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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Flötenmädchen zu sich heranwinkte – alle beide! Phrynion, der Satyr , dachte sie noch und ärgerte sich insgeheim darüber, dass er sie nicht einmal angesehen hatte.
    Grübeleien zerfressen das Gemüt – dies war eine der wenigen Weisungen, bei denen sie mit Nikarete übereinstimmte. Um sich von ihren wirren Gefühlen Phrynion gegenüber abzulenken, machte sich Neaira am nächsten Morgen auf in den Hof, wo Metaneira noch immer ihr Zimmer hatte, wenn Lysias nicht in der Stadt war. Sie sorgte sich, da sie die Freundin seit fast einem Mondumlauf überhaupt nicht zu Gesicht bekommen hatte und Nikarete auch nicht darauf zu bestehen schien, dass sie auf den abendlichen Gelagen erschien.
    Sie fand Metaneira am helllichten Tag auf ihren Polstern mit geöffneten Haaren und ungesunder Gesichtsfarbe liegend. Im Zimmer roch es nach altem Schweiß. Wie lange war Metaneira nicht im Badehaus gewesen? Neaira sah sich ratlos um, da dieses Verhalten nicht zu ihrer Freundin passte. „Bist du krank?“ Etwas Schlaueres fiel ihr nicht ein zu fragen, denn was für einen Grund konnte es sonst für Metaneiras Verhalten geben.
    Metaneira sah sie unentschlossen an, schien zu überlegen und schüttelte dann den Kopf. „Ich verstecke mich hier so lange es geht und täusche eine Krankheit vor ... vor Idras, Stratola ... vor allen!“ Ängstlich sah sie zur Tür, um sicher zu sein, dass Neaira allein gekommen war.
    Als sie niemanden entdeckte, wagte sie endlich zu sprechen. „Ich fürchte, ich erwarte ein Kind. Meine Monatsblutung hätte schon auf der Rückreise von Athen einsetzen müssen.“
    Neaira brauchte eine Weile, bis das Ausmaß von Metaneiras Worten ihren Verstand erreichte. Metaneira war verzweifelt. „Lysias muss es erfahren, dann wird er dir helfen. Er ist gütig und liebt dich aufrichtig“.
    Hastig schüttelte Metaneira den Kopf. „Lysias ist in Athen. Wer weiß schon, ob er noch einmal zurückkehren wird. Ich wage nicht, irgendjemand anderem als dir von meinem Zustand zu erzählen. Nikarete und Idras würden mir das Kind aus dem Leib treiben, wenn sie davon erfahren, und ich traue keinem der anderen Männer.
    Immerhin ist Lysias mein Gönner, und ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich ihn allen anderen vorziehe. Warum also sollten sie mir helfen?“
    Neaira dachte nach und nahm dann Metaneiras Hand, um sie zu beruhigen. „Ich habe ein wenig Schreiben und Lesen gelernt. Ich werde versuchen ein Schreiben zu Lysias zu schmuggeln.“
    Metaneira schüttelte ängstlich den Kopf. „Welchem der Männer vertraust du?“
    Wem vertraute sie? Keinem! Doch ebenso wusste Neaira, dass Metaneira ihre Schwangerschaft nicht lange würde verbergen können und Nikarete keinerlei Skrupel besaß. Schwanger wäre Metaneira für sie wertlos.
    „Wie viele Mädchen sind daran gestorben, als sie versuchten eine ungewollte Leibesfrucht aus ihrem Körper zu treiben?“ Metaneiras Stimme zitterte. „Ach, warum musste mir das passieren? Ich war so glücklich in Athen mit Lysias.“
    „Ich werde versuchen jemanden zu finden, der Lysias Nachricht gibt - eine andere Möglichkeit bleibt uns nicht.“
    Metaneira kämpfte mit sich, doch nachdem Neaira noch eine Weile auf sie eingeredet hatte, nickte sie zustimmend. „Mir bleibt wohl keine andere Möglichkeit“.
    „Ich werde vorsichtig sein, das verspreche ich dir.“
    Neaira blieb noch eine Weile bei Metaneira um sie zu trösten. Es wäre gefährlich für sie beide, sollte die Harpyie oder ihre schwarze Sklavin von ihren Plänen erfahren.
    Grübelnd kehrte Neaira in ihr Zimmer zurück, wobei sie in Gedanken die Männer durchging, denen sie meinte, vertrauen zu können. Timanoridas, dessen grausamer Zug sie abstieß, schloss sie aus, ebenso wie Xenokleides, den allzu träumerischen Dichter. Während sie noch darüber nachdachte, ob vielleicht Hipparchos jemand wäre, dem sie trauen konnte, schob sich das Bild eines anderen in ihre Gedanken. Das ist dumm, ein dummer Gedanke, ich sollte ihn gleich wieder vergessen! Aber er stammte aus Athen, es wäre leicht für ihn Lysias die Nachricht zu bringen. Ohne darüber nachzudenken, zog Neaira das rote Perlenhaarband unter den Polstern ihres Bettes hervor und schlang es um die Finger. Er konnte Geheimnisse für sich behalten – er machte ja selbst aus sich ein Geheimnis! Ich 180
    kenne ihn doch gar nicht! Aber vielleicht würde er sich an das Band erinnern? Schließlich entschied Neaira sich dafür, es zu versuchen. Im schlimmsten Fall würde er

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