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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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sagte sie sich, denn sie liebte ja Burton. Wie konnte sie ihn dann mit dem Mann vergleichen, der dort hinten schlief. Ein Roter, ein Atheist, auch wenn sie ihn sehr gern mochte.
    Sie blieb stehen. Es war, als habe sie ein glucksendes Lachen gehört. Aber das Lachen kam nicht von außerhalb, es kam aus ihrem Innern.
    Willst du dich immer noch dagegen wehren, daß du Brenski …
    Nein, ich liebe ihn nicht! Ich liebe Burton!
    Mach dir selbst nichts vor. Brenski ist der Mann, auf den du dein Leben lang gewartet hast. Und jetzt ist er gekommen. Wenn auch nur ein Rest von dem in dir übriggeblieben ist, was du in Santa Maria de la Sierra gelernt hast, ein Rest an Vernunft, die in der sich kasteienden Gemeinde der Nonnen wenig Platz hatte, dann mußt du dir sagen, daß du Brenski liebst.
    Aber wieso habe ich dort Vernunft gelernt?
    Weil du dich wehren wolltest, weil du nicht wolltest, daß deine Persönlichkeit ganz unterging, ganz aufging in der Gemeinschaft der Unberührten, der Bräute Christi.
    Sie träumte im Wachen. Und daher hörte sie die Schritte auch nicht, die langsam durch den Wald kamen.
    Erst als dicht vor ihr ein Zweig knackte, fuhr sie zusammen. Stocksteif blieb sie stehen. Das Herz klopfte ihr bis in den Hals.
    Wieder dieses Tappen, schwerfällig, wie von einen beleibten Koch, der ein Faß Wein aus dem Keller nach oben in die Küche holt.
    Sie trat langsam zurück, vorsichtig, um nicht selbst auf einen Zweig zu treten. Sie hockte sich dicht neben Brenski hin, wußte nicht, ob sie ihn wecken oder ob sie abwarten sollte.
    Das Knacken der Zweige kam näher, dann ein Rascheln, und die Luft war mit einemmal von einem Geruch erfüllt, nicht unangenehm, aber auch nicht angenehm.
    Es war die Ausdünstung eines wilden Tiers.
    Maria Christina dachte instinktiv: nicht schießen. Denk an die Marokkaner. Wenn sie noch im Gebirge sind, hören sie die Schüsse.
    Eine ihr gigantisch erscheinende Gestalt schob sich zwischen den Felsüberhang und die Quelle. Ein dicker Nacken, höher als der Kopf, breite Pranken, alle viere durch das Gras ziehend, dann den Kopf in die Quelle stoßend.
    Ein Bär.
    Maria Christina wußte nicht, ob sie lachen oder weiter Angst haben sollte. Die Braunbären der Sierra konnten groß und mächtig werden, aber sie hatte noch von keinem gehört, der einen Menschen angegriffen hätte, es sei denn, der Mensch hatte den Bären zuerst angegriffen.
    Sie lehnte sich zurück und spürte den Rücken Brenskis. Die Berührung tat ihr wohl.
    Laut schlürfend trank der Bär. Das konnte er sich leisten, denn außer dem Menschen, der ihn jagte, und außer den Wölfen, die manchmal in strengen Wintern Hatz auf ihn machten, wenn er noch dösig war vom Winterschlaf, aus dem ihn ihr Heulen, Scharren und Schnauben aufgeweckt hatte, ja, außer diesen hatte er keinen natürlichen Feind.
    Als der Bär sich sattgesoffen hatte, setzte er sich hin, wie sich ein Mensch hinsetzen würde, und er hob den Kopf und schaute zum Himmel hoch, zu den Sternen.
    Was mochte in ihm vorgehen? Erfaßte der Bär, ein Tier, etwas von der Unendlichkeit des Alls, von den Mysterien des Jenseits, aber auch von der Rätselhaftigkeit des Diesseits?
    Was ging in den Köpfen von Tieren vor sich, von Säugetieren, die dem Menschen so verwandt waren? Was ging im Kopf von Chico vor sich? Als hätten sich ihre Gedanken auf den Bären übertragen, witterte dieser jetzt in alle vier Himmelsrichtungen. Seine Schnauze hob sich schnüffelnd gegen den Felsüberhang.
    Plötzlich, sie konnte der Bewegung gar nicht mit den Augen folgen, stand der Bär auf den Hinterbeinen, die Tatzen seiner Vorderläufe von sich gestreckt wie in Abwehr. Im vagen Licht der Dämmerung sah Maria Christina, wie die acht oder zehn Zentimeter langen Krallen drohend blinkten, abgeschliffen vom vielen Wühlen in der Erde, um an die jungen Wurzeln zu kommen, vom Klettern über die Felswände, von Kämpfen mit jüngeren Bären, die in sein Revier eingedrungen waren.
    Der Bär trat einen Schritt vor, immer noch witternd, immer noch schnaubend. Sie spürte, wie Brenski sich in ihrem Rücken regte. Er war von einer Sekunde zur anderen wach. Er packte ihren Arm, nahm ihr die Maschinenpistole aus der Hand.
    Der Bär knurrte, tief und grollend.
    Brenski nahm einen kleinen Stein und warf ihn ins Wasser des Bächleins. Der Bär fuhr herum, wie ein Mensch sich erschreckt oder wachsam umdrehen würde.
    »Schohhh … schohhhaschohhh …«, zischte Brenski laut.
    Der Bär wandte sich wieder um,

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