Der Geschmack von Glück (German Edition)
ich abwimmeln kann?«
Graham zuckte die Achseln. »Anscheinend nicht.«
»Du hast ihnen wohl allen Angst eingejagt«, sagte Joe mit kaum verhohlener Freude und bat sie dann mit ausladender Geste hinein.
Graham trat zuerst ein, Ellie folgte ihm, doch beide blieben neben der Garderobe stehen, die wie ein riesiger Angelhaken geformt war. Jedes Augenpaar im Restaurant richtete sich auf sie; Besteck sank auf Tischdecken, Hummer waren vergessen, alle starrten das Paar am Eingang an. Ellies erster Impuls war, sich hinters Stehpult der Empfangsdame zu ducken oder auf dem Absatz kehrtzumachen; nachdem sie so lange genau diese Situation gefürchtet hatte, war es seltsam, vor so vielen – bekannten und unbekannten – Gesichtern zu stehen und sich mit Graham zu zeigen. Aber es war kein Geheimnis mehr, und es gab keinen Grund, sich zu verstecken.
Joe deutete auf ihren Tisch in der hinteren Ecke, wo er die umliegenden Tische frei gelassen hatte, damit sie Raum zum Reden hatten. Doch erst als Graham ihre Hand nahm, konnte sie sich wieder rühren und folgte ihm mit gesenktem Blick nach hinten. Am Tisch schob Graham ihr den Stuhl hin und setzte sich ihr gegenüber; Joe holte Streichhölzer aus der Tasche und zündete die Kerzen an, zwinkerte Ellie zu und ließ sie allein.
»So«, sagte Graham und beugte sich vor, und Ellie musste lächeln.
»So.«
»Noch alles in Ordnung bei dir?«
Gestern Abend war Ellie nach dem Feuerwerk zu Graham gegangen. Um sie herum sammelten Familien ihre Decken und ihre müden Kinder ein. Sie ließ sich neben ihm im Gras nieder, und so blieben sie beide lange schweigend sitzen.
»Du hast es gehört, oder?«, fragte sie schließlich, und er nickte. »Dann ist es jetzt wohl öffentlich. Alle wissen Bescheid über uns.«
In Grahams Gesicht breitete sich ganz langsam ein Lächeln aus, und er zeigte mit dem Finger ins Dunkel. »Der Typ?« Er deutete wahllos auf einen Mann, der eine Kühlbox über den Rasen schleifte, und sah sich weiter um. »Und sie?« Er nickte in Richtung einer schwangeren Frau, um schließlich bei einem alten Mann mit Gehstock hängenzubleiben. »Und er?«
Ellie lachte. »Ja«, sagte sie mit gespielter Verzweiflung. »Er wahrscheinlich auch.«
Graham beugte sich zu ihr, bis nur noch Zentimeter zwischen ihren Gesichtern lagen. »Das heißt, wir können jetzt das hier tun?«, fragte er, und dann küsste er sie, und der Kuss schien ewig zu dauern.
Als sie sich endlich voneinander lösten, grinste sie. »Das nehme ich an.«
»Dann ist es ja nicht so schlimm.«
»Wenn man es so sieht, nein, eigentlich nicht.«
»Solange es dir damit gut geht«, fügte er hinzu, und sie nickte.
»Geht es«, sagte sie. »Und dir?«
»Bestens. Komisch, oder?«
Sie hatte gelächelt. »Kein bisschen.«
Jetzt beugte er sich über den Tisch, sein Kopf umrahmt von der Seekarte an der Rückwand, und schaute sie besorgt an.
»Mir geht’s gut«, sagte sie. »Echt. Ich habe allerdings noch keinen von den Artikeln gelesen. Ich nehme einfach mal an, dass mich jeder weibliche Teenager im Land umbringen will. Aber es hätte auch schlimmer kommen können.«
»Wie das denn?«
»Dein skandalöses Verhalten hat zum Glück den ganzen Kram mit meinem Vater völlig an den Rand gedrängt.« Sie nahm ihre Speisekarte und lächelte ihn über den Rand hinweg an. »Stell dir vor.«
»Heißt das, deine Mutter kommt auch damit klar?«
»Wird sie«, sagte Ellie. »Werden wir beide.«
Graham nickte. »Da bin ich froh.«
»Sie hat es besser aufgenommen, als ich dachte. Gestern hätte ich noch getippt, dass ich heute Hausarrest habe.«
Er winkte ab. »Dann wäre ich gekommen, dich zu befreien. Ich habe zwar kein weißes Pferd, aber ein sehr beleibtes Schwein.«
»Wie romantisch«, sagte Ellie, und Graham strich seine Speisekarte glatt.
»Was ist denn hier zu empfehlen?«, fragte er. »Beim letzten Mal konnte ich leider nicht zum Essen bleiben. Ich musste unbedingt so ein Mädchen suchen …«
»Dann ist das hier also der zweite Versuch?«
»Nein.« Plötzlich war er ganz ernst. »Das hier ist definitiv das erste Mal.«
Ellie schaute in ihre Speisekarte, aber ihr Magen war ziemlich flau. Sie kannten einander erst seit ein paar Wochen, aber sie hatte das Gefühl, sie hatten sich schon so oft verabschiedet, dass sie ein weiteres Mal vielleicht nicht ertragen konnte.
Sie legte die Karte zur Seite. »Ich weiß, es ist schrecklich«, sagte sie, »aber eigentlich habe ich gar keinen Hunger.«
Zu ihrer
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