Der Geschmack der Liebe
etwas Abstand gewinnen und Eleonore sich um die Firma kümmern, ohne sich um ihre Schwiegertochter sorgen zu müssen. Nachdenklich blickte sie durch das Fenster in den Garten, wo die letzten Sonnenstrahlen durch die Bäume fielen.
Luisa stand mit ihren Kollegen in der Kaffeeküche, wohin heute kurzerhand die Mittagspause verlegt worden war. Sie schenkte sich gerade eine Tasse Café Luna ein, als Gisela Mühlbauer die kleine Küche betrat. Alle verstummten. Hin und wieder hatte sich Gisi in der Mittagspause zu ihnen gesellt, das schon. Aber jetzt war sie immerhin die persönliche Sekretärin des neuen Chefs.
„Bekomme ich einen Kaffee von euch?“, fragte sie den Tränen nahe und ließ sich dann erschöpft auf dem Fenstersims nieder.
„Was ist denn los?“, fragte Luisa mitfühlend, als Hubertus Braun Gisi seine nicht angerührte Tasse in die Hand drückte.
„Daniel Hansen ist los“, schniefte die Sekretärin und erklärte, dass der Junior keine Stunde nach seiner Antrittsrede gebraucht hatte, das Büro seines Vaters zu beziehen und es komplett auszuräumen. Als Erstes waren die Porträts seiner Ahnen rausgeflogen.
„Als wäre ihm der Stil seines Vaters geradezu zuwider“, seufzte Gisi. „Sogar das silbergerahmte Foto von seiner Mutter und ihm als kleinem Jungen hat er einfach so in den Müll geworfen! Stattdessen hat er sich gleich eine ganz neue Einrichtung im Internet bestellt!“
„Zwanzig Jahre bin ich jetzt schon hier, und Maximilian Hansen hat mich immer behandelt, als wäre ich … na eben seine rechte Hand und …“ Gisi schluchzte unterdrückt. „Als wäre ich irgendwie wertvoll für ihn.“ Jetzt kullerte eine Träne ihre rechte Wange herab.
„Das warst du ja auch“, versuchte Luisa ihre aufgebrachte Kollegin zu beruhigen. „War jeder von uns. Wir alle waren etwas Besonderes für Herrn Hansen!“
Alle nickten zustimmend, und Gisi hörte prompt auf zu weinen.
„Ja, das weiß ich ja auch eigentlich, aber Hansen junior … der tut eben so, als wäre ich … na ja, irgendwie überholt!“ Gisi sah sich blinzelnd um. „Aber sagt mal, wieso seid ihr denn alle hier und nicht in der Mittagspause?“
Hubertus Braun schenkte der noch immer zitternden Sekretärin einen weiteren Kaffee ein.
„Das hier ist unsere Mittagspause“, erklärte er dann. „Wir sind wegen des Ausfalls der Röstmaschine etwas hintendran und wollen alle auf Herrn Hansens Beerdigung. Also haben wir beschlossen, nur schnell einen Kaffee zu trinken, um dann gleich weiterarbeiten zu können.“
Gerührt blickte Gisi von einem zum andern. „Das hätte ihm sicher gefallen“, hob sie an, „Herr Hansen war immer so ein …“
In dem Moment wurde die Tür aufgerissen, und Daniel Hansen betrat den kleinen Raum. Und er sah alles andere als erfreut aus.
„So ist das also“, schimpfte er los. „Wie heißt es so schön? Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch! Aber nicht mit mir, meine Herrschaften, nicht mit mir!“
Dann nahm der neue Geschäftsführer Nicole ins Visier und herrschte sie an: „Können Sie mir bitte erklären, warum Sie hier rumstehen, anstatt zu arbeiten?“ Vor lauter Aufregung bekam Nicole kein einziges Wort heraus. Daniel Hansen sah sie missbilligend an und erklärte mit eisiger Stimme: „Hören Sie mir gut zu! Jeder einzelne Arbeitsvertrag wird auf seine Zweckmäßigkeit für die Firma überprüft.“ Er warf einen abschätzenden Blick auf alle Anwesenden. „Mitarbeiter, die lieber Pause machen, als zu arbeiten, sind alles andere als geeignet, um zum Erfolg eines Geschäftes etwas beizutragen! Wie ist Ihr Name?“ Nicole zitterte so sehr, dass sie noch immer kein einziges Wort herausbrachte. Dafür platzte Luisa der Kragen.
„Wie wäre es, wenn Sie uns erst mal fragen, was wir eigentlich hier tun?“, wollte sie aufgebracht von dem neuen Chef wissen, der sie wütend anstarrte.
„Luisa“, versuchte Hubertus Braun sie leise aufzuhalten, doch es war zu spät.
„Sie meinen, außer mein Geld zu verprassen und meinen Kaffee zu trinken?“
„Nein“, wehrte sich Luisa. „Wir machen eine Pause hier, okay, aber die steht uns zu, dafür lassen wir ja auch …“
Bevor Luisa den Satz zu Ende sprechen konnte, fiel Daniel Hansen ihr ins Wort. „Sie maßen sich an, mir zu sagen, was Ihnen zusteht? Nichts da!“ Er wandte sich an alle Angestellten. „Hopp, hopp, an die Arbeit, bevor ich mich vergesse! Außer Ihnen!“ Daniel Hansen deutete auf Luisa. „Sie können sich im
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