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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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mehr an. Hauptsache, man konnte das Kind retten.
    Aber Nastja wäre nicht Nastja gewesen, hätte sie ihren Gefühlen gestattet, ihr professionelles Interesse ganz zu verschlucken. Konnte man es nicht trotz allem so anstellen, dass das Verbrechen aufgeklärt wurde? War es nicht möglich, das Mädchen zu retten und gleichzeitig vielleicht wenigstens einen der Täter zu fassen?
    Die Lösung einer Frage zog die nächste nach sich. Gemeinsam mit Ljoscha hatte sie verschiedene Konzepte zum Aufbau eines konspirativen Kommunikationsnetzes erarbeitet. Am vielversprechendsten erschien ihnen das Konzept, in dem die Verbindungen über mehrere Mitarbeiter eines Telefonamtes liefen und einen zusätzlichen Mittelsmann, der in dem von diesem Amt betreuten Gebiet wohnte. Nastja hatte sich nur beiläufig mit diesen Konzepten beschäftigt, um die Zeit totzuschlagen, aber nun kam sie zu einem Schluss, der ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigte. Es wäre völlig sinnlos gewesen, so ein Verbindungsnetz aufzubauen, um nur einen einzigen Fall vor der Miliz zu vertuschen. Genauso gut hätte man jahrelang an einem kostbaren Gobelin weben können, um anschließend darin den Müll aus der Wohnung zu tragen. Insofern hatte Larzew sich nicht getäuscht, Nastja hatte es mit einem Mittelsmann zu tun, der im Fall Jeremina kein eigenes Interesse verfolgte, sondern die Interessen anderer vertrat.
    Wer war dieser Mittelsmann? Fistin, der Leiter des Waräger-Clubs, für den Djakow arbeitete? Das war durchaus möglich. Gradow kannte diesen Mann, er wohnte mit ihm in einem Haus, vielleicht hatte er sich in der Not an ihn gewandt. Aber wenn es doch nicht Fistin war, wer war es dann? Und welche Rolle spielte dann Fistin mit seinen Warägern bei der ganzen Sache?
    Nastja fragte sich beunruhigt, wie lange es ihr noch gelingen würde, den Anrufer hinzuhalten, wie lange sie ihn noch mit ihrer Forderung, Djakow zu finden, an der Nase herumführen konnte. Früher oder später würde er ihr auf die Schliche kommen. Darüber, was dann geschehen würde, wollte sie gar nicht nachdenken.
    Sascha Djakow wurde in dem Moment festgenommen, als er den Zug bestieg, mit dem er Moskau verlassen wollte. Die Kripobeamten, die die Verhaftung vornahmen, wussten zu dieser Zeit bereits, dass Sascha alle seine Bekannten über seine bevorstehende Abreise aus Moskau informiert und ihnen gesagt hatte, er würde erst nach drei bis vier Monaten zurückkommen. So verhielt sich keiner, der auf der Flucht war. Man musste davon ausgehen, dass jemand vorhatte, ihn zu beseitigen, aber erst sollte er die Stadt quasi aus eigenem Willen verlassen, damit niemand auf die Idee käme, ihn zu suchen. Die Beamten folgten ihm bis zum Zug, ließen ihn Abschied von seinen Verwandten nehmen, die ihn zum Bahnhof begleitet hatten, und eine Minute vor Abfahrt des Zuges holten sie ihn von seinem Platz und stiegen mit ihm zur anderen Seite des Bahnsteigs wieder aus.
    Als Gordejew sich bei Nastja am Telefon über den »Druck von oben« beschwert hatte, war ihr sofort klar gewesen, was er ihr auf diese verklausulierte Art sagen wollte. Auch er war auf den Gedanken gekommen, dass ein Mittelsmann im Spiel war, und er hatte den Versuch unternommen, einen Konflikt zwischen Gradow und diesem Mittelsmann zu inszenieren. Sie ihrerseits hatte versucht, den Mittelsmann mit Fistin zu konfrontieren, indem sie die erfolglose Suche nach Djakow initiierte. Solange sie Djakow suchten, konnte man davon ausgehen, dass Nadja in Sicherheit war. Sofern sie sie nicht schon gleich zu Anfang umgebracht hatten. Aber jeden Moment konnte die Wahrheit über Djakows Verhaftung ans Licht kommen, und dann würde der Mittelsmann begreifen, dass Nastja ihn verschaukelte. Es konnte nicht sein, dass sie von dieser Verhaftung nichts wusste, da sie zu einem Zeitpunkt stattgefunden hatte, als Nastja sich noch nicht in Isolation befand. Die einzige Hoffnung bestand jetzt darin, dass es Knüppelchen gelingen würde, Djakows Verhaftung geheim zu halten, obwohl Gott allein wusste, wie das möglich sein sollte, da die Informanten des Mittelsmannes sich offenbar in allen Ritzen und Fugen der Petrowka eingenistet hatten. Aber vielleicht ist alles gar nicht so schlimm, beschwichtigte sich Nastja, vielleicht übertreibt Larzew. Es gibt sie, zweifellos, aber vielleicht sind es gar nicht so viele. Im Moment jedenfalls suchten sie Djakow noch, und das machte Hoffnung. Zumindest blieb Nastja Zeit, sich Gedanken über einen neuen Trick zu machen, mit dem sie

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