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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Auch Nikaretes Langeweile schien von einem Augenblick auf den anderen verschwunden. „Ich beschäftige Hauslehrer für meine Töchter und ermutige sie, fleißig zu lernen.“
    „Ach“, antwortete Philostratos überrascht und mochte an diesem Abend kaum noch den Blick von Neaira nehmen.
    Am nächsten Tag begleitete Philostratos Neaira, Nikarte, Lysias und eine aufgeregte Metaneira in die Stadt, wo sich Metaneira, in einen weißen Chiton gekleidet, zum Zug der Mysten einfinden sollte. In ihrer Hand hielt sie ihren Pilgerstab, an dem ein Kleiderbündel für die Einweihung befestigt war. Neaira bekam nicht genug vom Anblick der Festlichkeiten, während sie sich durch die bevölkerten Straßen Athens schoben. Die unterschiedlichsten Düfte -
    Weihrauch, Blüten und allerlei Leckereien, wie in Honig geschwenkte Früchte und geröstetes Brot zogen in ihre Nase. Hätte sie Geld besessen - Neaira hätte sie sich sofort etwas gekauft. Am liebsten wäre sie überall stehen geblieben um sich in Ruhe umzusehen. Doch Lysias drängte zur Eile, damit Metaneira den Aufbruch der Mysten nicht verpasste. Trotzdem antworteten Lysias und Philostratos gerne auf Neairas neugierige Fragen; einzig Nikarete konnte der freudigen Ausgelassenheit nichts abgewinnen und trottete in ihren mit goldenen und silbernen Troddeln bestückten Gewändern gelangweilt neben ihnen her. Ihr übertrieben verschwenderischer Aufzug blieb nicht unbeachtet. Die Menschen begannen zu tuscheln oder obszöne Gesten in ihre Richtung zu vollführen. Neaira, in einen schlichten Peplos und Mantel gekleidet, sowie Metaneira, die bereits ihr Mystengewand trug, sahen zu Boden, wenn die Menschen ihnen nachstarrten. „Selbst hier muss sie zeigen, wer sie ist ... und was wir sind.“ Neaira war verärgert und wünschte sich nichts sehnlicher, als unbeachtet zu bleiben.
    Als Metaneira sich von Neaira verabschiedet und in den Festzug eingereiht hatte, schlug Philostratos überraschend vor, die Statue der Athene auf der Akropolis zu besuchen. Während Neaira am liebsten sofort losgezogen wäre, sah Nikarete ihn an als hätte er einen schlechten Scherz gemacht. Die Troddeln an ihren Gewändern zitterten, so sehr empörte sie Philostratos Vorschlag.
    Sie glaubt, Metaneira würde den Festzug nutzen, um fortzulaufen – und ich wünschte, sie würde es tun! Neaira hätte zu gerne selbst in diesem Zug gestanden, denn dann wären Nikaretes Befürchtungen begründet gewesen.
    „Ich werde die arme Metaneira doch nicht allein unter all diesen Menschen lassen.“ Nikarete wies in die Runde als wären alle, die gekommen waren den Zug der Mysten zu beobachten, Diebe, Mörder und Mädchenschänder.
    „Nun, Herrin Nikarete, vielleicht möchte zumindest Neaira den Tempel der Pallas Athene besuchen? Mir scheint, sie besitzt einen wachen Verstand. Sicherlich würde es ihr gefallen, etwas mehr von Athen zu sehen. So kannst du ein wachsames Auge auf Metaneira haben und sicher sein, dass deine Tochter unter meiner Aufsicht steht.“ Philostratos hatte den Vorschlag arglos vorgetragen.
    Nikaretes Zorn verwandelte sich in Ratlosigkeit. Lysias bezahlte sowohl Neairas als auch Metaneiras Reise, und Philostratos ließ sie kostenlos in seinem Haus wohnen.
    Immer wieder sah sie von Metaneira, die sich zum Aufbruch bereit machte, zu Neaira, die an der Seite Philostratos stand und erwartungsvoll die Luft anhielt. Es war nicht zu übersehen, dass sie mit sich selbst einen Kampf ausfocht. Dann nickte sie zögerlich, wenn auch unwillig. „Da ich weiß, dass meine geliebte Tochter in deiner Obhut gut aufgehoben ist, werde ich es erlauben und statt dessen bei Metaneira bleiben, die vergleichsweise schutzloser ist in diesem Gewimmel.“
    Neaira hätte vor Freude aufschreien wollen, doch natürlich tat sie es nicht. Stattdessen verbarg sie ihr Lächeln wie gewöhnlich hinter einer Miene des Gleichmuts und ließ die nervöse Nikarete mit Lysias zurück. Dieser kniff Neaira ein Auge, wie um ihr zu zeigen, dass er ihr diesen Tag ohne die Fuchtel Nikaretes von Herzen gönnte.
    Philostratos wies er immer wieder auf Sehenswürdigkeiten, während sie durch die Straßen schlenderten und erklärte Neaira, dass die Athener den großen Tempel der Athene einst als Dank für den Schutz der Göttin, den sie ihnen in einem Krieg gegen die Perser gewährt hatte, erbaut hätten.
    „Wie Aphrodite die Schutzgöttin von Korinth ist, wacht Athene über Athen und diejenigen, die in dieser Polis leben. Du wirst ihr einen Obolus

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