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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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behaupten konnte. Sie war weder schön noch hässlich, sondern einfach nur nichts sagend, ein blasses Gesicht mit ausdruckslosen Augen, das jeder sofort wieder vergaß. Aber Nastja litt nicht unter ihrer Unscheinbarkeit, denn sie wusste, dass elegante Kleidung und ein gekonntes Make-up sie in ein unwiderstehliches weibliches Wesen verwandeln konnten, und manchmal machte sie von dieser Möglichkeit Gebrauch. Aber normalerweise lief sie als unscheinbare graue Maus durch die Gegend und hatte nicht das geringste Bedürfnis, jemandem zu gefallen. Es war ihr einfach nicht wichtig.
    Zu zweit schafften Nastja und Tschernyschew eine Menge, aber das Ergebnis war gleich null. Sie traten auf der Stelle. Die Kollegen aus der Abteilung zur Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen hatten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Firma, bei der die Ermordete beschäftigt gewesen war, in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickelt war. Als Nastja Zweifel daran äußerte, dass es in der heutigen Zeit ein absolut sauberes Wirtschaftsunternehmen geben könne, bekam sie zur Antwort:
    »Natürlich haben die alle Dreck am Stecken, diese Firma mit Sicherheit auch, aber mit den Finanzen ist bei denen alles in Ordnung, wir haben es überprüft.«
    Es stellte sich heraus, dass Gordejew bereits bei den Kollegen angerufen und sich ebenfalls nach dem Geschäftsgebaren der Firma erkundigt hatte. Trotzdem beschloss Nastja, die Firma selbst aufzusuchen.
    Der Generaldirektor versuchte wider Erwarten nicht, einem Treffen mit der Kamenskaja auszuweichen, er war sofort einverstanden und zeigte sich bereit, auf alle ihre Fragen zu antworten.
    »Warum haben Sie so viel Nachsicht mit einer trunksüchtigen, undisziplinierten Sekretärin geübt?«, fragte Nastja.
    »Das habe ich bereits Ihrem Mitarbeiter gesagt«, erwiderte der Generaldirektor schulterzuckend. »Natürlich gereicht uns das nicht zur Ehre, aber es hätte keinen Sinn, hier etwas zu verheimlichen, zumal Vika selbst nichts mehr bestätigen oder widerrufen kann. Zu Vikas Aufgaben gehörte es, die eingehenden Anrufe entgegenzunehmen, Gäste zu empfangen, sie mit Tee, Kaffee und anderen Getränken zu bewirten, besonders unsere ausländischen Geschäftspartner. Verstehen Sie mich?«
    »Nein«, sagte Nastja trocken.
    »Seltsam. Gut, dann sage ich es ganz unverblümt. Manchmal muss man einem Geschäftspartner mit Alkohol und einer schönen Frau etwas nachhelfen, damit er weich wird. Warum sehen Sie mich so an? Hören Sie so etwas zum ersten Mal? Machen Sie mir nichts vor, Anastasija Pawlowna, Sie sind ja nicht erst seit gestern auf der Welt. Alle machen das so. Und Vika habe ich aus genau diesem Grund behalten. Sie war atemberaubend schön, eine Frau, die keinen einzigen Mann auf der Welt gleichgültig lässt, egal, welchen Geschmack er hat. Gelegentlich hat sie unsere ausländischen Geschäftspartner begleitet, wenn sie St. Petersburg sehen wollten oder irgendeinen anderen Ort ihrer Wahl. Vika hat sich nie quer gestellt und immer alle meine Bitten erfüllt, egal, um welchen Mann es sich handelte. Dafür habe ich ihr ihre Besäufnisse und Arbeitsausfälle verziehen. Trotz ihrer Trunksucht war sie im Übrigen immer zuverlässig. Sie werden es nicht glauben, aber wenn sie wusste, dass ich wichtige Besprechungen hatte und sie brauchen würde, dann war sie immer zur Stelle. Sie hat mich kein einziges Mal versetzt. Darum ist es völlig verständlich, dass ich ihr vieles nachgesehen habe.«
    »Mit anderen Worten, Sie haben sich die Jeremina als fest angestellte Prostituierte gehalten«, resümierte Nastja mit leiser Stimme.
    »Ja!«, brauste der Generaldirektor auf. »Wenn Ihnen diese Bezeichnung besser gefällt, dann nennen wir es so. Ist das etwa ein Verbrechen? Sie hat als Sekretärin gearbeitet und ein Gehalt dafür bezogen, und ganz nebenbei hat es ihr Spaß gemacht, mit den Männern zu schlafen, sie machte das freiwillig und, beachten Sie das bitte, kostenlos. Offiziell war sie unsere Sekretärin und nichts anderes. Und alles, was ich Ihnen sonst noch über sie erzählt habe, tut nichts zur Sache.«
    »Heißt das, Sie nehmen Ihre Worte wieder zurück?«, fragte Nastja nach.
    »Aber nein, natürlich nicht. Ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt. Ich möchte Ihnen helfen, Vikas Mörder zu finden, aber wenn Sie mir Moral predigen wollen, werde ich meine Aussage tatsächlich zurücknehmen, zumal ich sehe, dass Sie kein Gesprächsprotokoll führen. Wissen Sie, ich bin alt genug und bedarf Ihrer sittlichen

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