Der Gewinner Geht Leer Aus
im voraus sehen konnte. Jedesmal, wenn ein Wagen auf der Landstraße vorbeikam, machte er ein Zeichen auf dem gelben Block, den er auf dem Klemmbrett befestigt hatte, und wenn jemand die Privatstraße benutzte, vermerkte er das mit ausführlicheren Zeichen.
Es fuhren hauptsächlich Pick-ups vorbei, die meisten mehrmals. Am ersten Tag erntete Parker ein paar neugierige Blicke, doch schon am zweiten war er nur noch ein Glückspilz mit einem gemütlichen Job und am dritten bereits Teil der Landschaft.
Ein paarmal verließ er seinen Posten, um einem der Wachleute, der von Marinos Anwesen gekommen war, zu folgen, bis er eine Vorstellung davon hatte, wohin sie fuhren, wie lange sie fortblieben und was sie dabei taten oder nicht taten. Er beschränkte sich dabei auf ein Minimum, denn er wollte vermeiden, zu oft in ihrem Gesichtsfeld aufzutauchen.
Wiss und Elkins hatten währenddessen in der Leihbücherei von Havre alte Ausgaben der Daily News studiert, in der Bezirksverwaltung Bauunterlagen eingesehen und sich in Schnellimbissen und Bars mit Einheimischen unterhalten und tauschten nun, beim Frühstück am Samstag morgen, die Ergebnisse ihrer Nachforschungen aus. »Das Wachpersonal ist von außerhalb«, sagte Wiss. »Keiner von denen stammt von hier.«
»Die Leute hier könnten verärgert sein«, sagte Elkins,»wenn sie ein bisschen darüber nachdenken würden. Aber die denken nicht viel nach.«
»Es sind acht«, sagte Parker. »Sechs Männer und zwei Frauen. Sie haben drei identische weiße Chevy Blazer mit Montana-Nummernschildern.«
»Geleast«, sagte Elkins.
»Sieht so aus«, sagte Parker. »Ihre Post geht an ein Postfach in Havre. Sie kriegen nichts geliefert, sondern fahren jeden Tag zum Einkaufen.«
»Wir kommen also nicht rein, indem wir so tun, als würden wir ihnen Lebensmittel bringen«, sagte Wiss.
»Und wir sind auch keine Kumpels aus dem Ort«, sagte Elkins. »Sie mischen sich nicht unters Volk, kein bisschen. Die meisten hier finden sie hochnäsig und denken, die halten sich für was Besseres, weil sie für einen Milliardär arbeiten.«
»Tja, das ist schlau ausgedacht«, sagte Parker. »Die Sicherheitslage ist besser, wenn das Wachpersonal unter sich bleibt.«
»Das heißt, sie haben ein gutes Konzept«, sagte Wiss.
»Was meinst du, Parker?« fragte Elkins.
»Es ist nie mehr als ein Wagen zur selben Zeit unterwegs«, sagte Parker. »Vermutlich, damit immer möglichst viel Wachpersonal vor Ort ist.«
»Spricht ebenfalls für ein gutes Konzept«, bemerkte Wiss.
»Ich bin einmal ein Stück auf dieser Privatstraße gefahren«, sagte Parker. »Nach ungefähr eineinhalb Kilometern führt sie in Kurven durch dichten Wald. Wir warten, bis einer wegfährt, legen uns hinter einer unübersichtlichen Kurve auf die Lauer und schnappen uns den Blazer, wenn der Typ zurückkehrt. Auf die Weise kommen wir wenigstens an das Haus heran, ohne dass sie Verdacht schöpfen. Abersobald sie sehen, dass wir ganz wer anders sind, drücken sie auf den Alarmknopf. Die Frage ist, was Lloyd von Massachusetts aus tun kann, damit der Alarm nicht weitergeleitet wird.«
»Wir werden ihn fragen«, sagte Elkins.
ACHT
An diesem Morgen rief Parker um kurz nach sieben – in New York war es neun Uhr morgens – Claire in ihrem Hotel an. Um diese Zeit war sie sicher noch in ihrem Zimmer, trank ihren Frühstückskaffee und legte Make-up auf.
So war es auch. »Ich bin froh, dass du anrufst«, sagte sie. Ihre Stimme klang angespannt.
»Ist was passiert?«
»Ich hab Louise angerufen«, sagte sie. Louise war die Frau, die das Haus am See jeden Donnerstag putzte. »Das war gestern. Ich wollte hören, ob alles in Ordnung ist. Sie hat gesagt, dass das Glas in der Tür, die zum See führt, eingeschlagen worden ist.«
»Aber im Haus war niemand?«
»Nicht, als sie da war – sie hat jedenfalls nichts bemerkt. Und wenn’s ein Einbrecher war, hat er nichts mitgenommen.«
Aber vielleicht etwas dagelassen, dachte Parker. Das war die interessantere Frage. Vielleicht hatte jemand etwas hinterlassen, das explodieren oder irgendwem signalisieren würde, dass jemand im Haus war. Er sagte: »Eigentlich hatte ich heute zurückkommen und mich mit dir treffen wollen. Ich dachte, wir könnten gemeinsam zu Abend essen.«
»Das fände ich gut.«
»Aber ich glaube, ich sollte zuerst nach dem Haus sehen. Ich rufe dich dann an.«
»Gut. Heute?«
»Nein. Ich werde den ganzen Tag in irgendwelchen Flugzeugen sitzen«, sagte er. »Also
Weitere Kostenlose Bücher