Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion
jeder dem andern die Produktionskosten an Rohstoff, Hilfsstoff, Arbeitszeit mit ziemlicher Genauigkeit nachzurechnen – wenigstens, was Artikel täglichen allgemeinen Gebrauchs betraf.
Wie war aber für diesen Austausch nach dem Maßstab des Arbeitsquantums dies letztere, wenn auch nur indirekt und relativ, zu berechnen für Produkte, die eine längere, in unregelmäßigen Zwischenräumen unterbrochne, in ihrem Ertrag unsichre Arbeit erheischten, z.B. Korn oder Vieh? Und das obendrein bei Leuten, die nicht rechnen konnten? Offenbar nur durch einen langwierigen, oft im Dunkeln hin und her tastenden Prozeß der Annäherung im Zickzack, wobei man, wie sonst auch, erst durch den Schaden klug wurde. Aber die Notwendigkeit für jeden, im ganzen und großen auf seine Kosten zu kommen, half immer wieder in die korrekte Richtung, und die geringe Anzahl der in den Verkehr kommenden Arten von Gegenständen, sowie die oft während Jahrhunderten stabile Art ihrer Produktion, erleichterte die Erreichung des Ziels. Und daß es keineswegs so lange dauerte, bis die relative Wertgröße dieser Produkte ziemlich annähernd festgestellt war, beweist allein die Tatsache, daß die Ware, bei der dies wegen der langen Produktionszeit des einzelnen Stücks am schwierigsten scheint, das Vieh, die erste ziemlich allgemein anerkannte Geldware wurde. Um dies fertigzubringen, mußte der Wert des Viehs, sein Austauschverhältnis zu einer ganzen Reihe von andern Waren, schon eine relativ ungewöhnliche, auf dem Gebiet zahlreicher Stämme widerspruchslos anerkannte Feststellung erlangt haben. Und die Leute von damals waren sicher gescheit genug – die Viehzüchter sowohl wie ihre Kunden –, um nicht die von ihnen aufgewandte Arbeitszeit im Austausch ohne Äquivalent wegzuschenken. Im Gegenteil: je näher die Leute dem Urzustand der Warenproduktion stehn – Russen und Orientalen z.B. –, desto mehr Zeit verschwenden sie noch heute, um durch langes, zähes Schachern den vollen Entgelt ihrer auf ein Produkt verwandten Arbeitszeit herauszuschlagen.
Ausgehend von dieser Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, entwickelte sich nun die ganze Warenproduktion und mit ihr die mannigfachen Beziehungen, in denen die verschiednen Seiten des Wertgesetzes sich geltend machen, wie sie im ersten Abschnitt des ersten Buchs des »Kapital« dargelegt sind; also namentlich die Bedingungen, unter denen allein die Arbeit wertbildend ist. Und zwar sind dies Bedingungen, die sich durchsetzen, ohne den Beteiligten zum Bewußtsein zu kommen, und die selbst erst durch mühsame theoretische Untersuchung aus der alltäglichen Praxis abstrahiert werden können, die also nach Art von Naturgesetzen wirken, wie dies Marx auch als notwendig aus der Natur der Warenproduktion folgend nachgewiesen hat. Der wichtigste und einschneidendste Fortschritt war der Übergang zum Metallgeld, der aber auch die Folge hatte, daß nun die Wertbestimmung durch die Arbeitszeit nicht länger auf der Oberfläche des Warenaustausches sichtbar erschien. Das Geld wurde für die praktische Auffassung der entscheidende Wertmesser, und dies um so mehr, je mannigfaltiger die in den Handel kommenden Waren wurden, je mehr sie entlegnen Ländern entstammten, je weniger also die zu ihrer Herstellung nötige Arbeitszeit sich kontrollieren ließ. Kam doch das Geld anfänglich selbst meist aus der Fremde; auch als Edelmetall im Lande gewonnen wurde, war der Bauer und Handwerker teils nicht imstande, die darauf verwandte Arbeit annähernd abzuschätzen, teils war ihm selbst schon das Bewußtsein von der wertmessenden Eigenschaft der Arbeit durch die Gewohnheit des Geldrechnens ziemlich verdunkelt; das Geld begann in der Volksvorstellung den absoluten Wert zu repräsentieren.
Mit einem Wort: das Marxsche Wertgesetz gilt allgemein, soweit überhaupt ökonomische Gesetze gelten, für die ganze Periode der einfachen Warenproduktion, also bis zur Zeit, wo diese durch den Eintritt der kapitalistischen Produktionsform eine Modifikation erfährt. Bis dahin gravitieren die Preise nach den durch das Marxsche Gesetz bestimmten Werten hin und oszillieren um diese Werte, so daß, je voller die einfache Warenproduktion zur Entfaltung kommt, desto mehr die Durchschnittspreise längerer, nicht durch äußre gewaltsame Störungen unterbrochener Perioden innerhalb der Vernachlässigungsgrenzen mit den Werten zusammenfallen. Das Marxsche Wertgesetz hat also ökonomisch-allgemeine Gültigkeit für eine Zeitdauer, die vom Anfang des
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