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Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
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ausgestattet sein. Bei dieser Tour würden wir noch nicht auf der Höhe von Lager II übernachten, sondern absteigen und erneut eine mehrtägige Pause einlegen. Unsere Kletterer konnten Kräfte sammeln, und wir konnten sie genau beobachten und ihre Kondition und Tauglichkeit mit ihnen erörtern.
    Wir hofften, daß unsere Leute nach dieser Ruhepause fit für eine dritte Tour sein würden, die uns erst zum Lager I führen würde, wo eine Übernachtung geplant war, anschließend weiter zum Lager II, wo wir zum ersten Mal über Nacht bleiben wollten. Am dritten Tag wollten wir uns eine Höhe von 6800 Meter vornehmen, jene Höhe, auf der wir schließlich in die Lhotse-Flanke einsteigen würden, wo auf 7300 Meter unser Lager III vorgesehen war. Noch am gleichen Tag wollten wir zum Lager II und weiter zum Basislager absteigen.
    Vor der vierten und letzten Akklimatisationstour waren drei Ruhetage angesetzt. Anschließend wollten wir versuchen, vom Basislager direkt Lager II zu erreichen. Nachdem wir die Nacht dort oben verbracht und das ›samochuvstie‹ der Teilnehmer abgeschätzt hätten, würden wir weiter zum Lager III aufsteigen und dort übernachten. Für den nächsten Tag war geplant, vor dem Abstieg ein paar hundert Meter höher zu klettern. Diese Tour war für alle Teilnehmer verpflichtend, da wir dabei den höchsten Punkt vor unserem Gipfelsturm erreichen würden. Es war unbedingt erforderlich, daß sich alle vor dem Gipfelvorstoß an diese Höhen gewöhnten. 18
    Boukreev nahm diese Akklimatisierungstouren sehr ernst, da er überzeugt war, daß von der exakten Einhaltung der geplanten Abläufe sehr viel abhing. Er wußte, daß Fischer ihn seiner Erfahrung wegen angeheuert hatte und damit rechnete, daß er sich für die Sicherheit schwächerer Teilnehmer mitverantwortlich fühlte. Boukreev äußerte sich in einem Gespräch mit Fischer über die Erfolgschancen der Expedition.
     
    Ich sagte, daß unsere Kunden Erfolgschancen hätten, wenn sie Sauerstoff zu Hilfe nähmen und wenn sämtliche günstigen Voraussetzungen zusammenträfen. Doch hinge alles davon ab, daß wir uns an unseren Akklimatisationsplan hielten und unserer Gruppe ausreichende Ruhepausen gönnten. Mangelndes Training und fehlende Erfahrung kann man zwar nicht wettmachen, man verbessert aber die Chancen der Teilnehmer um ein Vielfaches, wenn man sich an das Programm hält.
    Unsere Aufgabe ist es, unseren Leuten die nötige Akklimatisation mit einer Mindestzahl von Übernachtungen in Höhenlagern zu verschaffen. Aus Erfahrung weiß ich, daß ein längerer Aufenthalt in großer Höhe sehr kräfteraubend ist und kurze Ruheintervalle im Basislager zur Regeneration nicht ausreichen. Es kommt auch vor, daß man sich falsch einschätzt, wenn man beim Aufstieg keine Probleme hat und sich relativ gut fühlt. Beim Gipfelgang fehlt es einem dann plötzlich an der Kraft für den letzten Vorstoß. Ich vertrat daher die Meinung, daß wir nach unserem Ausflug auf 7300 Meter absteigen und mindestens eine einwöchige Pause auf einer Höhe unterhalb des Basislagers einlegen sollten, irgendwo in der Waldzone um 3800 Meter. Dort war die Luft sauerstoffreicher, und die Freizeitgestaltung fern der Basislagerroutine würde zur Entspannung beitragen und sich auf unsere Gruppe psychologisch günstig auswirken.
     
    Fischer billigte den Akklimationsplan, war aber mit Boukreevs Vorschlag eines Abstiegs unter das Basislagerniveau samt folgender Ruhepause vor dem Gipfelvorstoß nicht einverstanden. Boukreev wußte nicht recht, warum er dagegen war.

8. Kapitel Über den Khumbu-Eisbruch zum Lager II
     
    Am 11. April kroch die Mountain-Madness-Gruppe vor Tagesanbruch aus ihren Zelten und begann mit den Vorbereitungen für die Erkundung des Khumbu-Eisbruchs. Boukreev erinnerte sich, daß der Tag, den Fischer für diese erste durchgehende Tour gewählt hatte, von verheißungsvoller Klarheit war, ideal für einen Gipfelaufstieg, da das Wetter schon tagelang stabil und der Wind nur mäßig war.
    Wie die Bedingungen auf dem Berg sein würden, wenn Fischers Gruppe sich endlich akklimatisiert hatte, war ungewiß. Das Wetter in den Himalaja-Bergen läßt sich ebensowenig vorhersagen wie das Verhalten der Menschen, die sie besteigen. Es war möglich, daß der Everest bereit sein würde, wenn seine Bezwinger es nicht waren. Trat dieser Fall ein, war der finanzielle Einsatz verloren. Alle würden den Heimflug ohne den Gipfel antreten müssen.
    Der Großteil der Teilnehmer hatte auf den

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