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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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überladen eingerichtete Haus spiegelte das Wesen seines Besitzers wieder. Neaira mochte sowohl Philostratos als auch sein Haus, sobald sie es betreten hatte.
    Nikarete ließ ihre gierigen Augen über die Einrichtung wandern, um den Wohlstand des Besitzers abzuschätzen.
    Sie schien ein wenig ratlos. Für Nikarete musste Wohlstand sichtbar sein – durch funkelnde Geschmeide, üppige Einrichtung und kostspielige Gewänder. Philostratos schien ihr zu schlicht, um ein reicher Mann zu sein. Neaira musste über ihre plumpe Art der Einschätzung innerlich lachen.
    Lysias musste seinen Freund darüber unterrichtet haben, welche Art Frauen er in sein Haus brachte, doch Philostratos ließ sich nichts anmerken und fragte höflich nach, ob die Frauen alleine, wie es für Bürgerinnen üblich war, ihr Mahl in den Frauengemächern einzunehmen wünschten.
    „Bei Zeus, nein! Ich brauche Gesellschaft, sonst langweile ich mich zu Tode!“ Nikarete schien über seinen Vorschlag entsetzt zu sein.
    Philostratos überhörte ihre Antwort mit einem höflichen Nicken und wies die Diener an, das Gastmahl für alle gemeinsam im Andron aufzutragen. Obwohl vor allem Nikarete die ruhige und gemessene Atmosphäre in Philostratos Haus langweilte und sie die abendlichen Feste ihres eigenen Hauses vermisste, konnte sie nichts dagegen unternehmen, dass Lysias sich früh mit Metaneira zurückzog; immerhin hatte er für diese Reise bezahlt und somit auch für die Zeit mit seiner Geliebten.
    Neaira und Nikarete blieben allein mit Philostratos zurück, der sich als vorbildlicher Gastgeber zeigte, die Sklaven dafür sorgen ließ, dass eine neue Amphore Wein gebracht wurde und immer wieder bei Nikarete nachfragte, ob er noch Früchte oder Brot auftragen lassen sollte.
    Neaira gefiel seine aufmerksame Art. Sein Gesicht blieb stets freundlich, als erwarte er einen Wunsch seiner Gäste, den er erfüllen dürfte. Der Abend wurde immer später.
    Nikarete nahm sich hier und da etwas kaltes Fleisch und Brot, ließ sich ihre Weinschale nachfüllen, machte jedoch keine Anstalten sich zurückzuziehen. Sie saß noch immer am Tisch, als der Mond bereits hoch am Himmel stand und die Feuerbecken am Erlöschen waren. Philostratos, der sich gähnend die Hand vor den Mund hielt und Nikarete damit ein höfliches Zeichen geben wollte, dass er gerne selber zu Bett gegangen wäre, wurde von ihr geflissentlich ignoriert.
    Stattdessen beschwerte sie sich darüber, dass Philostratos keine Musikantin in seinen Diensten beschäftigte, da sie gerne ein paar Lieder auf der Kithara gehört hätte.
    „Ich hoffe, dass die Mysterien unterhaltsamer sind als der heutige Tag.“ Nikarete sagte es, als erwarte sie für ihre kränkenden Worte Zustimmung von ihm.
    „Gewiss, Herrin Nikarete, die Festlichkeiten sind ein beeindruckendes Schauspiel.“
    Neaira fragte sich, warum Philostratos freundlich blieb.
    Nikarete bot ihm allen Grund, seine Gäste aus dem Haus zu werfen. Nikarete nickte gelangweilt, während Philostratos zu einer weiteren Erklärung ausholte, froh darüber, ihr ein unterhaltsames Gespräch bieten zu können. „Die Feste der Demeter stehen für das Werden und Vergehen der Natur und für die Tag-und Nachtgleiche. Sie beginnen mit einem Zug durch die Stadt, den die Mysten, also diejenigen, die eingeweiht werden sollen, anführen.“
    „Ach, was interessieren mich die Mysten“, unterbrach Nikarete ihn gelangweilt.
    Philostratos hüstelte peinlich berührt und griff nach seiner Weinschale. Offensichtlich wusste er nicht mehr, was er noch sagen sollte.
    „Mich interessieren sie aber“, beschloss Neaira mutig, sich in das Gespräch einzubringen. Ihr tat der freundliche Philostratos leid.
    Mit einem dankbaren Ausdruck in den Augen wandte er sich Neaira zu, die er das erste Mal überhaupt wahrzunehmen schien. Er erzählte ihr von dem sechstägigen Fest, das in einem Festzug nach Eleusis enden sollte, wo die Mysten im Anschluss ihre Einweihung erhielten.
    „Demeter ist eine uralte Göttin“, bekannte Neaira freimütig, da sie sich an Hylas Unterweisungen erinnerte „Sie hat niemals geheiratet wie die anderen Götter, und sie steht für den Urbeginn des Weiblichen.“
    Philostratos staunte und zeigte das erste Mal an diesem Abend so etwas wie Interesse. Seine Müdigkeit schien verflogen. „Du bist klug, Neaira ... und du hast vollkommen recht. Ich hätte nicht gedacht, dass ein so junges Mädchen gebildet ist.“ Aufkommende Bewunderung für sie klang in seiner Stimme mit.

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