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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Fernrohre, um die Ebene vorher noch einmal abzusuchen.
    Wir hielten grad auf einer der zahlreichen wellenförmigen Erhebungen, welche sich in jenem Theile der Prairie wie die Wogen eines erstarrten Meeres an einander legen, und es war mir deßhalb ein ziemlich freier Ausblick gestattet.
    Kaum hatte ich das Glas am Auge, so fiel mir eine lange, grade Linie auf, welche sich von Osten her längs des nördlichen Horizontes bis zum entferntesten westlichen Punkte hinzog. Voll Freuden gab ich Winnetou das Rohr und zeigte ihm die Richtung an, in welche er es zu führen hatte. Nachdem er einige Zeit hindurchgesehen, zog er es mit einem neugierigen »Uff« wieder ab und blickte mich mit fragendem Ausdrucke an.
    »Weiß mein Bruder, was für ein Pfad das ist? Es ist nicht der Weg des Buffalo, auch hat ihn nicht der Fuß des rothen Mannes ausgetreten.«
    »Ich weiß es. Kein Büffel kann die Strecke laufen, welche dieser Pfad durchführt, und kein Indsman (Indianer) vermag, ihn durch die Prairie zu ziehen. Es ist der Pfad des Feuerrosses, welches mein Bruder heut’ noch sehen wird.«
    Rasch hob er das Rohr wieder empor und betrachtete mit regem Interesse den durch die Linsen nahegerückten Schienenstrang. Plötzlich aber sah ich einen Zug der Ueberraschung über sein ausgewettertes Gesicht gehen, und im nächsten Augenblicke war er abgesessen und zog sein Pferd raschen Laufes hinunter in das Wellenthal.
    Natürlich mußte dieses Beginnen einen sehr triftigen Grund haben, und ich ahmte deßhalb sein Verhalten ohne Verzug nach.
    »Da drüben am Pfade des Feuerrosses liegen die rothen Männer,« rief er. »Sie stecken hinter dem Rücken der Erhebung; aber ich sah eins ihrer Pferde!«
    Er hatte wohlgethan, unsern erhöhten Standpunkt sofort zu verlassen, da wir auf demselben leicht bemerkt werden konnten. Zwar war die Entfernung selbst für das scharfe Gesicht eines Indianers eine sehr bedeutende; aber ich hatte während meiner Streifereien mehrere Male in den Händen dieser Leute Fernrohre gesehen. Die Cultur schreitet eben unaufhaltsam vorwärts, und indem sie den Wilden immer weiter zurückdrängt, bietet sie ihm doch die Mittel, sich bis zum letzten Manne gegen ihre Gewalt zu vertheidigen.
    »Was sagt mein Freund zu der Absicht dieser Leute?« fragte ich.
    Er schwieg. Augenscheinlich fiel es ihm schwer, sich ihr Verhalten zu erklären. Sie befanden sich auf dem Kriegspfade und hatten doch keine Wache aufgestellt. Sie mußten also wissen, daß in ziemlichem Umkreise kein Feind vorhanden sei, und da sie bei ihrer jedenfalls nicht bedeutenden Anzahl einen weiten Zug nicht vorhaben konnten, so wußte er mir keine Antwort zu geben. Mir hingegen schien ihr Vorhaben unschwer zu errathen, und, das Rohr aus seiner Hand nehmend, forderte ich ihn auf, mich hier zu erwarten und schlich mich vorsichtig vorwärts.
    Obgleich ich fast überzeugt sein konnte, daß sie von unsrer Nähe keine Ahnung hatten, suchte ich so viel wie möglich Deckung zu behalten und gelangte dadurch so weit an sie heran, daß ich, am Boden liegend, sie zählen und beobachten konnte.
    Es waren ihrer drei und sechszig, sämmtlich mit den Kriegsfarben bemalt und sowohl mit Pfeilen als auch mit Feuerwaffen bewehrt. Die Zahl der angepflöckten Pferde war bedeutend höher, und dieser Umstand bekräftigte meine Ansicht. –
    Da hörte ich einen leisen Athemzug hinter mir. Rasch das Messer ziehend, drehte ich mich um. Es war Winnetou, den es nicht bei den Pferden gelitten hatte.
    »Uff!« klang es von seinen Lippen. »Mein Bruder ist sehr kühn, soweit voranzugehen. Es sind Ogellalla’s, der kühnste Stamm der Sioux, und dort liegt Parranoh, der weiße Häuptling.«
    Erstaunt sah ich ihn an.
    »Der weiße Häuptling?«
    »Hat mein Freund noch Nichts gehört von Parranoh, dem grausamen Häuptling der Athabaskah? Niemand weiß, wo er hergekommen; aber er ist ein gewaltiger Krieger und im Rathe des Stammes unter die rothen Männer aufgenommen worden. Als die grauen Häupter alle zu Manitou, dem großen Geiste gegangen, hat er das Calummet erhalten und viele Scalps gesammelt. Dann ist er aber von dem bösen Geiste verblendet worden, hat seine Krieger für Niggers gehalten und fliehen müssen. Jetzt wohnt er im Rathe der Ogellalla’s und wird sie zu großen Thaten führen.«
    »Kennt mein Bruder sein Angesicht?«
    »Winnetou hat seinen Tomahawk mit ihm gemessen; aber der Weiße ist voller Tücke; er kämpft nicht ehrlich.«
    »Er ist ein Verräther; ich sehe es. Er will das

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