Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
Vom Netzwerk:
Knochen knackten, als er sich aufrappelte. »Und was ist dein Alias?«, fragte er.
    Fu packte Angus bei den Haaren, zerrte ihn von Jarhead runter, löste ihm den blutigen, stinkenden Gürtel von der Taille. Dann drehte er ihn aufs Gesicht, zerrte die Handgelenke übereinander und fesselte sie ihm stramm auf dem Rücken. Ließ seinen Blick über das Geld wandern, das über den Scheunenboden verstreut war. Wandte sich Purcell zu. »Alias?«
    »Dein Name«, sagte Purcell.
    »Ich heiße Fu«, sagte er. »Ich bin schon die ganze Zeit hinter diesem Angus her. Er hat einen Haufen Schulden.«
    Purcell schürzte die Lippen, blickte auf das Geld. »Tja, hier ist eine Menge zu holen. Und ich und Jarhead sind alles andere als Geizhälse, zumal du uns den Arsch gerettet hast.«
    Fu verbeugte sich vor Purcell. Er nahm sich zwanzig Riesen in Fünfzigern und Hundertern und verstaute das Geld säuberlich gestapelt in einer Tüte. Es war kaum zu erkennen, dass er überhaupt etwas genommen hatte. Ein paar verirrte Scheine steckte er sich als Spritgeld in die Tasche. Dann kniete er sich hin und legte sich Angus über die Schulter. Stand auf und war im Begriff zu gehen.
    »Ich glaube, wir sehen uns noch mal wieder. Frag mich bloß nicht, zu welchem Anlass«, sagte Purcell.
    »Sehr wohl«, sagte Fu. Dann verschwand er.
    Die Wände der Scheune vibrierten unter den Schlägen der Menge. Purcell kniete sich hin. Sein Rücken knackte, als er Jarhead vom Boden hievte. Seine Wunde pulsierte vor Schmerz, als er mit ihm aufstand und ihn zum Bronco hinausführte. Er legte ihn auf den Rücksitz.
    Jarhead murmelte vor sich hin, produzierte dabei kirschgroße Blasen. »Lass gut sein«, sagte Purcell. »Wir zwei Hurensöhne haben vielleicht ein Glück. Ich sack schnell noch was von McGills Zaster ein, bevor die Leute vorne peilen, dass die Scheune auch eine Rückseite hat. Die werden uns ganz sicher davon abhalten wollen abzuhauen oder uns gleich lynchen. Sehen wir zu, dass wir Land gewinnen.«

Teil 4
Der Beginn

22
    Angus’ Venen fühlten sich an, als steckten Dornen darin. Scharfe Spitzen punktierten die Meridianpunkte seines Körpers, raubten ihm jegliche Kraft, die Gliedmaßen zu bewegen. Er war ein gekühltes Stück schlaffes Fleisch. Als er die Augen öffnete, sah er nichts als Dunkelheit. Als er einatmete, roch er die eigene Haut, Schweiß und Seife.
    Erinnerungsblitze schossen ihm durch den Kopf: Wasser, das so kalt war, dass sein Körper ausschließlich aus blanken Knochen zu bestehen schien, weder Fleisch noch Blut. Borsten, die das Blut von ihm abschrubbten, Striemen und Beulen ignorierend. Eine behutsame Hand, die eine Nadel führte, offene Wunden zusammenzog und verschloss. Ein glänzender Sarg, der nach seiner Statur geformt war.
    Angus versuchte, mit einem Finger oder Zeh zu wackeln. Vergeblich. Er hörte Stimmen.
    Fu stand neben dem silbernen Sarg in seinem Keller. Mit neuer Brille, in schwarzen Anzughosen und hellweißem T-Shirt. Wundschorf und pflaumenfarbene Flecken übersäten Gesicht und Arme. Vor ihm standen drei Männer. Ein Chinese. Ein Schwarzer. Ein Weißer. Sie trugen schwarze T-Shirts, die in schwarzen Militärhosen steckten, und glänzende schwarze Kampfstiefel. Jeder von ihnen hatte auf der Innenseite eines Unterarms eine Tätowierung, die über seine jeweilige Fähigkeit Auskunft gab. Der Asiate einen schwarzen Tiger mit grauen Streifen, der Schwarze einen von orangenfarbenen Flammen umrankten goldenen Drachen und der Weiße eine goldene Schlange, die von roten Bambusflöten umgeben war. »Und was haben Sie mit dem Bullen gemacht?«, fragte der Mann mit dem schwarzen Tiger.
    Fu grinste. »Habe mithilfe einer Nadel sein Gedächtnis gelöscht. Dann habe ich ihn vor dem Krankenhaus abgeladen.«
    »Und was sagt Mr. Zhong?«
    »Er ist zufrieden. Die Schulden sind beglichen.«
    »Was ist mit diesem Redneck namens Pete?«
    »Er wird sich schon fügen. Jeder Schüler hat seine Lernkurve.«
    Der Schwarze Tiger wies auf den Stahlsarg. »Was ist, wenn der Mann Si-Bok Laos Training überlebt, eines Tages hierher zurückkommt, um Sie oder den Bullen zu finden?«
    »Soll er ruhig. Ich habe jeden von euch genauso trainiert, wie Lao mich und diejenigen trainiert hat, die ihn trainieren werden. Ich bin derjenige, der ihm eine zweite Chance gibt. Er ist einzigartig, genau wie ich es war. Es wäre Verschwendung, ihn nicht das tun zu lassen, was er am besten kann.«
    »Kämpfen«, sagte der Schwarze Tiger.
    Fu nickte. »Ganz recht,

Weitere Kostenlose Bücher