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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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kahlgeschorenen Kopf, über den vom linken Ohr her eine Narbe quer bis in den Nacken lief. Die Narbe war jetzt rot wie das bullige Gesicht des Obersten. »Ja, die Arbeiter-Bataillone. Wer hat je gehört, daß Soldaten streiken dürfen!«
    »Wir sind eben eine freie Republik«, erwiderte Major Vegas. Er hütete sich, seiner Stimme einen sarkastischen Unterton zu geben.
    »Drei Bataillone sind ausgefallen, weil die Politiker in Madrid sich gegenseitig an der Kehle hängen und nicht wissen, wie sie diesen Krieg führen sollen. Das ist ein Haufen von Privatarmeen, die wir hier haben, schlimmer als in China.«
    Die Augen des Obersten bekamen einen tiefen, nachdenklichen Glanz. Wäre er doch in China geblieben. Das Herz zog sich ihm zu, als er an die wie mit Tusche hingetunkten Berge dachte, pastellfarben, blau und grün und purpur. Die Mädchen mit dem langen, schwarzen Haar, den flachen Gesichtern mit den hohen Backenknochen, dem hellen Lachen und den weißen Zähnen.
    Zwei Jahre lang war er als Militärinstrukteur bei den Kuomintang-Truppen gewesen, aber dann brachen die Kämpfe zwischen der Kuomintang und den Kommunisten erneut aus, und die spanische Regierung berief ihn zurück. Es ging eben nicht, zwei Pferde zur gleichen Zeit im Rennen zu haben. Einmal, vor langen Jahren, war die Kuomintang eine revolutionäre Partei mit einer revolutionären Armee gewesen. Aber das war vorbei.
    »Ja, China«, sagte Major Vegas, »und seitdem hat man Ihnen einen Aufpasser mitgegeben, weil man sich nicht klar ist, ob Sie noch mit der Kuomintang sympathisieren oder nicht.«
    »Sie wissen ja einiges über mich, Genosse Major.«
    »Das muß man in diesem Geschäft.«
    »Ein Geschäft mit dem Tod.«
    Vegas hob die Schultern. Er blickte auf seine Armbanduhr, ein Werk Schweizer Präzisionsarbeit. Das konnte er sich leisten. Man konnte sich vieles leisten, wenn man allein war und die Ansprüche nicht zu hoch schraubte.
    Er blickte zu dem Ordonnanzoffizier auf, der neben ihm stand, in Erwartung der Befehle.
    »Achtzehn Uhr zwanzig. Geben Sie Befehl: in fünf Minuten feuerbereit.«
    »Sí, Camarada Comandante.«
    Der Colonel griff nach dem tönernen Weinkrug, der auf dem Tisch stand, nahm einen Becher, goß sich ein. Es war dunkler, tintiger Rioja. Er trank den Becher leer, ohne ihn abzusetzen.
    »Auf Ihre Gesundheit«, sagte Major Vegas.
    Der Colonel zuckte mit den Schultern.
    »Das Kommando Brenski ist nur die Speerspitze, Colonel. Wenn sie Erfolg haben, die Burschen, schieben wir eine ganze Kompanie nach. Und dann kommt das einundfünfzigste Bataillon aus seiner Umklammerung bei Guevara heraus, und – bumm! – haben wir die Nacionales im Sack.«
    »Man soll seine Kräfte nicht zersplittern. Wenn man loslegt, soll man mit allem loslegen, was man hat.«
    »Und was habe ich?« fragte der Major.
    Der Colonel schnaubte. Er goß sich einen zweiten Becher ein.
    »Ich habe Kranke, Verwundete, Genesende, Krüppel. Auf dem Papier habe ich ein ganzes Bataillon. Aber in Wirklichkeit habe ich nur eine Kompanie. Und das sind gute Leute, und die will ich nicht verheizen.«
    Der Colonel kniff die Augen zusammen. »Soso. Und die Leute Brenskis, die Internacionales, die kann man verheizen?«
    »Meine Leute sind Spanier.«
    Sie schauten sich in die Augen. Der Colonel ballte die Hand zur Faust, als wolle er den Becher zerdrücken. »Wenn wir keine Hilfe mehr aus dem Ausland bekommen, sind wir verloren. Und die Jungs da draußen sind Idealisten. Wenn die merken, was wir mit ihnen machen, dann werfen sie den Dreck hin und gehen nach Hause.«
    »Ich lasse jeden an die Wand stellen, der den Dreck hinwirft, ob nun Spanier, Deutscher oder Inglés.«
    Der Colonel nickte. »Wenn man weit genug hinter der Front sitzt, in einem kühlen Raum im Stabsquartier, vor sich den Wein und den Käse, hinter sich ein paar Ordonnanzen, die auf jeden Befehl springen, wenn man sich eingeigelt hat wie die Nacionales auf dem Alcázar, dann kann man gut von An-die-Wand-Stellen reden.«
    Der junge Leutnant betrat wieder den Raum. »Die Batterien sind feuerbereit, Camarada Comandante.«
    Vegas blickte wieder auf seine Armbanduhr. Er griff nach einem der Feldtelefone auf dem Tisch, drehte an der Kontaktkurbel.
    Der Chef der beiden 12-Zentimeter-Batterien meldete sich.
    »Feuer frei, Batesto!«
    »Feuer frei, Camarada Comandante.«
    Vegas legte den Hörer auf.
    Im gleichen Moment begann die Erde zu beben.
    Vegas lächelte. »Schön, nicht wahr?«
    Die Abschüsse rumpelten wie Donner

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