und Unternehmergewinn (profits of enterprise). Diese Proportion hängt ab von der Konkurrenz zwischen Verleihern und Borgern von Kapital; diese Konkurrenz wird beeinflußt, aber nicht ausschließlich reguliert durch die voraussichtliche Rate des Bruttoprofits. 67 Die Konkurrenz wird nicht ausschließlich hierdurch reguliert, weil auf der einen Seite viele borgen, ohne irgendwelche Absicht produktiver Anlage, und weil andrerseits die
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