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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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sie vor diesem Mann.
    „Herrin, was hast du ihm versprochen, damit er das restliche Geld für dich bezahlt und dich mit nach Athen nimmt?“, wagte Kokkaline wenig später zu fragen, während sie die Truhen ihrer Herrin packte.
    Neaira wandte sich zu ihr um und strahlte. Das erste Mal meinte Kokkaline, sie glücklich zu sehen. „Alles, Kokkaline.“
    „Alles ... was alles?“
    Die Herrin lachte über Kokkalines Frage. Da bemerkte Kokkaline, dass Neaira dieses Mal keine Maske trug. Sie war wirklich bereit, diesem Fremden ihr bloßes Gesicht zu offenbaren. „Ist es nicht gefährlich, diesem Mann so viel zu versprechen?“
    „Er ist Phrynion ... Phrynion der Satyr. Mit weniger hätte er sich niemals zufriedengegeben.“
    Kokkaline schwieg. Ihre Herrin würde ihr Misstrauen nicht verstehen, so sehr war sie von diesem Mann geblendet. Kokkaline packte weiter die Truhen und fasste einen Entschluss.

10. Kapitel
    Metökin
    Neaira hatte es eilig Korinth zu verlassen, denn sie fürchtete Xenokleides und Hipparchos würden ihre List durchschauen und ihr Geld zurückfordern. Als sie mit Phrynion das Haus verließ, zupfte Kokkaline sie scheu am Ärmel ihres Chitons. „Herrin, willst du mich denn nicht mitnehmen nach Athen?“
    Neaira sah in die blauen Augen der Sklavin. „Du gehörst mir nicht, Kokkaline.“
    Timanoridas gab Kokkaline einen Schubs in Neairas Richtung. „Ich schenke sie dir, denn sicherlich hast du dich an sie gewöhnt. Sieh es als großzügiges Geschenk deines ehemaligen Herrn!“
    Neaira dankte ihm und dachte bei sich, dass Timanoridas Großzügigkeit nur auf den Umstand zurückzuführen war, dass er vor seiner Hochzeit alles aus seinem Haus zu entfernen gedachte, was an sein Vorleben erinnert hätte – vor allem eine geschwätzige Sklavin, die der jungen Gattin viel zu berichten hätte. „Ich wünsche dir viel Freude in deiner Ehe“, sagte Neaira spöttisch. Timanoridas mied ihren Blick. Du wirst meiner noch gedenken , wiederholte sie die Worte Nikaretes stumm. In jeder Nacht, in der du deine Gattin unbefriedigt ob deiner lasterhaften Gelüste verlässt, sollst du meiner gedenken! Ich aber will dich vergessen und nie wieder nach 280
    Korinth zurückkehren. Alles will ich vergessen, was mir an Schlechtem wiederfahren ist. Denn jetzt bin ich frei und kann ein neues Leben beginnen.
    Phrynion war ein Mann, dessen Blicke Aphrodite hätten gefangen nehmen können. Die Selbstverständlichkeit, mit der er Neaira auf den Karren hob und mit der sie ihn ansah, hätten vermuten lassen, dass sie sich seit Jahren kannten. Neaira war sich sicher, dass nichts an diesem Mann ihr fremd war. Sie wusste, was er dachte und fühlte, ebenso wie er es von ihr wusste. Seine Hände waren ihr vertraut, sein geheimnisvoller Blick, der Duft seiner Haut.
    Nach all den Jahren kribbelte es in ihrem Bauch, wenn Phrynion sie ansah. War er älter geworden? Wahrscheinlich war er das, aber er war noch immer jung – ebenso wie sie.
    Hatten die Götter sie nicht füreinander bestimmt? Kurz war Neaira versucht ihn zu fragen, weshalb er sie damals nicht von Nikarete freigekauft hatte. Doch die Götter waren launisch – man durfte ihre Geschenke nicht infrage stellen; und er war ja jetzt gekommen. Was wollte sie also mehr? „Lass uns Korinth schnell verlassen“, bat Neaira ihn, während sich der Karren in Bewegung setzte. In Phrynions Augen blitzte wieder der altbekannte Spott. „In diesen Lumpen, mit denen Timanoridas dich ausgestattet hat?
    Willst du nicht wie eine Königin in Athen einziehen?“
    Neaira sah an sich hinunter. Sie hatte den besten Peplos ausgewählt, den sie besaß. Er war nicht aufwendig, aber geschämt hatte sie sich auch nicht für ihn – bis jetzt.
    Verunsichert durch seine Worte nickte sie schließlich. „Ich will eine Königin sein!“
    Phrynion hob sie vom Wagen und zog sie an sich. Ihn scherten die Blicke der Menschen nicht, die sie anstarrten da sie sich so schamlos vor den Augen aller in den Armen lagen. Neaira meinte, dass die Nähe zu ihm ihr die Kraft raubte. Er schob sie von sich und betrachtete sie mit Kennerblick. „Also wirst du auch eine Königin sein, denn ich würde mich mit nichts Geringerem als einer Königin zufriedengeben!“
    Phrynion erwies sich als großzügig – nahezu verschwenderisch. Noch in Korinth führte er Neaira in die teuersten Händlergeschäfte auf der Agora, kaufte ihr Schmuck, edle Chitone, aufwändige Peploi und alles, was das Herz einer Frau erfreuen konnte. Mit einem

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