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Der Geschmack der Liebe

Der Geschmack der Liebe

Titel: Der Geschmack der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia König
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Sinne meines Sohns gewesen.“
    Luisa blinzelte die Tränen weg. Frau Hansen hatte recht. Maximilian Hansen hätte sicher gewollt, dass sie alle so weiterarbeiteten wie bisher. Trotzdem und gerade in einer Zeit wie dieser. Sie sah sich um. Johann Rieger saß wie ein Häuflein Elend auf einem Stuhl ganz vorne und verfolgte jede Bewegung der Patriarchin. Nicole starrte gedankenverloren an die Wand, und Hubertus Braun knetete in sich gekehrt die Hände. Dann fiel ihr Blick auf Christine Hansen, deren Rücken bebte, als weinte sie.
    „Deswegen“, fuhr Frau Hansen fort, „möchte ich Ihnen meinen Enkel als Interimsgeschäftsführer vorstellen. Er wird bis auf Weiteres für sämtliche Entscheidungen, die die Firma betreffen, die Verantwortung übernehmen. Daniel, wenn ich bitten darf!“
    Daniel Hansen nickte und trat vor seine Großmutter an das Podium. Mit einem undurchdringlichen Gesichtsausdruck wandte sich der neue Geschäftsführer an seine Mitarbeiter. Wie immer sah er aus wie aus dem Ei gepellt – er trug einen maßgeschneiderten anthrazitfarbenen Anzug, ein frisch gestärktes weißes Hemd und eine hellgraue Krawatte, die bestens zu seinem Outfit passte. Luisa konnte den Juniorchef von heute nur schwer in Verbindung bringen mit dem geschockten Daniel Hansen von Samstagabend. Seine dunklen Haare, akkurat gescheitelt, sahen aus wie immer.
    „Vielen Dank, Großmutter“, begann er nun ruhig. „Liebe Mitarbeiter, trotz des traurigen Anlasses ist es mir eine Ehre, die Geschäfte von Hansen Kaffee zu übernehmen. Fürs Erste wird sich für Sie alle erst einmal nichts ändern, was nicht heißen soll, dass wir nicht schon bald vor tief greifenden Umstrukturierungsmaßnahmen stehen werden. Notgedrungen. Aber darüber werden wir dann zu gegebener Zeit reden.“
    Er ließ seinen Blick über die Belegschaft schweifen.
    „Noch heute werde ich das Büro meines Vaters beziehen, um mir einen genauen Einblick in die Unternehmenssituation zu verschaffen. Sie alle wissen sicherlich, dass mein Vater – nennen wir es eine etwas antiquierte Art hatte, die Geschäfte zu leiten. Einiges wird sich ändern müssen. Doch bis dahin …“ Daniel machte eine Pause. „… danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte Sie, sich unverzüglich wieder an Ihre Arbeitsplätze zu begeben.“
    Daniel drehte sich zu seiner Großmutter um, doch dann fiel ihm noch etwas ein.
    „Und bevor ich es vergesse: Natürlich sind Sie alle herzlich eingeladen, an der Beerdigung meines Vaters teilzunehmen.“ Streng sah er von einem zum anderen. „Aber ich möchte Sie darum bitten, die daraus resultierenden Fehlstunden so bald wie möglich aufzuholen! Schließlich muss Hansen Kaffee den Verlust der letzten Tage wieder aufholen. Und damit meine ich nicht den Tod meines Vaters, sondern die Tatsache, dass die Firma die Marktführung zugunsten von Comtess Coffee verloren hat.“
    Eleonore schüttelte beinahe unmerklich den Kopf, während sie gemeinsam mit Daniel den Sitzungssaal in Richtung seines Büros verließ.
    „Daniel, das war geschmacklos und alles andere als feinfühlig“, warf Eleonore ihm schließlich hinter verschlossener Tür vor. Doch der frischgebackene Geschäftsführer war die Ruhe in Person.
    „Lass das mal meine Sorge sein“, erklärte er gelassen. „Ich respektiere dich, Großmutter, aber du hast keine Ahnung von den aktuellen Zahlen. Und das weißt du selbst. Wenn du dich damit auseinandergesetzt hast, höre ich mir gerne deinen Rat an. Bis dahin bin ich der Einzige, der sich auskennt. Also, am besten vertraust du mir einfach.“
    Mit den letzten Worten hatte Daniel seine Großmutter endgültig verärgert. So hatte noch nie jemand mit ihr gesprochen. Daniel zum Geschäftsführer zu machen war für sie ein selbstverständlicher Vorgang gewesen. Vom Vater wurde die Geschäftsleitung traditionell auf den Sohn übertragen, wenn der Senior in Rente ging oder eben starb. Aber nun kamen Eleonore Zweifel an ihrer Entscheidung. Grußlos verließ sie nachdenklich Daniels Büro und machte sich auf die Suche nach ihrer Schwiegertochter, mit der sie zusammen nach Hause in die Familienvilla fahren wollte.
    Langsam löste sich die Versammlung auf. Der sonst so fröhliche Johann Rieger ging mit hängendem Kopf an Luisa vorbei und murmelte: „Er war jünger als ich, irgendwie ist das doch alles falsch!“
    Luisa wusste genau, was Herr Rieger meinte. Auch im Röstraum war die Stimmung bedrückt. Nicole brauchte für jeden Arbeitsschritt doppelt so

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